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Nachrichten Schwäbisch Gmünd

Dem Hussenhofer Gockel nachspüren: Günther Dangelmaier widmet sich den Kleindenkmalen

Mittlerweile gibt es in fast allen Städten und Gemeinden Ehrenamtliche, die sich auf die Suche machen nach meist steinernen Zeugen der Vergangenheit – schöne, alte Feld– und Wegekreuze etwa, aber auch längst vergessene Bildstöcke als Symbole eines unglaublich mühseligen Alltags, der in Vergessenheit zu geraten droht. Gefallenendenkmale aus dem Ersten Weltkrieg, die später um ein Wesentliches erweitert werden mussten: Weltgeschichte, heruntergebrochen auf einen kleinen Ort. In Hussenhofen macht sich Günther Dangelmaier daran, etwa 40 dieser Kleindenkmale zu erfassen, zu beschreiben, ihrer Geschichte nachzuspüren. Unter anderem ist er dem Rems-​Gockel auf der Spur

Mittwoch, 22. August 2012
Rems-Zeitung, Redaktion
3 Minuten Lesedauer

SCHWÄBISCH GMÜND (bt/​dan). Die Hochwassermarken am Haus Dangelmaier zeugen vom Bedürfnis der Menschen, Geschichten und Geschichte festzuhalten — jeweils nicht mehr ein Strich und eine Jahreszahl, nicht sehr spektakulär, aber sie werden noch an Tage einer ausufernden Rems erinnern, wenn niemand mehr da ist, der diese Tage erlebt hat.
Günther Dangelmaier stellt das Kreuz der Familie Herbst vor: „In den tiefsten Abgründen deines Daseins wirst du mich finden. Meine Liebe kannst du nie verlieren.“ Er widmet sich dem Steinrelief an der Hirschmühle, dem Stauferrelief an der Krone in Zimmern, Schlusssteinen an Bauernhäusern — an uralten Höfen, deren Geschichte er dokumentiert. Oder den Dorfbrunnen, die für die Wasserversorgung in Hussenhofen, Hirschmühle und Zimmern standen, für die gesamte Infrastruktur im Remstal.
Unter anderem ist der Hussenhofer Lokalhistoriker dem Remsgockel auf den Grund gegangen, Wahrzeichen des Ortes. Erstmals wurde Hussenhofen um 1250 erwähnt; im 16. Jahrhundert kaufte die Stadt Schwäbisch Gmünd den Schenken von Limburg fünf freie Höfe in Hussenhofen ab — samt Gerichtsbarkeit. Damit fiel der Ort wie fast alle umliegenden Ortschaften an die Freie Reichsstadt. Bis 1803 hatte also Gmünd das Sagen, dann gehörte Hussenhofen bis 1969 zu Herlikofen — nicht immer eine harmonische Verbindung. Günther Dangelmaier erzählt von den Reibereien zwischen Berg und Tal.
Immer wieder gab es Bestrebungen der Hussenhofer, sich von Herlikofen zu trennen — das war unter anderem 1931 bei einer Bürgerversammlung Thema, dann wieder 1947 sowie in den Jahren 1962 bis 1969, als Hussenhofen zu Gmünd kam und sich das Thema Selbständigkeit erledigt hatte. Besonderes Augenmerk schenkt Dangelmaier in seiner Remsgockel-​Spurensuche dem Jahr 1947. Damals träumte Chef des Gasthauses Gelbes Haus von der Selbstständigkeit. Zu dieser freilich fehlte ein Wappen, wie er feststellte — und entsprechend erteilte er dem ortsansässigen Künstler Emil Oker (1920 bis 1997) den Auftrag, ein solches zu entwerfen (unten links).
Am Samstag, 12. Februar 1949, stand in der Rems-​Zeitung unter dem Titel „Künstler der jungen Generation“ Folgendes zu lesen: „Der Privatinitiative des „Gelb Seff“, dem Besitzer des bekannten Gelben Hauses in Hussenhofen, ist es zu verdanken, dass die Gemeinde, die bisher ohne Wappen war, nun vor einiger Zeit das hier abgebildete Wappen erhielt. Das Wappen trägt sowohl der schriftlichen und mündlichen Überlieferung der Geschichte von Hussenhofen Rechnung. Es wurde von einem Sohn der Gemeinde, Emil Oker, 1947 in Messing geschlagen. Der Künstler entnahm die Idee des Wappens teilweise aus der Geschichte der Gemeinde Hussenhofen von Dekan Hirner. Darin ist des Öfteren von einem Ritter Huho, der eine Burg in Benzfeld bewohnt haben soll, die Rede. Der Hahn in dem Wappen stellt den Rems-​Gockel dar, den sich die Hussenhofener als mündlich überliefertes Symbol zu eigen gemacht haben. Der Künstler, der sich dem Beruf des Stahlgraveurs, Ziseleurs und auch Bildhauerei zugewendet hat, ist ein Schüler der Gmünder Fachschule unter Prof. Schmid und und Prof. Feuerle. Zurzeit zeigt E. Oker einige seiner Arbeiten im Kunstgewerbegeschäft Sommer in der Ledergasse.“
Mittlerweile wird davon ausgegangen, dass es in Hussenhofen niemals einen Ritter gab, weder einen Huho noch einen Husso. Der Gockel aber war und ist Wahrzeichen von Alters her.
1965 waren die Uniformen der Musikkappelle erstmals mit einem Gockel geschmückt. Im Jahr 2000 verlieh OB Rembold Hussenhofen ein Ortssignet (unten rechts). Im Unterschied zu einem Wappen bezieht sich das Signet auf ein verbindendes, Gemeinschaft stiftendes Symbol, und das war in Hussenhofen der – von Hermann Kugler gestaltete — schreitende Gockel. Der Hahn als Symbol hat mehrfache Bedeutung: Er gilt als Symbol des frühen Gotteslobs, des anbrechenden Tages und damit des Sieges über die Nacht. Auch für Wachsamkeit steht so ein Gockel und den Kampf für Gerechtigkeit und gegen weltliche Versuchungen. Der Dorfbrunnen, 2001 vom im vergangenen Jahr verstorbenen Gmünder Künstler Sepp Baumhauer gestaltet, ist von drei in Bronze gegossenen Skulpturen geprägt — unter anderem vom Remsgockel, wie könnte es anders sein. Der Ursprung der Verbindung Hussenhofens zum Gockel ist diejenige der Straßdorfer zum Kälblesjäger, der Lindacher zum Bären, der Mutlanger zum Maulesel: Es handelt sich um aus Schwanksagen, Schildbürgerstreichen und Sprachspielereien entstandene Necknamen. Wie Hussenhofen genau auf den Gockel kam, darüber lässt sich bis heute trefflich spekulieren.

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