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Im Jubiläumsjahr 75 Jahre Gaildorfer Pferdemarkt ist Hagen Nowottny letztmals Organisator

Nicht zuletzt der Eschacher Tierarzt Dr. Hagen Nowottny hat den Gaildorfer Pferdemarkt zu dem gemacht, was er heute ist – den Pferden und den Pferdeleuten der Region zuliebe.

Donnerstag, 10. Februar 2011
Rems-Zeitung, Redaktion
3 Minuten Lesedauer

ESCHACH /​ALFDORF (bt). Nowottny, der viele Jahre lang dem Pferdezuchtverein Schwäbischer Wald vorstand, ist heuer in Gaildorf zum 46. und letzten Mal maßgeblich an der Organisation beteiligt. Als vor Jahren nach einem Pferdemarkt fünf Tiere einer Virusinfektion zum Opfer fielen, wurden Händlerpferde nicht länger zugelassen. Aber ein Pferdenmarkt ohne Pferdehandel? Damals sprang der Pferdezuchtverein in die Bresche. Und es war Hagen Nowottny, der begann, Verkaufsschauen für Züchterpferde zu organisieren und durch Hengstpräsentationen und publikumswirksame Vorführungen attraktiv zu machen; die Pferdefreunde kamen alsbald wieder in Scharen nach Gaildorf. Er war es auch, der an die Bedeutung der Arbeit mit Pferden erinnerte, der Vorträge und Ausstellungen auf den Weg brachte. Dem Pferdemarkt blieb die Anziehungskraft erhalten.
Von Dachsfellen
und Fuhrmannshut
Der Eschacher, dessen Liebe zum Pferd sein ganzes Leben geprägt hat, hat dieser Traditionsveranstaltung in vieler Hinsicht ihr Gesicht gegeben. Er hat den Fuhrmannshut für die Besten der Besten gestiftet, der eine Art Erkennungszeichen geworden ist: Wer diesen Hut trägt, kann etwas. Immer wieder neben den Fahrern zu sehen ist auch das aufgespannte „Dachsfell“, und Hagen Nowottny freut sich daran: „Früher hat das zur ländlichen Fahrweise gehört, die Fuhrleute bewahrten ihr Vesper darunter auf, und es hieß, dieser Brauch halte Unglück von den Pferden fern.“ Nowottny ist nicht abergläubisch. Aber wenn sich die Fuhrleute mit ihren zum Teil ungeheuer aufwändig geschmückten Gespannen nicht auf bunte Bänder und Schmuckringe am Festtagsgeschirr beschränken, auf bedeutungslosen Tand, sondern die Tradition ehren, gibt das Zusatzpunkte.
Der Gmünder Raum wird
wieder stark vertreten sein
Knapp 200 Rösser lassen in den nächsten Tagen in Gaildorf die Herzen der Pferdefreunde höher schlagen – und nicht wenige werden mit goldenen Schleifen und Ehrenpreisen in den Gmünder Raum zurückkehren.
Einige Pferdefamilien sind bei dieser Gelegenheit seit Jahren, gar Jahrzehnten nicht mehr wegzudenken. Die Alt-​Württemberger der Köngeters aus Alfdorf-​Brech etwa, denen das ursprüngliche Zuchtziel Marbachs anzusehen ist — schwere Arbeitspferde sollten auch als Reitpferd geeignet sein, sprich als „Herrenpferd“ repräsentieren können, und so wurden zunächst Araberhengste mit einheimischen Stuten gekreuzt. Oder die großrahmigen, oft rotmähnigen Kaltblut-​Schönheiten der Familie Ebert: Dolli war die Großmutter. Mit ihr wurde die Zucht begründet. Dolli war eine hervorragende Vererberin, wie ihre Töchter nach ihr: Und so präsentieren die Eberts Kaltblutstuten wie aus einem Guss, vor allem aber ideale Anwärterinnen auf den Titel der Siegerstute. Stolz können auch die Müllers aus Alfdorf sein — grundsätzlich haben die Kaltblüter im vom Pferdezuchtverein Schwäbischer Wald betreuten Gebiet in den vergangenen Jahrzehnten eine erstaunliche Entwicklung erfahren.
Auch bei den den Warmblutstuten gibt es bemerkenswerte Schönheiten. Die Vierjährige etwa, die auch schon mal den Landesoberstallmeister von ihren Bewegungen schwärmen lässt — sie trabe nicht, sie tanze. Oder die 14jährige Stute, die sich im Sport, vor allem aber als ausgezeichnete Vererberin bewährt hat.
Höhepunkt des Fuhrmannstages am Samstag ist für viele das Holzrücken — unter den Zuschauern finden sich alle Jahre wieder ältere Forstbauern, die einst selbst mit Pferden im Wald arbeiteten und vielleicht mehr als alle anderen zu schätzen wissen, wenn riesige Stämme mit Zweispännern fast auf den Zentimeter genau um Hindernisse gezogen werden — Dank Zügelhilfe und Stimme, vor allem aber, weil Mensch und Tier in jahrelanger Geduldsarbeit gelernt haben, aufeinander zu reagieren. Dieses Wissen, dieses Können, so Nowottny, darf nicht verloren gehen. Dem Fuhrmannstag kommt durch die Zusammenarbeit erfahrener Forst– und Pferdeleuten längst überregionale Bedeutung zu: Heuer wird der baden-​württembergische Meister im Holzrücken 2010 erwartet, Roland Fritz aus Kaisersbach, außerdem der amtierende Europameister im Holzrücken Anton Laux sowie der Landesmeister im Pflügen Bern Lieb. Dutzende Gespanne treten am Nachmittag zur Gespannprämierung an – Einspänner sind nicht zugelassen, aber vom Zwei– bis zum Sechsspänner ist immer alles vertreten. Praktisch alle bekannten Fuhrleute der Region melden sich an, unter anderem mit der Schweizer Postkutsche, die fünfspännig fährt, deren Kutscher auf 2,50 Meter Höhe thront, und die gestandene Männer schwärmt lässt wie Schulbuben.
Über Vortragsveranstaltungen und Kurse erfahren Pferdehalter in den kommenden Tagen zudem mehr über Pflege, Ernährung und verhaltensgerechte Unterbringung von Pferden, über Ziele, Mittel und Methoden der Ausbildung — denn in erster Linie geht’s beim Pferdemarkt um die Tiere. Hagen Nowottny spricht von tiefer Ehrfurcht vor dem Leben. Vom Bewusstsein dafür, „dass die von uns betreuten Tiere eine eigene Würde besitzen, die es zu achten gilt“. Wer ein Tier achte, könne es nicht auf seinen Nutzwert reduzieren. Mit gutem Grund war und ist es für Nowottny ein Muss, während des Pferdemarkts Schulkinder zu betreuen — in den kommenden Tagen werden 20 Schulklassen erwartet; für die Jüngsten unter den Pferdefreunden wird zudem ein Malwettbewerb organisiert. Auch wenn sich Nowottny aus der Organisation zurückzieht: Als Richter und als Lehrer wird er sich weiterhin einbringen.

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