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Kritik an der Streichung der Entlastungsstunden und der Hausaufgabenbetreuung am Rosenstein-​Gymnasium Heubach

„Niemand traut sich“ — in diesem Land, in diesem Umfeld ein erstaunlicher, gleichwohl des öfteren zu hörender Satz wenn es um Kritik an Kürzungen geht, die Lehrende und Lernende an empfindlicher Stelle treffen. Um Kritik an der Bildungspolitik im Land. Johannes Josef Miller, Rektor des Rosenstein-​Gymnasiums, und die Elternbeiratsvorsitzende Petra Lange trauen sich.

Freitag, 21. Juni 2013
Rems-Zeitung, Redaktion
2 Minuten 40 Sekunden Lesedauer

HEUBACH (bt). Als Beamter sehe er sich zur Loyalität verpflichtet, sagt Miller – Loyalität bedeutet für ihn aber auch, Alarm zu schlagen, wenn etwas aus dem Ruder läuft. Das gehöre nicht nur zum Selbstverständnis eines Demokraten, es sei ja auch von der grün-​roten Regierung ausdrücklich gewünscht. Von den Musik-​AGs mal abgesehen, bei denen freilich auch Kürzungen erwartet werden, fallen am Rosenstein-​Gymnasium alle Arbeitsgemeinschaften weg, so Miller, der keinen Zweifel daran lässt, dass der entsprechende Organisationserlass des Kultusministeriums die Schule in ihrem Selbstverständnis trifft. Da ist das Kooperationsprojekt mit der Förderschule Mörikeschule die sterben soll – eine Kletter-​AG, in der so viel mehr gelernt wird, als eine Wand anzugehen. Miller: „Das tut mir in der Seele weh.“ Er hat „Literatur und Theater“ als Abiturfach eingeführt – ohne Theater-​AG, erklärt er, sei das zum Scheitern verurteilt, einfach weil die Basis fehle. Miller weiß gar nicht, wo anfangen oder aufhören: Da ist ein NWT-​Lehrer, der in einer der AGs, die nun zur Disposition stehen, mit naturwissenschaftlich und technisch interessierten und talentierten jungen Leuten die Möglichkeiten der Schüler-​Ingenieur-​Akademie vertieft. Der Aktionsplan „111 Arten“. Oder ein naturwissenschaftliches Projekt, in dem alle Grundschulen im Einzugsbereich sowie die Lindacher Montessori-​Schule zu chemischen Versuchen eingeladen werden – Brücken bauen zur Chemie und zum Gymnasium, nennt sich das. Staunen, Begeisterung, Neugierde wecken wollen: Das macht auch für Miller das Lehrersein aus, und das werde, so die deutliche Kritik aus Heubach, künftig am Rosenstein-​Gymnasium wie an vielen anderen Schulen erschwert. Es geht ja nicht nur um die AGs, sondern auch um die in Heubach „Fachtraining“ genannte Hausaufgabenbetreuung. Für Miller, der dieses Angebot verdreifacht hat, in der Erkenntnis, hier wirklich etwas für Bildungsgerechtigkeit tun zu können, ist auch das ein schwerer Schlag: Immerhin könne sich nicht jede Familie Nachhilfe leisten. Bildungsarmut und materielle Armut gleichermaßen seien Thema, ergänzt Petra Lange für die Eltern. Zudem bestehe mit diesem ergänzenden Angebot die Möglichkeit, Schülerinnen und Schülern für eine lohnende Aufgabe zu gewinnen und zu qualifizieren, somit Lehrkräfte aus den eigenen Reihen zu rekrutieren und die Schule damit in mehr als einer Hinsicht zu stärken. Insgesamt 15 bis 20 Wochenstunden werden fehlen in Heubach, so Miller. Die im Bildungsplan formulierten „hehren Ziele“ seien mit den beschlossenen Kürzungen nicht zu erreichen – außer eben mit ehrenamtlichem Engagement. Dass darauf spekuliert wird, vermutet Lange. Wie Miller bedauert sie sehr, ausgebremst zu werden – ausgerechnet jetzt überdies, wo in Heubach von Stadtverwaltung, Schulen und vielen anderen Beteiligten ein wirklich bahnbrechender Schulentwicklungsplan erarbeitet wird, der bis in die Kindergärten ausstrahlt. „Wie sollen wir unsere Ganztagesschule führen, wenn das Herzstück fehlt“, richtet Petra Lange den Blick auf einen weiteren Aspekt der Kürzungen und Streichungen, die ja bei weitem nicht nur Gymnasien treffen. So bedauert Johannes Josef Miller vor allem, dass in Grundschulen nur noch Pflichtbereiche vorgesehen seien: „Hier könnte man viel früher eingreifen, wenn etwas schiefläuft.“ Hier täte Protest und Kritik wirklich Not. Auch in Heubach ist, wie berichtet, unter anderem durch die Umstellung auf das achtjährige Gymnasium eine enorme Überstundenbugwelle angewachsen, die abgebaut werden will. Miller meint, hier stehe er bei den Kollegen im Wort und verweist auch auf entsprechende Zusagen der Landesregierung – die entsprechende Umsetzung aber lasse auf sich warten. Nicht um „Jammern auf hohem Niveau“ geht es den beiden, sondern um das Bemühen, dieses Niveau halten zu können. Dass Einsparungen notwendig sind, sei einzusehen, so Schulleiter Miller – er sehe aber viel größeres Potential in einer Verschlankung des „ausufernden Bürokratismus“. In vielen Bereichen habe sich die Belastung durch die Administration vervielfacht – etwa wenn statt einem nun vier Lehrerberichte im Jahr anstehen.

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