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Nachrichten Schwäbisch Gmünd

Blauäugig oder mit Vorsatz gehandelt?

Zwei Unternehmer stehen seit Donnerstag wegen vorsätzlicher Insolvenzverschleppung vor Gericht.

Freitag, 24. Oktober 2014
Rems-Zeitung, Redaktion
2 Minuten 2 Sekunden Lesedauer

SCHWÄBISCH GMÜND (kos). Eines der ersten Unternehmen, das sich vor und 40 Jahren im damals neuen Gewerbegebiet Brain-​kofen ansiedelte lief lange Zeit gut, doch der Inhaber fand keinen Nachfolger in der Familie, so dass er seine Firma, die bis zu 40 Beschäftigte hatte, an drei Mitarbeiter übergab.
Bis dato hatte die Firma über eine gute Auftragslage verfügt, doch in der Folgezeit ging es nicht mehr so gut weiter. Das Gegenteil war der Fall, und die Lage verschlechterte sich immer mehr. Bevor es jedoch zu der Insolvenzbeantragung kam, veräußerten die neuen Besitzer die Firma an einen österreichischen Geschäftsmann, der jedoch schließlich auch insolvent wurde.
Am Donnerstag standen die beiden 63 und 65 Jahre alten Besitzer vor dem Gmünder Schöffengericht und Amtsgerichtsdirektor Klaus Mayerhöffer. Dort warf ihnen Staatsanwalt Böhmer, nachdem das Verfahren gegen den dritten Angeklagten abgetrennt worden war, vorsätzliche Insolvenzverschleppung vor. Sie hätten von der Zahlungsunfähigkeit der Firma gewusst und sie hätten trotzdem an einen Interessenten aus Österreich verkauft.
Vorher jedoch – so ging es aus den Befragungen von Staatsanwalt und Amtsgerichtsdirektor hervor – hätten sie die Firma noch weiter geführt und Materialien in großem Umfang bestellt, und auch Montagearbeiten im In– und Ausland ausführen lassen,. Unter anderen durch einen Geschädigten aus Slowenien für mehrere zehntausend Euro oder durch andere Geschädigte auf Baustellen in Kirchheim/​Teck und Heilbronn.
Schließlich hätten sich ihre Verbindlichkeiten auch durch immer weitere Kredite bei Volksbank und Kreissparkasse über die Millionenhöhe hochgeschraubt.
Gegenüber Amtsgerichtsdirektor Mayerhöffer wurde gestern erklärt, dass anfangs (also nach ihrer Geschäftsübernahme) die Firma weiter gut gelaufen sei. Dann aber sei man in Liquiditätsschwierigkeiten gekommen, als man größere Aufträge auch habe vorfinanzieren müssen.
Große Aufträge von EON und einer holländischen Firma seien ihnen entzogen worden. So sei der Umsatz von erwarteten rund zehn Millionen Euro auf rund die Hälfte gesunken. Die Suche nach einem Investor sei erfolglos geblieben.
Festgestellt wurde vom Gericht, dass es dann auch Probleme mit der Handwerkerschaft und den Krankenkassen gegeben habe. Der Amtsdirektor stellte fest, dass dann die Kreditverbindlichkeiten immer höher geworden seien, obwohl die Umsätze immer weiter gesunken seien, so dass man wohl die Frage der Überschuldung stellen müsse. Dann aber sei ein Interessent aus Österreich im Internet gefunden worden, dem man schließlich die Firma für einen fiktiven Preis verkauft habe mit der Maßgabe, weiterhin für diesen als Subunternehmer tätig zu sei.
Bei all dem konnte es sich der Amtsgerichtsdirektor nicht versagen, zu fragen, ob es da nicht bei ihnen geklingelt habe, als man sich auf dieses Geschäft eingelassen habe. Man habe sich weder über den Käufer kundig gemacht, noch sich nachweisen lassen, ob dieser überhaupt solvent gewesen sei. Das sei mehr als blauäugig gewesen.
Die beiden Angeklagten konnten sich aber zu eindeutigen Auskünften nicht durchringen, so dass die Frage offen bleibt, ob sie weniger aus Vorsatz oder tsächlich mehr als blauäugig gehandelt hatten.
Am Donnerstag, 30. Oktober, und am 11. November, wird der Prozess mit dem Hören etlicher Zeugen fortgesetzt.

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