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Nachrichten Schwäbisch Gmünd

Helmut Argauer war der Star der Prunksitzung /​Tolle Garden /​Überdimensionale Mainzelmänchen /​Vertrautes GD statt AAliens

Wenn sich der ganze Saal von den Plätzen erhebt und einen Auftritt mit donnerndem Applaus belohnt, dann kann man sicher sein, etwas Besonderes erlebt zu haben. Bei der traditionellen Prunksitzung der AG Fasnet am Freitagabend im Stadtgarten war das der Auftritt von Polizeichef Helmut Argauer als Erzbischof Archie. Von Manfred Laduch

Montag, 21. Februar 2011
Rems-Zeitung, Redaktion
3 Minuten Lesedauer

SCHWÄBISCH GMÜND. Nach dem bunten Einmarsch der Garden aus Gmünd, Oberkochen, Herlikofen, Waldstetten und Mögglingen, die alle mit ihren eigenen Schlachtrufen begrüßt wurden, machten sowohl die Gmünder Stöpselgarde (mit Minimarie Pauline) als auch die Tanzteufel das Publikum mit den Feinheiten des Gardetanzes vertraut. Später folgten noch die „Gmünder Hüpfer“ als Piraten und die Prinzengarde mit Tanzmariechen Nathalie.
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Zum zweiten Mal stieg Karl Kurz von den Gmünder Schlaraffen als „Karle von der Rathausstiag“ in die Bütt. Hier komme man zwar nackt auf die Welt, habe aber schon 2500 Euro Schulden, beklagte er. Auch den Filter werde es nicht geben — das Geld sei längst in Griechenland. Der Karle forderte, „dass das GD wieder gilt; ich will kein AA mehr am Nummernschild.“ Auf die Wildsäue in der Stadt habe die Polizei nicht schießen wollen, weil da zu viele andere Schwarze unterwegs seien. Kurz beanstandete die ärgerliche Preisgestaltung im Hallenbad und den Zustand der Häuser an der Mutlanger Straße — auch über diese Strecke kämen Besucher zur Landesgartenschau, monierte er.
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Es folgte die musikalische Einladung zum nächsten Fasnets-​Höhepunkt, dem Guggen-​Festival am kommenden Wochenende: Die Gmendr Gassafetza zeigten Guggenmusik in höchster Professionalität. Danach ehrte AG Fasnet-​Präsident Albert Scherrenbacher zwei Tänzerinnen für ihr fünfjähriges Engagement, und Sitzungspräsident Ludwig Fuchs bekam ein gemeinsames „Happy Birthday“ zu seinem 47. Geburtstag.
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Einen tollen Auftritt zeigten die „Herrgottsblitz“ mit ihren musikalisch verpackten Schlagzeilen. Schon das Auftaktlied vom „Bläse mit dem Bagger“ über das Aufreißen und sofortige wieder Schließen der Klösterlestraße brachte großes Gelächter. Dass das halt noch Zeiten waren mit dem GD auf der Autonummer und dass man Aalener auf Englisch mit „Aliens“ übersetze, trug der siebenköpfigen Truppe ebenfalls viel Zustimmung ein. Eine Zugabe war unumgänglich.
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Ein sehr akrobatisches Tanzpaar mit Jessy Grames und Tanja Hegele hatte die Mögglinger Prinzengarde mitgebracht. Es folgte der erste große Höhepunkt, der im Programm nur mit „Überraschung“ bezeichnet war: In vollem Ornat schritt „Erzbischof Archie“ alias Helmut Argauer auf die Bühne. Was der Gmünder Polizeichef in den nächsten 20 Minuten in einer Mischung aus Vortrag und Gesang darbot, setzte manches Zwerchfell höchsten Belastungen aus. Zur Gitarre und mit bekannten Schlagermelodien sandte der Erzbischof viele Hirtenbriefe an die Gmünder Verantwortlichen. So möge man doch dem Architekten Piazza mehr Aufträge geben, damit der sich als Stadtrat nicht in alles einmische. Der Baubürgermeister kam ihm ausgepowert vor, weil er ständig von Ludwigsburg nach Gmünd pendle. Der Oberbürgermeister erhielt Lob für seinen unermüdlichen Einsatz, aber auch Kritik für den einen oder anderen Ausrutscher. Sehr zufrieden war Argauer dagegen zur Melodie der Comedian Harmonists mit dem Kampf des Ersten Bürgermeisters für den Schnaps-​erlass: „Mein kleiner schwarzer Bläse steht selten an der Bar“. Nach einem bösen Polizisten-​Witz hielten sich viele die Bäuche vor Lachen und am Ende des erzbischöflichen Vortrags gab es Jubelstürme und stehende Ovationen.
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Sportliche Höchstnoten verdienten sich die Akrobaten der TSG Hofherrnweiler-​Unterrombach. Begeistert waren die Gäste auch von der Garde des Carnevalvereins Grabbenhausen mit Tanzmariechen Mona Kolhep. Einen geradezu professionellen Auftritt zeigte das Männerballett aus Oberkochen mit seiner im Dschungel notgelandeten Flugzeugbesatzung. Direkt danach mussten die Oberkochener freilich schlimme Minuten überstehen, als einer der ihren hinter der Bühne einen Kreislaufzusammenbruch erlitt und ins Krankenhaus gebracht werden musste.
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Das Publikum hatte davon nichts mitbekommen und erfreute sich am Gardetanz der Jungwäschweiber aus Waldstetten, die ein Muster an Synchronität darboten.
Nur ganz wenige wussten, was als nächste „Überraschung“ ins Haus stand: Nach dreijähriger Pause erklomm Dieter Elser als „Till von Gmünd“ wieder die Bütt. Was andere könnten, könne er schon lange, nämlich den Rücktritt vom Rücktritt, erklärte er. Und sofort sprang der Funke über: In seiner unnachahmlichen Art ließ Elser ein böses Stakkato über den Verantwortlichen der Stadt niedergehen. Da musste sich mancher Bürgermeister und Stadtrat trotz des wohltemperierten Saales warm anziehen: Alle bekamen ihr Fett weg — auch Fasnetskollegen und die Presse. Der Applaus zeigte, dass der Till die Finger in die richtigen Wunden gelegt hatte. Der aus seiner Sicht völlig überflüssige Erhalt des Bahnhofs-​Postamts, die allzu häufigen fremdsprachigen Kommentare des OB oder die Ernährungsgewohnheiten während der Gemeinderatssitzungen waren nur einige der Themen der viel umjubelten Büttenrede, die Elser trotz ihrer Länge fast komplett auswendig vortrug.
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Es folgte noch der Gardetanz der Oberkochener Schlaggawäscher, ehe das aus dem Programm nicht mehr wegzudenkende Männerballett der „Luderichs“ zum großen Finale überleitete. Sie kamen in diesem Jahr als überdimensionale Mainzelmännchen auf die Bühne. Zum Schluss ernteten alle Beteiligten nochmals herzlichen, lang anhaltenden Beifall für die viereinhalb Stunden, die einmal mehr wie im Fluge vergangen waren.

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