Direkt zum Inhalt springen

Nachrichten Kultur

Beflügelte Nacht: Bewegung, Klang, Ausdruck

Die „Beflügelte Nacht im Schwörhaus“, einst angestoßen, um den neuen Steinway gänzlich abzubezahlen, hat sich längst zu einer festen Größe entwickelt. Stipendiaten und Profis spielten.

Dienstag, 21. Oktober 2014
Rems-Zeitung, Redaktion
2 Minuten 29 Sekunden Lesedauer

KONZERT (jb). Traditionell eröffneten die Stipendiaten des Fördervereins das Konzert: Lea Hann, die mit elf Jahren jüngste Stipendiatin, trug auf der Violine Stücke von Antonio Vivaldi und Dmitri Kabalewski vor, begleitet von Valentine Weingardt. Darauf präsentierte Rabea Schlienz am Klavier den französischen Komponisten Jacques Ibert, ehe Katharina Purr (Violine) und Eva Abzieher (Klavier) das Stipendiatenkonzert mit dem 1. Satz der Violinsonate F-​Dur von Edvard Grieg beschlossen. Die jungen Musiker ernteten viel Applaus von den Zuhörern, die sich von deren Musikalität und ihrem vielversprechenden Talent überzeugen konnten.
Wie sich Stipendiaten des Fördervereins musikalisch weiterentwickeln können, zeigte im zweiten Teil des Konzerts Wolf Reucher. Einst hatte er in der städtischen Musikschule Klavier– und Blockflötenunterricht, trat im Rahmen der Schwörhauskonzerte auf. Der heute 26-​Jährige studierte Klavier in Nürnberg und Norwegen, spezialisierte sich auf die Interpretation nordischer sowie spanischer Musik und kehrte gerne in seine alte Musikschule zurück, um bei der Beflügelten Nacht dabei zu sein. Mit Manuel de Fallas „Pièces Espagnoles“ und der „Fantasia Bética“ entführte er das Publikum mit großer Fingerfertigkeit auf eine musikalische Reise durch Spanien. Die impressionistische Musik ist voller Gegensätze, mal lebhaft, energisch und temperamentvoll, dann wieder verträumt, melancholisch und verhalten. Aus malerisch dichten Mixturklängen bricht die Musik auf, einer Vulkaneruption gleich, und energische Läufe sowie perkussive Rhythmen lassen vor dem inneren Auge der Zuhörer eine andalusische Tänzerin wirbeln, deren Kastagnetten im Takt klingen.
Auch im dritten Teil präsentierte sich ein ehemaliger Schüler der Musikschule: Jens Düppe, der dort das Schlagzeugspiel erlernte und später in Weimar, New York und Amsterdam Jazzmusik studierte. Düppe wollte seiner Heimatstadt ein ganz individuelles Konzert schenken. Was er sich überlegt hatte, war für die Stadt Gmünd tatsächlich völlig neu.
Zuerst zeigte er als Solist eindrucksvoll die vielfältigen Möglichkeiten, die das Schlagzeug bietet. Aus dem Moment ließ er eine rhythmische Musik entstehen, einzelne Trommelschläge steigerten sich zu einem wahrlichen Gewitter aus donnernden Schlägen und hellem Beckenrauschen, immer wieder ließ Jens Düppe neue Ideen und Klänge einfließen, ein An– und Abschwellen durchzog den Dialog, den die unterschiedlich großen Trommeln und Becken hervorriefen.
Gespannt folgten die Zuhörer dem Ungewöhnlichen, Düppes rhythmisch-​fließenden Bewegungen waren ein Fest für die Augen. Nachdem die letzten Trommelschläge wie Regentropfen an einem Fenster verklungen waren, trat Düppes ehemaliger Schulkamerad und jetziger Münsterorganist Stephan Beck hinzu. Gemeinsam führten sie Düppes Komposition „Gd“, ein Stück von und für Gmünd auf. Grundlage sind die Tonarten G-​Dur und d-​Moll, Klavier und Schlagzeug stehen in ständigem Dialog, ja sogar im Wettstreit, den das Schlagzeug in Sachen Lautstärke eindeutig für sich entschied. Die leisen Töne kamen jedoch auch nicht zu kurz, eine ruhige Klaviermelodie kommentierte Düppe simultan mit dem Xylophon, was an das Glockenspiel des Gmünder Rathauses erinnerte. Düppes zweites, lyrischeres Stück, eine arrangierte „Allemande, die keine ist“ ließ das Publikum mit den ersten Klängen an mitgehen.
Zum krönenden Abschluss kam es zum ungewöhnlichsten Auftritt des Abends: Jens Düppe am Schlagzeug begleitete die Tänzerinnen Karren Foster, Elena Foster und Vivien Betz. Musikalisch und tänzerisch ausdrucksvoll setzten sie gemeinsam die vier Elemente improvisatorisch in Szene. Dunkle Trommeln zur erhabenen Erde, fließende Synthesizerklänge zu wirbelndem Wasser, Tonglocken, durch die Luft wie ein Windspiel zum Klingen gebracht, und hell aufloderndes und schnell flackerndes Feuer zu rasant-​rhythmischer Perkussion. Bewegungen, Klang und Ausdruck formten sich zu einer stimmigen Einheit, was den Akteuren staunende Bewunderung und langanhaltenden Beifall einbrachte.
Damit ging eine beeindruckende Beflügelte Nacht im Schwörhaus zu Ende. Eine Nacht, die Freude machte, auch über den engagierten Förderverein, dem es ein Anliegen ist, die vorzügliche Musikschularbeit zu unterstützen.

14 Tage kostenlos und unverbindlich testen?
Das RZ-Probeabo - digital oder klassisch mit Trägerzustellung

3384 Aufrufe
599 Wörter
3467 Tage 13 Stunden Online

Beitrag teilen

Hinweis: Dieser Artikel wurde vor 3467 Tagen veröffentlicht.


QR-Code
remszeitung.de/2014/10/21/befluegelte-nacht-bewegung-klang-ausdruck/