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Nachrichten Schwäbisch Gmünd

Dem Freibad einen Namen geben

Die besänftigende Ankündigung nach dem Facebook-​Tohuwabohu um die Namensgebung für den Tunnel, nun das Freibad nach Bud Spencer zu benennen, hat Erinnerungen ausgelöst. Denn vor 25 Jahren war ein Versuch der Stadtoberen gescheitert, der Badeanstalt einen neuen Namen zu geben.

Freitag, 29. Juli 2011
Rems-Zeitung, Redaktion
1 Minute 58 Sekunden Lesedauer


SCHWÄBISCH GMÜND (hs). Ins Kreuzfeuer der Bürgerkritik war damals Oberbürgermeister Dr. Wolfgang Schuster, seinerzeit Stadtoberhaupt von Schwäbisch Gmünd und heute von Stuttgart, geraten. Dabei hatte er es doch so gut gemeint, war jedoch voll ins Fettnäpfchen getreten.
In jenen Tagen tobten in Schwäbisch Gmünd und im einen Kilometer entfernten Mutlangen die Auseinandersetzungen um den Nato-​Nachrüstungsbeschluss mit der Stationierung von 36 Pershing-​Atomraketen in direkter Nachbarschaft zum Freibad. Traditionell trägt es den Namen Schießtalfreibad, weil dort vor etwa 150 Jahren die Württembergische Artillerie ihren zentralen Übungsplatz hatte.
Früher war das in der Garnisonsstadt sogar ein echter Touristik– und Wirtschaftsfaktor. Neben wohlhabenden Offiziersgattinnen waren es sogar Mitglieder des Königshauses, die dort immer wieder die Sommerfrische suchten und nebenbei ihren stolzen Göttergatten beim Kanonenschießen zuschauten. Auch gab’s schon erste Raketenversuche mit einem so genannten „Ernstfeuerwerk“, wobei die Geschosse meist danebengingen.
Daneben ging in den 80er-​Jahren des vergangenen Jahrhunderts auch OB Schusters Idee: Er und Marketingberater glaubten, dass der Name Schießtalfreibad in jenen unruhigen Pershing-​Zeiten zu negativ behaftet wäre und insbesondere die Jugend der Friedensbewegung einen Gang ins damals blitzblank sanierte Badevergnügen scheuen könnten. Weil zur Anlage auch ein Stausee gehört, empfahlen nun die beauftragten Werbestrategen dem besorgten Stadtoberhaupt die Namensbezeichnung „Gmünder Seebad“ zu wählen.
Da schlug nun die Bürgerschaft entsetzt die Hände über ihrem Kopf zusammen und meinte: Schwäbisch Gmünd liege doch weder an der Nordsee noch am Bodensee, sondern nur an der Rems. „Seebad“ wäre doch völlig überzogen. OB Schuster träumte aber schon von künstlich aufgeschütteten Sandstränden am Stausee, erinnerte sich seinerzeit auch an den berühmten Bud Spencer alias Carlo Pedersoli.
Vielleicht hätte „Gmünder Seebad“ Bud Spencer ja sehr gefallen
Der von den Küsten des Mittelmeers stammende Schwimm– und Kinostar hätte sich an seiner alten Wirkungsstätte mit neuem Seebad-​Gefühl gewiss wie daheim in Neapel oder auch Hollywood gefühlt. In einer hitzigen und gut besuchten Gemeinderatssitzung wurde die reizvolle Seebad-​Idee abgeschmettert. Die Gmünder gaben zu verstehen: Man müsse wegen Atomraketen und Demonstrationen doch nicht gleich uralte Namenstraditionen in Frage stellen, schon gar nicht die Geschichte der Garnisonsstadt. Bereits fertiggestellte „Seebad-​Schilder“ brachten die Namensidee vollends ins Abseits, denn das Design war so ungeschickt, dass darauf viele Betrachter nicht Palmen erkannten, sondern vielmehr so etwas ähnliches wie ein unheimlicher Atompilz. Jetzt war also endgültig Feierabend mit der Vision „Gmünder Seebad“.
Bis heute sagen die Gmünder also „sie gehen ins Schießtal“, wenn sie ihren Freibadbesuch meinen. Mit der neuen Namensgebung fürs „Bad Spencer“ oder ähnlich wird’s — gemessen am finalen Beifall bei der Gemeinderatssitzung am Mittwoch im Stadtgarten — nun doch noch klappen. Denn die Entscheidung ist längst nicht mehr so explosiv wie vor 25 Jahren während des Kalten Kriegs.

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