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Nachrichten Schwäbisch Gmünd

Alfred Dehr feierte 100. Geburtstag

Wer sich mit dem Gmünder Alfred Dehr unterhält, der tut dies mit Neugier und Freude; vor allem aber mit Staunen. Denn nur selten kommt es vor, dass ein 100-​Jähriger derart fit ist und vor Lebensfreude sprüht.

Samstag, 24. August 2013
Rems-Zeitung, Redaktion
3 Minuten Lesedauer

SCHWÄBISCH GMÜND (nb). Abschiednehmen von geliebten Menschen; erfahren, wie grausam ein Krieg sein kann; der Kampf, ein normales Leben zu führen – all das ist ihm nicht fremd. Doch es sind die glücklichen Jahre, von denen Alfred Dehr, der gestern seinen 100. Geburtstag feierte, auch heute noch zehrt.
Und dazu gehören an erster Stelle die Erinnerungen an all die schönen Momente, die er mit seiner Wilhelmina erleben durfte – wie lange sie miteinander verheiratet waren, weiß Alfred Dehr auf den Tag genau: „72 Jahre, fünf Monate und 25 Tage“. Sie stammte aus Münsingen (Landkreis Reutlingen); kennengelernt haben sich die beiden über gemeinsame Bekannte; 1938 heirateten sie.
Alfred Dehr ist in Gmünd geboren und musste schon in jungen Jahren den Verlust der Eltern verkraften. Aufgewachsen ist er gemeinsam mit seinen zwei Brüdern und seiner Schwester bei den Großeltern.
Nur einmal kehrte der Gmünder seiner Heimatstadt für kurze Zeit den Rücken und ging nach Pforzheim, wo er für seine Arbeit als Uhrmacher etwas besser bezahlt wurde als in der Stauferstadt. Nach dem furchtbaren Luftangriff im Zweiten Weltkrieg kehrte Dehr zurück.
Wann immer Zeit blieb, widmete sich der fleißige Bifora-​Mitarbeiter dem FC Normannia Gmünd. Er spielte dort in der B-​Jugend und erinnert sich noch gut, wie er mit den anderen Buben stets mit einer Persil-​Schachtel zum Training ging – für eine Sporttasche hatten damals nur die wenigsten Geld. Bis vor wenigen Jahren war Dehr als Zuschauer bei den Spielen des FCN anzutreffen; auch bei Auswärtsspielen war er dabei. „Seit dem 28. April 1928 bin ich Normannia-​Mitglied“, sagt er stolz. Doch so wie es bei einem eingefleischten Fußballfan nun mal ist, so war es auch bei ihm: der Blutdruck schoss bei so manchem Spiel regelmäßig in die Höhe und so fasste Dehr irgendwann den Entschluss, sich anderweitig über den Spielverlauf zu informieren. Lange Zeit hatte es Tradition, dass er sich bei Spielen des FCN auf den Balkon seiner Wohnung in der betreuten Seniorenanlage bei St. Anna stellte und je nach Jubel darauf schloss, ob und wie oft das runde Leder im Tor landete.
Früher wie heute informiert er sich auch gerne in der Rems-​Zeitung darüber und wenn Dr. Joachim Bläse ihn besucht, dann wird der Saisonverlauf gemeinsam analysiert. Dehr kannte Bläses Großvater und freut sich immer wieder, wenn er den Gmünder Bürgermeister trifft. Und mit Blick auf die zahlreichen Artikel in der Rems-​Zeitung, meinte Dehr gestern: „Bläse ist der fleißigste Mann in der Stadt.“ Und unterstrich dies: „Der Kerle isch ja dauernd fort.“
Auch sonst ist Dehr über das aktuelle Tagesgeschehen bestens informiert. Dass nach dem Frühstück, das er sich selber zubereitet, die Zeitung gelesen wird, hat Tradition – stets befasst er sich zunächst mit all dem, was in der Stadt vor sich geht. Darüber tauscht er sich auch gerne mit den anderen Bewohnern von St. Anna aus. Dehr ist stets ein willkommener Gesprächspartner und ist täglich in der Cafeteria, wo er zu Mittag isst, anzutreffen. Auch an den Festen und Gottesdiensten in Seniorenzentrum nimmt er stets teil.
Dehrs „Minnerle“, wie er seine Frau liebevoll nannte, ist auch vielen anderen St. Anna-​Bewohnern in bester Erinnerung. Bis zuletzt sind beide zum Mittagessen gekommen und haben – verliebt wie am ersten Tag – bei so manchem Fest auch das Tanzbein geschwungen. Dass er so viele Jahre gemeinsam mit seiner Frau durchs Leben gehen durfte, ist vermutlich das schönste Geschenk, das er je in seinem Leben bekommen hat. Die beiden haben viele Jahre auf dem Zeiselberg gewohnt; anschließend lebten sie – ebenfalls mehrere Jahre – in der Parlerstraße.
Bereits lange vor dem Umzug nach St. Anna im Jahr 2001 informierte sich Dehr genauestens und bevor er sich für eine Wohnung entschied, spazierte er mehrmals an der Betreuten Seniorenanlage vorbei. Der Grund: „Ich habe geschaut, wo die Sonne am längsten scheint.“ Auch nach den Nachbarn erkundigte er sich und als er den Namen Oskar Kucher hörte, sagte er sofort: „Dann will ich neben den ziehen.“ Auch mit seinem Schulkameraden, dem kürzlich verstorbenen Pfarrer Luiz, verband ihn eine sehr innige Freundschaft.
Lange Zeit aktiv war Alfred Dehr auch für den AGV 1913, den er im Jahr 1946 zusammen mit einem Altersgenossen gegründet hatte. Weitere Hobbys waren das schwimmen im Gmünder Hallenbad und das wandern mit der Albvereinsgruppe.
Auch Wilhelmina Dehr war mit vielen Lebensjahren gesegnet; sie ist vor drei Jahren im Alter von 99 Jahren gestorben.

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