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Nachrichten Schwäbisch Gmünd

Wenn der Computer zur Droge wird

Der „Weimarer Kultur-​Express“ war jüngst mit dem Stück „Sprich mit mir!!!“ zu Gast an der Kaufmännischen Schule in Schwäbisch Gmünd. Dabei ging es um die manchmal suchtartige Abhängigkeit von Menschen vom Computer und eine daraus resultierende Vereinsamung.

Samstag, 30. April 2011
Rems-Zeitung, Redaktion
1 Minute 52 Sekunden Lesedauer

SCHWÄBISCH GMÜND (pm). Die Schulleiterin der Kaufmännischen Schule, Oberstudiendirektorin Gisela Stephan, verdeutlichte in einer kurzen Ansprache die Brisanz dieses Themas: Eine missbräuchliche Mediennutzung verhindere eine gesunde körperliche und geistige Entwicklung und erschwere auch das tägliche schulische Lernen. Sie regte die Wirtschaftsschüler dazu an, den eigenen Umgang mit den Medien zu überdenken.
Das Stück selbst führt die Zuschauer zunächst in eine familiäre Welt, die unter dem Diktat des modernen beruflichen Existenzkampfes steht. Die allein erziehende und geschiedene Mutter findet nach einem halben Jahr Arbeitslosigkeit endlich wieder eine Stelle in einem Logistikunternehmen.: Mutter (Lina Thomas) und Tochter Jule (Marie Schwinn) müssen allerdings in eine andere Stadt ziehen. Von Anfang an leidet die Tochter unter dem Verlust ihrer Freundinnen. Von der Mutter nur ausnahmsweise erlaubte Heimatbesuche bei der besten Freundin Elli können daran nur wenig ändern. Auch der abwesende Vater hilft ihr nur wenig.
Die überlastete Mutter scheitert mit dem Versuch, ihre berufliche Karriere und die Erziehung ihrer Tochter unter einen Hut zu bringen. Es gibt Stress um Haushalt und Schule, vereinbarte Gespräche platzen ebenso unter dem Druck er Ereignisse wie gemeinsame Pläne für die Freizeit. Wünschte sich Jule anfangs noch Gespräche mit der Mutter („Wann kannst du endlich mit mir reden?“), zeigt sich zunehmend Enttäuschung über das Desinteresse der Mutter („Willst du denn gar nicht wissen, was heute in der Schule passiert ist?“). Mehr und mehr wird das Internet Ersatz für vertrauensvolle Gespräche mit der beruflich eingespannten Mutter. Als die Mutter, ihrerseits zur Besinnung gekommen, Jule um ein Gespräch bittet, erwidert diese nur noch: „Ich muss jetzt ins Internet.“
Als Jule dann auch noch von den Mitschülerinnen gemobbt wird, nimmt sie über Internet Kontakt zu ihrer besten Freundin Elli auf. Die führt sie in eine digitale Parallelwelt ein, die für Jule immer mehr zu einer Art Droge wird, mit deren Hilfe sie aus ihrer problembelasteten Wirklichkeit flüchtet. Als sie in höhere Levels des Spiels aufsteigt, werden Gebühren fällig. Jule missbraucht die Kreditkarte ihrer Mutter und schwänzt die Schule. Die Mutter reagiert mit Geschrei und Verboten, nimmt ihr den Computer weg, kapituliert dann aber doch vor Jules Drohung, davonzulaufen.
Als Zuschauer verfolgt man mit Beklemmung den Prozess zunehmender Entfremdung zwischen Mutter und Tochter. Die Wirtschaftsschüler durchschauen die Funktion des Internetspiels, das mehr und mehr zum einzigen und unverzichtbaren Kontakt von Jule wird. Der Wechsel von dramatischen Spielszenen und gesprochenen verfremdenden Rückblenden in Brechtscher Manier sowie ein Gespräch mit den Schauspielerinnen im Anschluss an die Aufführung ermöglichten den Schülern, den eigenen Medienkonsum kritisch zu hinterfragen.

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