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Nachrichten Schwäbisch Gmünd

Drei Fälle von Drogenkriminalität wurden in Schwäbisch Gmünd vor dem Schöffengericht verhandelt

Viel Arbeit gab es gestern für das Schöffengericht in Gmünd, das unter Vorsitz von Amtsgerichtsdirektor Klaus Mayerhöffer tagte. Wieder einmal ging es in drei Fällen um Drogen, wobei der erste besonders schwerwiegend war, ging es doch dabei um den Verkauf von Cannabis an Minderjährige.

Freitag, 18. Februar 2011
Rems-Zeitung, Redaktion
4 Minuten Lesedauer

SCHWÄBISCH GMÜND (kos). Im ersten Fall hatte Staatsanwalt Burger einem sich noch in Ausbildung befindenden Mann aus Spraitbach neun Fallen vorgeworfen, in denen es um die Abgabe von Drogen an vorwiegend Minderjährige handelte. Eine Vielzahl von Käufern kam, um sich mit Stoff zu versorgen, bis in das vergangene Jahr im Monat August sogar aus weiterer Entfernung, zum Beispiel aus Ellwangen, angereist. Da wunderte es nicht, als der Staatsanwalt dafür eine Freiheitsstrafe von 30 Monaten ohne Bewährung als Sühne beantragte. Das Gericht reduzierte zwar das Strafmaß auf zwei Jahre und sprach auch eine Bewährung aus, trotzdem kam es noch dick für den Angeklagten. Er muss 10000 Euro Wertersatz zahlen (das entspricht in etwa dem angenommenen Erlös, den er erzielte) und dazuhin auch noch 180 Arbeitsstunden in einer sozialen Einrichtung ableisten.
Tiefe Einblicke in das kaputte Leben eines seit Jahren Drogenabhängigen lieferte der nächste Fall. In ihm wurde gegen einen 39 Jahre alten Rentner (!) verhandelt, der eine Drogenkarriere bereits hinter sich hat, aus der wohl kaum noch der Weg zurück führen wird.
Bei einer Wohnungsdurchsuchung, so Staatsanwalt Burger, wurden bei dem Mann in einer völlig vermüllten Wohnung Cannabispflanzen entdeckt, die zum Teil bereits zum Trocknen aufgehängt waren und einen hohen THC-​Gehalt aufwiesen. So stellten die 500 Konsumeinheiten auch keine geringe Menge mehr dar. Der Angeklagte wollte aussagen. „Es stimmt, was der Staatsanwalt gesagt hat.“ Warum er schon Rentner sei, wollte Amtsgerichtsdirektor Mayerhöffer wissen. Er leide an einer psychischen Erkrankung und unter Suchtmittelmissbrauch. Heraus kam, dass er laut einem medizinischen Gutachtens ebenfalls an einer Hepatitis leidet und eine Entwöhnung nicht erfolgversprechend sei. So kam es zur Erwerbsunfähigkeitsrente. Trotz einer Substituierung ist er nach wie vor suchtabhängig. Der Richter wollte jedoch auch wissen, warum er sich trotz der Behandlung in seiner Wohnung als Gärtner betätigte. In der völlig vermüllten Wohnung war die Polizei auf ein Zimmer gestoßen, in dem auf dem gesamten mit Erde gefüllten Boden Marihuana in Richtung Decke wuchsen. Damit habe er sich angesichts seiner trostlosen Lage ein anderes Umfeld schaffen wollen, weil es in seiner Wohnung immer kalt sei.
Wie es mit ihm weitergehen solle, wollte Staatsanwalt Burger wissen. Er hoffe, dass er mit vierzig gescheit werde, eine Sozialwohnung bekomme und von den Drogen loskomme. Wie das geschehen soll, versuchte er mit vielen diffusen Äußerungen zu verdeutlichen. Doch der Staatsanwalt gab auch zu bedenken, dass er sich hinter seinen Krankheiten verstecke. Amtsgerichtsmayerhöffer, machte es sich auch nicht leicht, und stellte die Frage in den Raum, wie man seinem Fall gerecht werden könne. Er hege die Befürchtung, dass es bei einer Verurteilung auf Bewährung gleich wieder zu einem Bewährungsbruch