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Joey Kelly plauderte bei der Normannia über sein Leben und wie er es schafft, sein Talent, sich zu quälen, in Erfolg umzusetzen

Normannia-​Bereichsleiter Jürgen Eberle schüttelte zum Abschluss der harten Trainingsvorbereitung seiner Oberligakicker noch einen Joker aus dem Ärmel: Auf der Fahrt von einem Vortrag in Friedrichshafen nach Köln machte der Extremsportler Joey Kelly einen Zwischenstopp im Normannia-​Forum. Von Claus Jörg Krischke

Montag, 21. Februar 2011
Rems-Zeitung, Redaktion
4 Minuten Lesedauer

SCHWÄBISCH GMÜND. Die Normannia-​Spieler waren nach dem Vortrag mehr als beeindruckt und jeder war sich sicher, aus diesem Vortrag auch etwas für sich mitgenommen zu haben. Hatte doch die Art des Vortrags von Joey Kelly mit ihrer Selbstironie, aber auch totalen Ehrlichkeit die Normannia-​Spieler sofort in den Bann gezogen. Kelly gab zu, mit Fußball selbst nicht viel zu tun zu haben. Erst ein einziges Mal habe er versucht, mit Fußballern zu kommunizieren. Es war, als Hansa Rostock in der 2. Liga spielte. „Ihr nächstes Spiel haben die gleich mit 9:0 gewonnen – danach aber fünf Spiele in Folge verloren.“ Ein schlechtes Omen? Doch Jürgen Eberle ging volles Risiko und ließ seine Jungs weiter zu hören.
Seine Welt ist die Show-​Bühne, doch abseits des Scheinwerferlichtes vollbringt Joey Kelly unglaubliche sportliche Leistungen. Binnen eines Jahres schaffte er es, bei acht Ironman-​Wettbewerben — hintereinander 3,86 Kilometer schwimmen, 180 Kilometer Rad fahren, 42 Kilometer laufen — ins Ziel zu kommen — Rekord. Vom Ultraman auf Hawaii über den Sahara-​Wüstenlauf, Badwater Run im Death Valley, dem 100-​Meilen-​Race in Alaska bis hin zum Bike-​Rennen „Race across America“ hat Joey Kelly alle Events erfolgreich absolviert.
Alles ist bei ihm eine Sache des Kopfes, eine Frage der Selbstüberwindung, des konsequenten Umsetzens und des zielorientierten Handelns. Im Vortrag schildert er mit vielen Fotos und Clips seine Abenteuer und seinen Lebensweg.
Ein Mann steht unter Strom. Das drittälteste Mitglied der Kelly Family hat schon mit 38 Jahren fast alles erreicht, was es im Extremsport zu bewältigen gibt — je härter, desto besser.
„Auf Tour konnte ich immer gut trainieren“, sagt Joey und lächelt zufrieden. „Ich musste ja erst gegen 17 Uhr zur Probe.“ Davor lagen Drei-​Stunden-​Läufe oder längere Ausfahrten mit dem Mountainbike. Zuhause, bei Frau Tanja und seinen Kindern, ist schon etwas mehr Organisationstalent gefordert, um ein Programm zu absolvieren, das zwei Trainingseinheiten pro Tag vorsieht.
Besonders, weil Joey Kelly auch beruflich unter Strom steht. 16 Jahre organisierte er die Auftritte der Geschwisterband bis zu deren Auflösung, seit elf Jahren ist er Geschäftsführer der Firma Kel-​Life, die er von seinem Vater Dan übernommen hat. Hinzu kommen Vorträge für Manager und am Samstag auch für die Normannia, denen er vermitteln will, dass große Ziele nur mit langem Atem zu erreichen sind.
Andere würden vielleicht einen Gang zurückschalten, für Joey Kelly kommt das nicht an Frage. „No Limits“ heißen ein Bildband und eine DVD, die den sportlichen Werdegang des Ausdauer-​Extremisten dokumentieren. Treffend, denn für Kelly scheint es keine Grenzen zu geben.
1997 hatte das begonnen, was Außenstehenden als Irrsinn erscheinen mag: Joey war längst mit der Kelly Family zum Star geworden, verkaufte Millionen Platten und spielte Tag für Tag vor tausenden Fans in den großen deutschen Konzerthallen — da infiziert ihn der Triathlon-​Virus. Mit seiner Schwester Patricia wettet er, einen Kurzdistanz-​Wettkampf (1,5 Kilometer Schwimmen, 40 Kilometer Radfahren, 10 Kilometer Laufen) durchzuhalten — und kommt tatsächlich ins Ziel.
