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Das Gräflich Adelmannsche Archiv Hohenstadt wurde im Staatsarchiv Ludwigsburg erschlossen

Der Mann war ein Prozesshansel. Und das war gut so: Dass Joseph Anselm von Adelmann im 18. Jahrhundert gegen so viele Zeitgenossen vor Gericht zog, schenkt den Menschen heute lebendige Eindrücke einer anderen Zeit, einer anderen Welt. Die Reise beginnt im Staatsarchiv Ludwigsburg.

Montag, 30. August 2010
Rems-Zeitung, Redaktion
2 Minuten 38 Sekunden Lesedauer

ABTSGMÜND-​HOHENSTADT (bt/​sal). Das Gräflich Adelmannsche Archiv Hohenstadt zählt zu den bedeutendsten Adelsarchiven im Ostalbkreis, wie jetzt das Staatsarchiv Ludwigsburg aus aktuellem Anlass bekannt gibt. Dieses Privatarchiv wurde 1993 in einem weitgehend desolaten Ordnungszustand im Staatsarchiv Ludwigsburg hinterlegt, war seither aber nur teilweise benutzbar, da Findbücher für die umfangreiche Akten– und Amtsbuchüberlieferung fehlten. Im Rahmen eines von der Stiftung Kulturgut Baden-​Württemberg finanzierten Projekts konnte nunmehr dieser zentrale Teil des Archivs verzeichnet werden, so dass jetzt für das gesamte Schlossarchiv modernen Standards entsprechende Online-​Findbücher zur Verfügung stehen.
Neben den typischen Unterlagen einer adeligen Grundherrschaft enthält das bis ins frühe 16. Jahrhundert zurückreichende Archiv mit der umfangreichen schriftlichen Hinterlassenschaft des Grafen Joseph Anselm von Adelmann (1728 – 1805) auch Schriftgut, das für die sozial– und kulturgeschichtliche Forschungen weit über die Region hinaus von Interesse ist. Joseph Anselm war am kaiserlichen Hof und dem des Trierer Kurfürsten tätig, hatte maßgeblichen Einfluss im Ritterkanton Kocher und der Fürstpropstei Ellwangen und stand in Briefkontakt zu zahlreichen Persönlichkeiten im Reich. Seine Streitlust führte zu zahllosen Prozessen, die gerade wegen der ihnen zugrunde liegenden wenig bedeutsamen, weitgehend alltäglichen Anlässe einen gleichermaßen lehrreichen und lebhaften Einblick in die Lebenswelt des Adels in der Endphase des Alten Reichs gewähren.
Ein traditionsreiches Haus,
das viel zu erzählen weiß
Weithin bekannt wurde Schloss Hohenstadt als Drehort für den Kinofilm „Der Rote Baron“; doch an Geschichte Interessierten im Gmünder Raum ist die Bedeutung dieses Hauses von alters her bekannt. Die Gegend war im hohen Mittelalter Teil des staufischen Kerngebietes um den Hohenstaufen und Schwäbisch Gmünd, besiedelt von deren Gefolgsleuten; wahrscheinlich war auch Hummstadt, wie Hohenstadt einst hieß, Eigentum der Stauferkaiser. Die ersten bekannten urkundlichen Erwähnungen finden sich in den Jahren 1235 und 1236. Nach dem Niedergang der Staufer übernahmen die Grafen von Öttingen. Die ersten Herren von Hohenstadt bauten zuerst wohl nur ein einfaches Steinhaus auf dem steilen Felsabhang und erweiterten dieses nach und nach zur „Burg und Veste Hochstatt“ (hohe Stätte) mit fünf Türmen und einem Burggraben.
Im Jahr 1407 kaufte Conz Adelmann von Adelmannsfelden zusammen mit seinem Sohn Hans Veste und Dorf mit allen Rechten, Pflichten und natürlich den Gütern. Nachdem „Hochstatt“ aufgrund von Tod und Verkauf zeitweilig aus der Familie verloren gegangen war, kehrte es erst 1530 wieder zur Adelmännischen Herrschaft zurück. Bis heute befindet sich das Schloss im Familienbesitz der Grafen Adelmann. Bis zum Ende des alten Reiches 1806 zählte es zum reichsunmittelbaren Bereich der schwäbischen Ritterschaft, war also allein dem Kaiser untergeben. 1579/​80 wurde Hohenstadt evangelisch. In eben dieser Zeit baute Wolf Kaspar Adelmann die mittelalterliche Burg mit Wassergraben und vier Türmen zum Schloss um. 1636 erfolgte unter Wilhelm Christoph von Adelmann die Rückkehr Hohenstadts zum katholischen Glauben – vor allem aufgrund des Einflusses seiner tiefreligiösen Gattin Maria Magdalena, geb. Freiin von Rechberg, der Hohenstadt auch das Gnadenbild des heiligen Patrizius und damit die Wallfahrt verdankt – der Überlieferung nach musste sie die schwere Figur persönlich bis zur Hohenstadter Markungsgrenze tragen.
1707 wurde die Kirche fertiggestellt; die Kirchenbaurechnungen sind ebenso vollständig erhalten wie die Baupläne. Die Bedeutung Hohenstadts wuchs und wuchs. Eben jener streitlustige Graf Josef Anselm schenkte seinem Haus ein Herzstück: Er ließ ab 1756 den seit dem 16. Jahrhundert bestehenden Heckengarten im französischen Stil neu anlegen und zudem eine Orangerie – also ein Lusthaus – bauen. Der Mann wusste nicht nur zu streiten, sondern auch zu leben. Um 1770 erhielt das Schloss durch eine umfassende Barockisierung seine endgültige Form; Josef Anselm veranlasste umfangreiche Arbeiten, schuf unter anderem ein neues Treppenhaus mit bedeutenden Deckengemälden und einen großen Rittersaal. Auch davon finden sich im Archiv jede Menge Zeugnisse.

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