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Nachrichten Schwäbisch Gmünd

Prunksitzung im Gmünder Stadtgarten

Als Sitzungspräsident Ludwig Fuchs offenbarte, was auf dem Programm nur als „Überraschung“ angekündigt war, wollte es das Publikum erst schier nicht glauben, ehe es in frenetischen Jubel ausbrach: Die Prunksitzung der AG Fasnet erlebte gestern Abend die Rückkehr ihres früheren Stars, des „Till von Gmünd“

Freitag, 18. Februar 2011
Rems-Zeitung, Redaktion
3 Minuten Lesedauer

SCHWÄBISCH GMÜND. Hoch schlugen die närrischen Wogen am Freitagabend im Stadtgarten. Die traditionelle Prunksitzung der AG Fasnet enthielt alle Facetten eines gelungenen Abends: akrobatischen Gardetanz und schräge Guggenmusik, graziles Männerballett und zwerchfellerschütternde Büttenreden. Laut und bunt ging es vom ersten Moment an her. Nach einem neuen Eröffnungslied der Kolpingkapelle unter Leitung von Udo Penz wurde das Silbermännle zum dritten Mal von „Rudo, dem Hölltalschütz“ begleitet. Es betrat der närrische Rat die Bühne und Sitzungspräsident Ludwig Fuchs — er hatte Geburtstag — hieß die Gäste willkommen, unter denen sich natürlich fast geschlossen die Gmünder Politik-​Prominenz befand (siehe rechts oben). Es folgte der Einmarsch des Hofstaats mit Prinzessin Birgit I., Prinz Christian I., der närrischen Schultes Sabine die Pfiffige, Zeremonienmeister Daniel der Absolute sowie Präsident Albert Scherrenbacher mit seinen beiden „Vizen“.
Dann wurde es voll auf der Bühne: Als Gäste zogen die Narrenzunft Oberkochener Schlaggawäscher, die Mögglinger Remsgöckel, die Waldstetter Wäschgölten und die Herlikofer Grabben ein. Gleich sechsfach wirbelte im Verlauf des Abends die Gmünder Garde der AG Fasnet über die Bühne, vertreten durch die herzige Stöpselgarde, die Minimarie, die Tanzteufel, die große Garde und durch die „Gmünder Hüpfer“. Das Tanzmariechen Nathalie Bihlmaier gehörte zu den Stars des Abends.
Nach dem großen Erfolg bei seiner Premiere im vergangen Jahr mit der Leserbrief-​Analyse kehrte Karl Kurz als „Karle von der Rathausstiag“ in die Bütt zurück. Er, Mitglied der „Schlaraffen“, einem Verein, in dem besonders auch die Kunst der geschliffenen Rede gepflegt wird, widmete sich mit viel Humor dem Gmünder Geschehen im vergangenen Jahr – und, der Name sagt’s ja schon, speziell jenem im Rathaus. Da war von der großen Verschuldung ebenso die Rede, wie vom Kampf um den Tunnelfilter. Und dass Gmünder sowohl innerhalb als auch außerhalb der Stadt Karriere machen, beleuchtete der Karle ebenfalls auf lustige Weise.
Für die Guggenmusik war in diesem Jahr das Team der „Gassafetza“ zuständig, ehe eine Gmünder Fasnets-​Legende die Bühne enterte: Zu siebt enterten die „Herrgottsblitz“ die Bühne und zogen durch den Kakao, was im vergangenen Jahr die Gmünder Seele bewegte. Da war von den merkwürdigen Knast-​Plänen auf der Mutlanger Heide die musikalische Rede und von dem aufgerissenen und schnell wieder gestopften Loch in der Klösterlestraße. Stuttgart 21 durfte als Thema ebensowenig fehlen, wie die umfassenden Bemühungen um die Wiedereinführung des GD-​Kennzeichens.
Es folgte der erste der beiden nur als „Überraschung“ auf dem Programm angekündigte Beitrag: Der vor Jahren bereits zweimal als Vortragender gefeierte Polizeichef von Schwäbisch Gmünd, Helmut Argauer, hatte sich seine eigenen Gedanken über den Slogan „Gmünd kann mehr“ gemacht und rief die Staufer– zur Bischofsstadt aus. Als Oberhirte (in nomine patri gamundii) wunderte er sich zunächst, bei drei Auftritten in zehn Jahren über drei verschiedene Oberbürgermeister im Publikum.
Aus der Landespolitik wolle er sich heraushalten. Womöglich müsse die Polizei ja ihre neuen blauen Uniformen nach dem 27. März wieder in grüne umtauschen. Das nächste Stückle zur Gitarre galt dem Tunnelfilter, ehe sich Argauer intensiv mit dem Rathauspersonal auseinandersetzte: Alle drei Bürgermeister und auch CDU-​Stadtrat Celestino Piazza bekamen ihr Fett weg.
Beim Auftritt der Sportakrobaten des TSG Hofherrnweiler-​Unterrombach stockte dem Publikum zeitweise fast der Atem. Nicht fehlen durfte der jährliche Auftritt der „Luderichs“ von der Gmünder Jugendfeuerwehr. Sie kamen diesmal als überdimensionale Mainzelmännchen auf die Bühne, für deren Gestaltung Max Jäger, Martin Ehmann und Michael Wiltschko verantwortlich waren.
Und dann also der Moment, auf den kaum einer zu hoffen gewagt hatte. Dieter Elser, bis vor drei Jahren Star der Prunksitzung, kehrte in der Rolle des „Till von Gmünd“ in die Bütt zurück. Er müsse angesichts dessen, was in der Stadt alles schief laufe, einfach wiedere mal seinen Kropf leeren, erklärte der Narr mit der Schellenkappe. Und in seinem Kropf hatte sich so einiges angesammelt. So regte er sich noch im Nachhinein über den Erhalt des Bahnhofs-​Postamts auf: Um die Bruchbude müsse man jetzt wider besseres Wissen herum bauen. Dem sprachgewandten Oberbürgermeister legte er nahe, sich doch daran zu erinnern, dass im Gemeinderat Deutsch gesprochen werden sollte. Und außerdem sei nicht nur Richard Arnold, sondern auch sein Stellvertreter Joachim Bläse viel zu oft in der Zeitung abgebildet.
Dass in den Gemeinderatssitzungen zu viel gegessen und getrunken werde, schmierte er dem Gremium aufs Butterbrot. Besonders angetan hatte es ihm Stadtrat Celestino Piazza, bei dem er Streben nach dem Fraktionsvorsitz vermute. Karl Miller bekam wegen Übertreibens des Energie-​Themas eine mit. Puffs und Spielhallen, die Bettelei des OB für den Salvator, die Gemeinderatssitzung im Wald und das GD-​Kennzeichen waren weitere Themen des viel umjubelten Vortrags.
Wie sich das Niveau des Gardetanzes immer besser entwickelt, zeigten im Verlaufe des Abends nicht nur die Gmünder, sondern auch ihre Garden aus Mögglingen mit dem Tanzpaar Jessy Grames und Tanja Hegele, Herlikofen mit Tanzmariechen Mona Kolhep, der Jungwäschweiber aus Waldstetten, die „Blauen Flitzer aus Oberkochen“ und natürlich – aus dem gleichen Ort – das Männerballett. Und als die Kolpingkapelle unter Leitung von Udo Penz zum großen Finale aufspielte, waren sich alle Besucher im ausverkauften Saal einig: So ein Programm bringt nur die Gmünder Prunksitzung zuwege.

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