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Viele Gemeinden in Gmünd und Umgebung investieren viel Geld, um Jugendräume am Leben zu halten

Gut funktionierende Jugendräume gibt es hierzulande wenige. Denn obwohl es den Gemeinden und Städten am Herzen liegt, solch eine Einrichtung für die jüngere Generation zu schaffen und auch viel Geld in solche Vorhaben investiert wird – meist läuft es nicht so wie gewünscht. In etlichen Gemeinden wird darüber nachgedacht, Sozialarbeiter mit ins Boot zu nehmen. Von Nicole Beuther

Freitag, 11. Februar 2011
Rems-Zeitung, Redaktion
4 Minuten Lesedauer

OSTALBKREIS. Nicht nur die Renovierungsarbeiten verschlingen viel Geld, auch der Versuch, Jugendräume mit ausgebildeten Jugendleitern am Leben zu halten, ist teuer. Und nicht immer erfolgversprechend. Auch die Gemeinde Durlangen sah sich mit diesem Problem konfrontiert. Hier hat man versucht, junge Erwachsene, die einst selbst den Jugendraum besucht haben, zu Jugendleitern auszubilden. Eine Idee, die gut ankam und zunächst auch zu dem gewünschten Effekt beitrug. Das Problem war jedoch, dass die Betreuer nach einer bestimmten Zeit, teils bedingt durch ein Studium, an einen anderen Ort zogen bzw. nicht mehr soviel Zeit für diese teils kräftezehrende Aufgabe hatten. Dies führte dazu, dass es einige Zeit einen nicht betreuten Jugendraum gab – doch Sachbeschädigungen und das Nichteinhalten von Regeln (Alkoholverbot etc.) führten letztlich zur Schließung des Jugendraumes.
Voller Euphorie und mit tatkräftiger Unterstützung der Jugendlichen wurde im Jahr 2007 auch der Leinzeller Jugendraum renoviert. Bürgermeister Leischner spricht von einer guten Aktion und einer tollen Zusammenarbeit mit dem damaligen Jugendausschuss. Doch die Euphorie hielt nicht lange an. Am 31. Dezember 2007 fand die feierliche Eröffnung des Jugendraumes statt – eine Feier, die etwas aus dem Rahmen fiel. Denn schon am 1. Januar 2008 wurde der Jugendraum wieder geschlossen. Seither, so erklärt Leischner, habe es von Seiten der Jugendlichen keine Anfragen hinsichtlich einer erneuten Eröffnung gegeben. Auch in Mutlangen ist es nicht absehbar, dass der Jugendraum in nächster Zeit wieder geöffnet wird. Seit Mai 2009 gehört die Einrichtung der Vergangenheit an. Sieben Jahre lang hat es den Jugendraum gegeben; Differenzen zwischen den beauftragten Sozialarbeitern und den Jugendlichen führten schließlich zur Schließung der Einrichtung.
Ähnlich sieht es in Mögglingen aus, wo die Gemeinde ebenfalls Betreuer von außerhalb engagiert hatte. Auch hier gab es Differenzen; der Jugendraum wurde geschlossen. An einer erneuten Eröffnung zeigen die Jugendlichen wenig Interesse. In das ehemalige Jugendraum-​Büro ist zwischenzeitlich das Flurbereinigungsamt eingezogen; die anderen Räume können von Vereinen gemietet werden.
Gute Nachrichten hingegen aus Alfdorf-​Pfahlbronn, wo es seit 2009 einen Jugendraum gibt. Betrieben wird er von der dortigen Jugendinitiative, einer Gruppe von älteren Jugendlichen. Einer von ihnen ist Ingo Maihöfer, der sich über das Gelingen des Jugendraum-​Konzeptes erfreut zeigt. Durch striktes Vorgehen, wozu auch das Hausverbot bei Nichteinhalten von bestimmten Regeln gehört, gibt es hier nur wenige Probleme. Finanziert wird das ganze durch Einnahmen, beispielsweise bei Konzerten. Außerdem gibt es Spenden, u. a. von den Bürgerstiftungen Alfdorf und Welzheimer Wald sowie dem Kreisjugendring Rems-​Murr.
Richtig viel Geld hat die Gemeinde Böbingen in den Jugendraum investiert. 20 000 Euro wurden 2009 für die Renovierung zur Verfügung gestellt. Es war gleichzeitig der Beginn einer neuen Ära – nachdem in den vergangenen Jahren viele der Jugendraum-​Besucher über 20 Jahre alt waren, wollte man auch wieder die unter 20-​Jährigen für den Jugendraum begeistern. Im Mai 2009 gab es ein Jugendforum, an dem 46 Jugendliche teilnahmen. Hier und auch bei der Renovierung wenige Wochen später waren sie mit großem Engagement bei der Sache.
Vor einem Jahr fand die feierliche Eröffnung des Bäbo statt. Bürgermeister Jürgen Stempfle zeigt sich zufrieden. Solange kein Alkohol getrunken werde, gebe es auch keine Probleme, erklärt er. Ein Jugendrat, der einmal im Jahr gewählt wird, hat die Pflicht, Vorkommnisse zu melden.