kommen könne, wenn es z.B. einer Therapieauflage nicht nachkomme, zumal man keine große Bereitschaft zu einer Therapie erkennen könne. „Er sei krank“, war die Entgegnung. Sei er wieder stabiler, könne er sich eine vorstellen. Fast traurig stimme sein Fall, war der Staatsanwalt der Meinung. Er lebe in einer anderen Welt. Er habe als junger Mensch, der bereits Rentner sei und in seiner Wohnung über Berge von Müll steige, den Bezug zur Realität völlig verloren. Deshalb könne er bei einer zu verhängenden Freiheitsstrafe von einem Jahr eine Bewährung nicht befürworten. Doch wenn er eine Therapie machen, könne über die Aussetzung der Strafe gesprochen werden. Sein Verteidiger, Rechtsanwalt Baier plädierte für eine Bewährungsstrafe und flankierende Maßnahmen. Amtsgerichtsdirektor Mayerhöffer verkündete das Urteil des Schöffengerichts, das auf einer Freiheitsstrafe von einem Jahr lautete. Eine Bewährung wurde ausgesprochen, doch müsse er sich dafür einer Therapie unterziehen. Die legte er ihm dringend nahe, es gehe um seine Existenz, und er wolle sicher nicht enden wie sein Freund, der der Drogensucht erlegen war.
Mehr skurile als tragische Züge wies dann der nächste Fall auf, in dem es ebenfalls um den Besitz von Betäubungsmitteln ging, den man einer 35-​jährigen Mutter von vier Kindern vorwarf, wie es aus der Anklageschrift von Staatsanwalt Burger zu entnehmen war. Die junge bisher unbescholtene Frau war vor einiger Zeit von Norddeutschland nach Schwäbisch Gmünd umgezogen. Im Norden der Republik hatte sie per Internet und aus Langeweile, wie sie sagte, Hanfpflanzen bezogen. Die Pflänzchen machten den Umzug nach Gmünd mit und gediehen dort in ihrem Wintergarten auf das Beste, so dass sie schier durch Glasdach gepasst hätten. Dafür hätte sie einen grünen Daumen gehabt, bescheinigte ihr der Richter. Was sie denn damit habe machen wollen, wollte er wissen. „Gar nichts!“ hieß es. Pech war es, dass ein vorbeikommender Polizeibeamter wohl das Grün im Wintergarten wohl etwas genauer betrachtet hatte. Bei der Durchsuchung fand man eine erhebliche Menge an THC-​Gehalt, der 770 Konsumeinheiten ergab. Also war es auch hier kein minderschwerer Fall mehr. Ihre Feststellung, sie selbst habe keine Erfahrungen mit Drogen, untermauerte die Angeklagte mit einem ärztlichen Attest, das ihr bescheinigte clean zu sein.
Der Staatsanwalt hielt ihr das unumwundene Geständnis zugute. Doch angesichts der Tatsache, was man mit Drogen alles machen könne, habe der Gesetzgeber den Umgang unter Strafe gestellt. Da wäre eine Strafe von einem Jahr, die man wegen einer günstigen Sozialprognose zur Bewährung aussprechen könne, nicht zu umgehen. Auch sollte sie 80 Stunden gemeinnütziger Arbeit als spürbare Strafe ableisten. Verteidiger, Rechtsanwalt Michael Bagin hob hervor, sie sei sich der Tragweite des Handelns nicht bewusst gewesen. Es bestünde sicherlich keine Wiederholungsgefahr, so dass eine Freiheitsstrafe von sechs Monaten auf Bewährung ausreichend sei. Das Schöffengericht wählte die goldene Mitte und verurteilte sie zu acht Monaten mit Bewährung und 80 sozialen Arbeitsstunden. Es sei von einem minderschweren fall ausgegangen, und sie habe das Marihuana gepflanzt ohne die Absicht, es selbst zu verbrauche oder zu verkaufen. Aber das Gericht habe ihr nicht geglaubt, sie hätte als intelligente Frau nicht gewusst, was es mit dem Hanf auf sich habe.

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