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Nachrichten Schwäbisch Gmünd

Nistkästen: Begegnung von Mensch und Tier

Huuh! — Was ist das?! Erschreckt zuckt Carina zurück. Gerade wollte sie den Nistkasten am Apfelbaum saubermachen, da streckt sich ihr plötzlich ein behaartes Schnäuzchen entgegen. Diese Begegnung von Mensch und Tier ergab sich bei einer Aktion des Naturschutzbundes gemeinsam mit Realschülern aus dem Gmünder Raum.

Dienstag, 10. April 2012
Rems-Zeitung, Redaktion
2 Minuten 35 Sekunden Lesedauer


SCHWÄBISCH GMÜND (pm). Offensichtlich hat es sich hier eine Gelbhalsmaus (Apodemus flavicollis) in einem Nest von Laub und Streu gemütlich gemacht. „Nicht immer werden Vogelnistkästen nur von Star und Meise genutzt“, erklärt Walter Beck vom Naturschutzbund Deutschland (NABU) den vier Mädchen und drei Jungen von der Franz-​von Assisi-​Realschule Waldstetten, die im Rahmen eines Projekts ihrer Schule Erfahrung in der Biotoppflege sammeln und heimische Tiere und Pflanzen kennenlernen. „Auch Kleinsäuger wie Gelbhalsmaus und Siebenschläfer sowie seltene Insekten wie die Hornisse brauchen Verstecke, um zu überwintern, ihre Eier abzulegen oder ihre Jungen zur Welt zu bringen.“
Der Deckel des Nistkastens wird denn auch vorsichtig wieder zugemacht, der „Dreck“ drinnen gelassen. In weiteren Nistkästen, die hier in den Kleingärten der Debler-​Stiftung in der Gmünder Südstadt aufgehängt sind, finden die Siebtklässler mehrere Vogelnester. Vogelexperte Armin Dammenmiller vom NABU erklärt ihnen die Unterschiede: Während die Kohlmeise fast ausschließlich Moos für den Nestbau verwendet, nimmt die Blaumeise bevorzugt Tierhaare. Die Sumpfmeise schließlich baut ihr Nest aus beiden Materialien zusammen. Dagegen ist der Kleiber ein eher legerer Nestbauer: Er trägt nur eine lockere Schicht Laub und Streu in den Nistkasten, auf der das Weibchen dann die Eier ablegt. Dafür ist der Kleiber aber ein guter Baumeister: Mit Hilfe von feuchtem Lehm schmiert er das Einflugloch seiner Bruthöhle soweit zu, dass Nesträuber nicht ohne weiteres hineinkommen.
Auf der vom NABU gepachteten Streuobstwiese sammeln die Jugendlichen Äste und Reisig auf, die vom Baumschnitt übrig geblieben sind und schichten sie an der Grundstückgrenze zu großen Haufen. Den Grund weiß der 13-​jährige Denis schon: „Viele Tiere brauchen diese Reisighaufen, um sich zu verstecken“, erklärt der Assisi-​Schüler. „Zaunkönig und Rotkehlchen brüten darin, und die Igel halten dort Winterschlaf.“
Noch in der kalten Jahreszeit haben sich die sieben Jugendlichen auf ihren Einsatz vorbereitet, mit Bohrmaschine und Akkuschrauber aus unbehandeltem Holz Nistkästen für Vögel und Fledermäuse gebaut. Diese werden sie auf dem Schulgelände oder in den Gärten ihrer Familien aufhängen. So haben sie auch später noch Gelegenheit, Tiere aus nächster Nähe zu beobachten. „Projekte wie dieses sind enorm wichtig“, findet NABU-​Sprecher Beck. „Kinder und Jugendliche sind einem immer größer werdenden Freizeitangebot ausgesetzt, zum Beispiel durch die elektronischen Medien“, so der Naturschützer. „Dadurch wird das Interesse an der Natur oft schon verdrängt, bevor es überhaupt entstehen kann.“ Kenntnisse über die häufigsten Pflanzen und Tiere seien selbst im ländlichen Raum nicht mehr selbstverständlich.
Dagegen sind die Jungen und Mädchen von der Assisi-​Schule fast schon Experten — zumindest was Frösche und Kröten betrifft. In einem Intensivkurs sind sie auf ihren Einsatz bei der Amphibien-​Rettungsaktion im Schießtal vorbereitet worden. Fällt Regen, gibt dieser das Startsignal für den Einsatz der Nachwuchs-​Naturschützer. Dann heißt es, die bedrohten Tiere aus den am Rand der Schießtalstraße eingegrabenen Eimern einzusammeln und auf der anderen Seite wieder freizulassen. „Ohne diese Hilfe würden viele Amphibien den Weg zu ihrem Laichgewässer und zurück nicht überleben“, weiß Professor Frieder Bay, der die Aktion gemeinsam mit dem Gmünder Naturkundeverein (NKV) organisiert.
Das Projekt mit den siebten Klassen der Franz-​von Assisi-​Schule führen NABU und NKV dieses Jahr schon zum zweiten Mal durch. „Es nützt beiden Partnern“, fasst NABU-​Vorsitzender Armin Dammenmiller zusammen. „Die Schülerinnen und Schüler lernen etwas über die Natur und ihre Zusammenhänge. Wir von den Naturschutzorganisationen werden bei unserer täglichen Arbeit entlastet, die sonst von nur wenigen Aktiven in ihrer Freizeit geleistet werden muss.“ Schon deshalb sind die ehrenamtlichen Naturschützer sehr dankbar für die Hilfe der jungen Leute.

Alle Projekte, Exkursionen und Vorträge von NABU und NKV im Internet unter www​.NABU​-Gmuend​.de oder www​.nkv​-gmuend​.de:

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