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Nachrichten Schwäbisch Gmünd

Nach Bußgeldverfahren des Bundeskartellamts hat auch Bürgermeister Joachim Bläse eine Überprüfung eingeleitet

Ein Bußgeldverfahren des Bundeskartellamts mit dem gewaltigen Volumen von 20,5 Millionen Euro gegen drei Feuerwehrgerätehersteller in Deutschland und Österreich lässt derzeit viele Kommunalverwaltungen aufhorchen. Besonders in Ostwürttemberg, wo eine der involvierten Firmen (Albert Ziegler GmbH & Co KG Giengen) einen angestammtem Absatzmarkt hat.

Dienstag, 22. Februar 2011
Rems-Zeitung, Redaktion
3 Minuten Lesedauer

SCHWÄBISCH GMÜND (hs). Die zentrale Frage: Haben die Gemeinden und Städte in den letzten Jahren zu viel für ein neues Feuerwehrfahrzeug gezahlt, weil — so der Vorwurf des Bundeskartellamts — die drei Marktführer sich unerlaubt abgesprochen hatten, um den großen „Kuchen“ des Marktes von genormten Feuerwehrfahrzeugen gleichermaßen praktisch wie auch lukrativ unter sich aufzuteilen. Genau das wird von der Behörde dem Trio vorgeworfen. Betroffen sind: Schlingmann GmbH & Co KG in Dissen (Nordrhein-​Westfalen), Rosenbauer (Luckenwalde und Leonding/​Österreich) und die Albert Ziegler GmbH & Co KG in Giengen an der Brenz bei Heidenheim.
Viele Feuerwehren im Raum Gmünd pflegen Verbundenheit mit Ziegler
Viele Feuerwehren in der Region pflegen eine traditionelle Kundenpartnerschaft mit der Firma Ziegler, denn die Vorteile der unmittelbaren Nähe liegen auf der Hand, wenn es beispielsweise um Reparaturen oder Gewährleistungsansprüche geht. So kommen auch die meisten der fast 40 Lösch-​, Geräte– und Rettungsfahrzeuge der Gesamtfeuerwehr Schwäbisch Gmünd aus Giengen. Und für Stadtverwaltung und Gemeinderat ist da viel Geld im Spiel, wenn man sich vor Augen hält, dass ein genormtes Hilfeleistungs-​, Löschgruppen– oder Tanklöschfahrzeug zwischen 300 000 und 400 000 Euro kostet. Wie Rathaus-​Pressesprecher Markus Herrmann gestern bestätigte, hat das Bußgeldverfahren des Bundeskartellamts deshalb auch Bürgermeister Dr. Joachim Bläse aufhorchen lassen. Bläse ist als Dezernent ja gleichzeitig für den Haushalt und für das Feuerwehrwesen der Stadt Schwäbisch Gmünd zuständig. Er lasse, so Herrmann, nun eine Liste mit allen Fahrzeugbeschaffungen und –bestellungen der letzten Jahre erstellen, um der juristischen Frage von Schadensersatz-​/​Regressansprüchen nachzugehen.
Auch der Gemeindetag will sich dem Thema widmen
Der Gemeindetag von Baden-​Württemberg hat seinen Mitgliedern Informationen und Entscheidungshilfen angekündigt, in welchen Fällen sich juristische Initiativen gegen die Firmen lohnen könnten oder auch nicht. Dies kommt auf die jeweilige Ausformulierung der Kaufverträge an, besonders auch, ob sich die Fahrzeugbeschaffungen auch auf der vom Bundeskartellamt beanstandeten Fallliste befinden. Die verbotenen Preis– und Quotenabsprachen sind laut Bundeskartellamt ab 2001 praktiziert worden. Nach anonymen Hinweisen wurden dann ab Mai 2009 Ermittlungen und auch Durchsuchungen durchgeführt. So ist davon auszugehen, dass eventuelle finanzielle Nachteile nur für Verträge beklagt werden können, die in diesem Zeitraum von 2001 bis 2009 unterzeichnet wurden.
In vielen Gemeinden und Städten wird nach Bekanntwerden der Bußgeldzahlungen nun nachgedacht, wann, wie und von wem neue Feuerwehrautos gekauft wurden. Durch verschiedene Medienverlautbarungen wird bei Bürgermeistern die Erwartung eines Geldsegens in fünfstelliger Größenordnung pro Fahrzeug geschürt. Was aber voraussichtlich eingeklagt werden müsste.
Und was sagt der Beschuldigte? Gleich auf der Homepage verweist Ziegler in Giengen auf eine umfassende Erklärung und bietet allen Kunden Transparenz und persönliche Gespräche an. „Bei Bedarf“ werden die Bürgermeister oder auch die anderen Kunden „um entsprechende Kontaktaufnahme“ gebeten. Was den Erlass der „Bußgeldbescheide wegen wettbewerbswidriger Absprachen auf dem deutschen Markt“ betrifft, schreibt die Firma zunächst: „Dies können wir im Grundsatz bestätigen.“ Die öffentliche Darstellung vermittle jedoch ein „unzutreffendes Bild hinsichtlich Art und Umfang der Absprachen sowie deren wirtschaftlicher Auswirkungen und stimmt insoweit auch nicht mit den Feststellungen des Bundeskartellamtes im Bußgeldbescheid überein.“
Ziegler weist Vorwürfe zurück und bietet Kommunen Gespräche an
Und weiter heißt es: „Zutreffend ist, dass es im Zeitraum zwischen 2001 und 2007 Gespräche zwischen den betroffenen Unternehmen gab, bei denen es vor allem um gegenseitige Informationen über historische Absatzzahlen sowie verschiedene Markt– und Fachthemen ging. Insbesondere in der Anfangsphase wurde in diesem Zusammenhang auch über Marktanteilsquoten für Normfahrzeuge über 7,5 t gesprochen. Es gab jedoch in den letzten Jahren weder systematische Preisabsprachen noch konkrete Umsetzungsmaßnahmen oder Absprachen über einzelne Projekte, die sich auf das Marktverhalten der Firma Ziegler und damit auf unsere Kunden ausgewirkt haben. Nach der rechtlichen Wertung des Bundeskartellamtes wurden durch diese Verhaltensweisen dennoch die Grenzen des wettbewerbsrechtlich Zulässigen überschritten“. Die Firma Ziegler hat dies trotz unterschiedlicher rechtlicher Bewertung der Vorgänge akzeptiert und sich mit dem Bundeskartellamt auf eine einvernehmliche Verfahrensbeendigung geeinigt, um ein langwieriges und aufwändiges Rechtsmittelverfahren zu vermeiden. Die in den Medien verbreitete Behauptung, vielen Kommunen seien durch das vorgeworfene Verhalten große finanzielle Schäden entstanden, weisen wir jedoch entschieden zurück.“ Umfassend sei bei der Aufklärung des Sachverhaltes mit dem Bundeskartellamt kooperiert worden. „Darüber hinaus haben wir in unserem Unternehmen Maßnahmen getroffen, um auch in Zukunft wettbewerbskonformes Verhalten sicherzustellen.“

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