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Waldstetter Heimatmuseum Waldstetten: Eröffnung der Ausstellung „Bunker in Waldstetten – Zeugen des Kalten Krieges“

Sie waren ein klein wenig in Vergessenheit geraten und außer den Fledermäusen, die dort hausen, schien sich keiner für sie zu interessieren. Nun werden die Bunker im Waldstetter Staatswald im Rahmen einer Sonderausstellung wieder zum Leben erweckt.

Freitag, 02. September 2011
Rems-Zeitung, Redaktion
3 Minuten Lesedauer

Von Nicole Beuther
AUSSTELLUNG. Möglich gemacht hat die Ausstellung „Bunker in Waldstetten – Zeugen des Kalten Krieges“ der Heimatverein Waldstetten/​Wißgoldingen. Dabei war es den Verantwortlichen wichtig, nicht nur die Funktion und Bedeutung der Bunkeranlage, sondern auch den geschichtlichen Hintergrund aufzuzeigen.
Und das Interesse bei der Ausstellungseröffnung gestern Abend war groß. So groß, dass die Museumsstube längst nicht alle Besucher fasste. So wurde kurzerhand auch der Museumshof bestuhlt, und die Fenster weit geöffnet, so dass jeder im und um das Museum herum den Worten des Historikers Prof. Dr. Ulrich Müller lauschen konnte. Er gab Einblick in die Zeit des Kalten Krieges und die geheimnisumwitterten Waldstetter Bunker.
Rainer Barth, Erster Vorsitzender des Heimatvereins Waldstetten/​Wißgoldingen, zeigte sich überwältigt und zugleich hocherfreut über die große Anzahl an Besuchern. Die Aufgabe, die sich der Heimatverein mit der Sonderausstellung gestellt habe, sei keine einfache gewesen, so Barth. „Viele Kräfte mussten mobilisiert werden.“ Wie wichtig ihm und all den anderen Beteiligten die Ausstellung war, das lassen die zahlreichen Zeitzeugen-​Interviews, die geführt wurden, ebenso erahnen, wie die schriftlichen Anfragen beim Verteidigungsministerium, bei verschiedenen Institutionen in den Vereinigten Staaten und auch dem früheren General Raymond Haddock. Bis ins Detail wurde die Ausstellung geplant, selbst der Tag der Ausstellungseröffnung (1. September) und das Ausstellungsende (8. Mai) sind nicht ohne Grund gewählt. So war der Beginn des Zweiten Weltkrieges am 1. September 1939 und das Ende am 8. Mai 1945.
Die Ausstellung selbst umfasst den Zeitraum 1945 bis 1995. Eine Zeit, die der Historiker Prof. Dr. Ulrich Müller Revue passieren ließ. Besonders interessant für die Waldstetter waren natürlich die oberirdischen Bunker im Staatswald. 28 sind es insgesamt, gebaut wurden sie von der amerikanischen Besatzungsmacht in den Jahren 1952 bis 1954. Zunächst war dort ein Munitionsdepot mit Übungs– und Manövergelände für eine Göppinger Granatwerfereinheit geplant. Später lagerten dort neben Munition auch militärische Gegenstände und Gerätschaften.
Bis zu 60 Arbeiter, so Müller, seien auf der Baustelle beschäftigt gewesen. Übernachtet hätten sie in Privatquartieren und auch für das leibliche Wohl sei gesorgt gewesen. So gab es auf der Baustelle eine Kantine, wo Martha Gruber und ihre Tochter Hannelore ein Vesper, Mittagessen, Getränke und Süßigkeiten anboten. Abends gab es auf dem Bauernhof der Familie Barthle Speis und Trank.
Um den Zeitplan einzuhalten, so Müller, sei oft auch bei Nacht gebaut worden. Mit die größte Herausforderung schien der Transport des Betons gewesen zu sein. Im ersten Jahr wurde das Material im Basislager gemischt und über Schotterwege zur Baustelle gefahren. Das Problem: Der Beton wurde hart und manches Stück war nicht mehr zu gebrauchen. So wurde beschlossen, die Betonmischanlage direkt an die Baustelle zu fahren. Nach dem Ende der Bauarbeiten wurde das Gelände mit Betonpfosten und Stacheldraht eingezäunt. Damit die Bunker für die Flieger nicht einsehbar waren, wurden rasch Bäume und Gestrüpp gepflanzt – Bauerntöchter aus dem Ort übernahmen für 30 Pfennig in der Stunde diese Arbeiten.
Die Bürger, so erklärt Müller, hätten keine Ahnung gehabt, was sich dort draußen im Wald abspiele. Immer wieder seien auch Panzer in den Wald gefahren. Zur Zeit der Pershing 2-​Raketen sei dann das Gerücht entstanden, dass in den Bunkern atomare Sprengköpfe lagerten. Müller: „So waren die Bunker immer geheimnisumwittert.“ Heute, so der Historiker, könne ausgeschlossen werden, dass in den Waldstetter Bunkern jemals atomare Sprengköpfe gelagert wurden.
1991 dann seien die Bunker geräumt und die Zäune abgebaut worden. Zum Kalten Krieg meinte Müller: „Möglicherweise hatte die Menschheit einfach nur Glück.“
Sowohl er als auch Rainer Barth sprachen von der großen Bedeutung, die den Bunkern auch heute noch zukommt. „Sie sollen einen an die Zeit kriegerischer Auseinandersetzung erinnern“, so Barth, der auch sagte: „Kriege kommen nicht von ungefähr, sie haben nichts mit höherer Gewalt zu tun. Sie sind das Werk von Menschen.“ Die Bunkerausstellung solle zeigen, dass Friede nichts selbstverständliches und kein Selbstläufer sei. „Alle sind aufgefordert, Frieden zu stiften“, so Barth.
Musikalisch umrahmt wurde die Ausstellungseröffnung von der Band „Red Devils“ von der Musikschule Waldstetten, die mit Songs, unter anderem von Elvis Presley und Telly Savallas, beeindruckten.

Die Ausstellung dauert noch bis einschließlich 8. Mai. Geöffnet ist das Heimatmuseum jeden ersten und dritten Sonntag im Monat, jeweils von 14 bis 17 Uhr. Begleitet wird die Sonderausstellung von einer Vortragsreihe, bei der Zeitzeugen von ihren Erlebnissen erzählen. Die Termine werden rechtzeitig in der Rems-​Zeitung bekanntgegeben.

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