Eine Wendemarke in seinem Leben, denn dieses Glücksgefühl will er wieder erleben. Bei immer härteren Wettkämpfen, die ihn in immer neue Grenzbereiche führen. Nach wenigen Monaten tritt er erstmals zum Ironman im fränkischen Roth an. 3,8 Kilometer Schwimmen, 180 Kilometer Radfahren und anschließend 42,195 Kilometer Laufen.
Eine Wahnsinnsdistanz, die er in 13 Stunden und 36 Minuten absolviert — obwohl er bei Kilometer 120 mit dem Fahrrad stürzte, sich ein Schlüsselbein brach und die letzten Stunden den linken Arm in einer Schlinge tragen musste. Was folgte, hat vor ihm keiner geschafft: Innerhalb eines Jahres beendet er alle acht ausgetragenen Ironman-​Rennen.
Kelly ist kein sportlicher Übermensch, aber er gibt nie auf
Seitdem geht es Schlag auf Schlag. Kelly läuft den Marathon des Sables (240 Kilometer in der Sahara), den Mount Everest Ultramarathon (160 Kilometer auf bis zu 5000 Meter Höhe), das Iditasport Race in Alaska (160 Kilometer bei bis zu minus 20 Grad) und den legendären Badwater-​Ultra (210 Kilometer im Tal des Todes). Er durchquert beim Race Across America im Zweierteam per Rennrad die USA (4800 Kilometer), fährt von Perth nach Sydney (4600 Kilometer) oder von Berlin nach Bagdad (5300 Kilometer). Und zwischendurch bleibt immer noch Zeit für einen RTL-​Spendenlauf von Berlin nach Köln oder wie dreimal die erfolgreiche Teilnahme an Stefan Raabs Wok-​Weltmeisterschaft.
Das Pensum könnte vermuten lassen, Joey Kelly sei eine Art sportlicher Übermensch oder doch mindestens ein Verrückter. Aber eher bescheiden erzählt er von seinen spektakulären Wettkämpfen. „Mir fehlt jedes Talent. Andere trainieren nur die Hälfte und sind trotzdem schneller“, habe er einst seinem Trainer Hubert Schwarz geklagt. Der deutsche Triathlon-​Pionier antwortete: „Dein Talent ist, dass du dich quälen kannst.“
Hier liegt Joey Kellys Erfolgsgeheimnis. Er ist jemand, der nie aufgibt, der Schmerzen ebenso überwindet wie Langeweile angesichts endloser Stunden auf tristen Landstraßen. Der ein „Es geht nicht mehr“ nicht akzeptiert, sondern weitermacht. Der voller Ehrgeiz an den Start geht und selbst in schwierigsten Situationen geradezu stoisch einen Fuß vor den anderen setzt.
Manchmal auch gegen den gesunden Menschenverstand, wie beim Marathon des Sables, als er sich trotz 38 Grad Fieber und starker Bauchschmerzen weiterschleppte — und tatsächlich das Ziel erreichte. Bis heute hat er noch nie einen Wettkampf abgebrochen. Eine Sache der Einstellung nach dem Motto „Wer will, der kann“. „Jedes Rennen ist für mich ein Kampf“, sagt er. „Es geht immer um Zeiten und Platzierungen.“ Der olympische Leitspruch „Dabeisein ist alles“ gilt ihm nichts. Nur die Qual, das Vortasten an körperliche und mentale Grenzen, verschafft ihm das ganz große Glücksgefühl. Hinterher, versteht sich.
So jemand braucht ständig neue und härtere Herausforderungen, um den Adrenalinspiegel hochzuhalten. Nach mehr als 30 Marathonläufen (Bestzeit: 3 Stunden, 2 Minuten) 13 Ironman-​Triathlons und zahlreichen Ultra-​Rennen ist ein simpler 100-​Kilometer-​Lauf für Joey Kelly kein besonderes Abenteuer mehr.
So sucht er nach anderen Extremen, wie z. B. die Expedition mit Markus Lanz zum Südpol oder zuletzt seine Deutschlandtour.

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