Die Selbstverwaltung des Jugendraumes durch die jungen Leute liegt dem Böbinger Gemeinderat nach wie vor am Herzen. Der Vorschlag der SPD/​UB-​Fraktion, im aktuellen Haushalt Geld für einen Sozialarbeiter einzustellen, wurde mehrheitlich abgelehnt. Nicht des Geldes wegen, sondern vielmehr, weil man stolz ist, seit Jahren einen selbstverwalteten Jugendraum zu haben – nächstes Jahr dürfen die Böbinger das 30-​jährige Bestehen ihres Bäbo feiern.
In Heubach konzentriert man sich immer mehr auf die offene Jugendarbeit, die von der Stadtjugendpflege durchgeführt wird. Während Kinder im Alter von sechs bis 14 Jahren zweimal in der Woche die Möglichkeit haben, den Teenietreff zu besuchen, hat sich der Jugendraum sozusagen in Luft aufgelöst. Jugendliche hätten andere Interessen, erklärte Stadtjugendpflege-​Mitarbeiterin Melanie Oertel im Rahmen der jüngsten Sitzung des Heubacher Ausschusses für Verwaltungsangelegenheiten, Soziales und Kultur. Ein anderer Grund ist, dass im Jugendraum Alkoholverbot herrscht. Dies sei aber nicht der Hauptpunkt, so Oertel. Durch die offene Jugendarbeit möchte man weiterhin in Kontakt mit den Jugendlichen bleiben. Je nach Bedarf, Witterung und Vorkommnissen sind die Stadtjugendpflege-​Mitarbeiter in Heubach unterwegs, um mit den Jugendlichen in Kontakt zu treten und um Konflikten vorzubeugen. Manchmal wird auch die Polizei hinzugezogen, so Oertel. So hätten sich beispielsweise vor dem Edeka Donderer vor einiger Zeit rund 50 bis 60 Jugendliche versammelt; die Stimmung drohte zu kippen und allein mit Gesprächen konnte nichts bewirkt werden. Auch Alkohol war im Spiel.
Die offene Jugendarbeit hilft, auch den Heranwachsenden eine aktive Freizeitgestaltung zu ermöglichen. Auch der Fun-​Park in der Mögglinger Straße ist Teil davon; hier findet jährlich ein Skater-​Wettbewerb statt. Gut an kam auch die Aktion Kilo, bei der Kinder und Jugendliche eine Sammelaktion für die Heubacher Tafel veranstaltet haben. Auch durch Kunst soll einiges bewirkt werden. Leinwand-​Bilder im Jugendhaus Übelmesser und eine künstlerisch gestaltete Wand an der Moschee sollen beispielsweise dazu beitragen, dass sich die Jugendlichen wiedererkennen in ihrer Stadt.
Dennoch äußern einige Jugendliche immer wieder den Wunsch, Räumlichkeiten für Veranstaltungen zu haben. Auch Klaus Maier wurde diesbezüglich schon einige Male von den jungen Bürgern angesprochen. Und er hat auch schon eine Idee. Steht die alte Stadthalle leer, könnte dort in Zukunft die eine oder andere Veranstaltung für Jugendliche stattfinden, so die Überlegung des Bürgermeisters.
Selbstständigkeit herstellen,
„aber mit Begleitung“
Insgesamt gibt es im Ostalbkreis kaum Städte und Gemeinden, die nicht den Versuch starten, Jugendliche aktiv bei der Freizeitgestaltung zu unterstützen. Etwas, was Barbara Herzer freut. Es sei Aufgabe der Kommunen, nach den Jugendlichen zu schauen, so die Stadtteilkoordinatorin in den Gmünder Stadtteilen Straßdorf und Rechberg. „Man muss Freiraum für die Jugendlichen schaffen, damit sie sich ausprobieren können“, so Herzer. In der Schule und auch in den Vereinen sei das nicht immer einfach. Im Jugendraum biete sich die Möglichkeit, selber etwas auf die Beine zu stellen.
Das sei deshalb wichtig, weil viele Jugendliche nie gelernt hätten, in Eigeninitiative etwas zu bewirken. So hat Herzer bei gemeinsamen Kochaktionen die Erfahrung gemacht, dass einige Jugendliche nicht wissen, welche Zutaten eingekauft werden müssen.
Man müsse eine Selbstständigkeit herstellen, „aber mit Begleitung“. Eine wichtige Einrichtung sei der Jugendtreff auch deshalb, weil er für einige eine Art Schutzraum darstelle. Hier könnten die Jugendlichen über Problem in der Schule und im privaten Bereich sprechen. Viele wollten aber auch einfach einen Raum, wo sie gar nichts machen müssen.
Das Thema Alkohol sei bei den Jugendlichen prinzipiell ein Problem, so Herzer. Durch das Jugendschutzgesetz gebe es in vielen Jugendräumen kaum Alkohol. Sie selbst habe mit den Jugendlichen zusammen eine Hausordnung erarbeitet, berichtet die Stadtteilkoordinatorin von ihrer Arbeit. Darin sei klar festgelegt: „Es gibt keinen Alkohol.“ Teamer aus dem Kreis der Jugendlichen achten darauf, dass diese Regeln befolgt werden. Ein Konzept, das aufzugehen scheint.

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