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Nachrichten Schwäbisch Gmünd

Gmünder Unimog-​Traditionsfahrt zum Stuifen

Der leidenschaftliche Gmünder Unimog-​Historiker Egon Spiller ist ein weiteres Mal Organisator eines Treffens, das dem Wirtschaftswunderkind gewidmet ist: Der Unimog lernte in der Silberwarenfabrik Erhard & Söhne an der Weißensteiner Straße und dann am Albtrauf das „Laufen“.Vom 3. bis zum 5. Oktober findet auf der Gartenschau eine Unimog-​Ausstellung mit Vorführungen statt.

Mittwoch, 01. Oktober 2014
Rems-Zeitung, Redaktion
1 Minute 57 Sekunden Lesedauer

Es war so eine spontane und doch denkwürdige Idee diese Traditionsreise im Vorfeld der Gmünder Unimog-​Ausstellung in Richtung Waldstetten.
Der Reihe nach: Bei Egon Spiller in der Weißensteiner Straße steht im Vorfeld der großen Unimog-​Ausstellung eine wertvolle Leihgabe eines Bekannten: Einer der wenigen noch erhaltenen, jedoch komplett funktionsfähigen Unimogs aus der ersten Produktionsserie. Die sechs Prototypen waren in den Nachkriegsjahren unter bescheidenen und abenteuerlichen Bedingungen bei Erhard & Söhne entwickelt und gebaut worden. Doch aus Kapazitätsgründen wurde dann die Serienproduktion der ersten 600 Stück an die Maschinenbaufabrik Boehringer nach Göppingen abgegeben, wobei Erhard & Söhne und auch die ZF wichtigste Zulieferer für die Bauteile blieben. Der erste 25-​PS-​Dieselmotor kam von Daimler. Durch vertrauensvolle Kontakte ist nun Egon Spiller an einen dieser Ur-​Unimogs heran gekommen. Das Überraschende: Obwohl Baujahr 1950, ist dieses Gefährt sogar noch voll im Einsatz. Unglaublich!
In der damaligen Erprobungsphase wagten die Ingenieure von der Weißensteiner Straße aus die ersten Erprobungsfahrten Richtung Stuifen und Hornberg. Also los geht’s, machen wir’s nach! Der typische Unimog-​Sound wirkt vertraut. Doch schon das Einsteigen ist eine Tortur. Wohin nur mit den Beinen? Gleichzeitig auch den Kopf einziehen! Schon wenig später drohen beim Versuch, sich irgendwo festzuhalten, Verbrennungen an der Hand oder am Knie. Denn die metallene Verkapselung des Motors reicht in das enge Führerhaus hinein. Egon Spiller lacht: „Dieser Effekt ersetzte im Winter die fehlende Fahrzeugheizung. Da konnten sich die Bauern zwischendurch prima die Hände wärmen.“ Ja gut , aber im Sommer? Einfach das Textil-​Dach aufklappen und Finger weglassen!
Ein ruckartiger Galopp mit Sprüngen. Ein furchtbares Gerumpel. Wo sind die Sicherheitsgurte? Unhistorische Frage. Raus geht’s Richtung Waldstetten. Was mögen die Gmünder Ingenieure bei dieser Tour vor fast 70 Jahren wohl empfunden haben. Ehrfürchtiges Nachdenken ist bei unserer Traditionsfahrt angesagt. Damals waren die Tüftler angetreten, um einen friedlichen, schwäbischen Jeep zu entwickeln, so ein Zwischending zwischen den Fähigkeiten eines Traktors und eines Lieferwagens, der die Bauern in die Lage versetzen sollte, sowohl Ackerarbeit zu leisten als auch die Produkte auf die Märkte zu transportieren. Universal-​Motor-​Gerät hieß das Projekt, das damals auch der US-​Besatzungsmacht schmackhaft gemacht werden musste. Denn die Siegermacht wollte unter allen Umständen vermeiden, dass in Deutschland wieder eine große Fahrzeug-​, mithin Rüstungsindustrie aufgebaut wreden konnte. Kurios: schon einige Jahre später gab die Schweizer Armee eine der ersten Unimog-​Großbestellungen auf. Viel kleiner und wendiger als ein Golf, ‘zigmal leistungsfähiger und langlebiger sowie mit Zapfwellen für den Antrieb von Mähbalken, Säge, Dreschwerk oder Holzspalter ausgestattet. Unbequemlichkeit egal. Was damals in Gmünd an Nützlichkeit entwickelt wurde, gehört in eine Liste UNESCO-​Weltautomobilerbes.

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