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Nachrichten Schwäbisch Gmünd

Restaurator Karl Fiedler beim Münsterbauverein über die Konservierung der Wandmalereien in der Johanniskirche

„Gotisiert, barockisiert und re-​romanisiert“ und damit „eine modebewusste Basilika nach staufischem Schnittmuster“. Mit dieser Charakterisierung der Johanniskirche begrüßte Professor Dr. Hubert Herkommer eine stattliche Zahl von Interessierten, die im Franziskaner– Refektorium zusammengekommen war, um sich von Restaurator Karl Fiedler über die einzelnen Arbeitsschritte bei der Restaurierung und Konservierung der Wandmalereien informieren zu lassen.

Mittwoch, 12. November 2014
Rems-Zeitung, Redaktion
1 Minute 51 Sekunden Lesedauer

SCHWÄBISCH GMÜND (brd).
Nach einem kurzen historischen Rückblick auf die vielen Umbauphasen präsentierte Karl Fiedler seine Arbeit an den Malereien des Rottenburgers Karl Dehner aus dem Jahr 1879. Entsprechend der These, nach welcher „das Mittelalter knallbunt“ war, hatte dieser seine leimgebundenen Bilder und Ornamente direkt auf eine auf den Sandsteinen liegende Tüncheschicht aufgemalt.
Nach so langer Zeit haben Schmutz, Bindemittelabbau und Oberflächenspannung zu großen Schäden geführt, die jetzt Stück für Stück in Angriff genommen worden sind, insgesamt 1000 Quadratmeter. Herausgelaufenes Verpressmaterial einer Mauerwerksanierung hatte zusätzlich in den 1970er Jahren zu unwiederbringlichen Ablösungen von Malschichtpartikeln geführt. Mörtelverlust im Fugenbereich und Risse taten ihr Übriges.
Nach der ersten Reinigung, bei welcher der Staubsauger nur mit äußerster Vorsicht zum Einsatz gekommen sei, und der mechanischen Abnahme von Verpressmaterial mit dem Skalpell ging es an die Sicherung der hoch empfindlichen Malschicht, die teilweise durch Kondenswasser unterhalb der Fenster sogar einfach abgespült worden sei. Das neue Bindemittel auf Alkoholbasis zur Befestigung der Malerei konnte weder aufgesprüht, noch angestrichen werde, berichtete Fiedler. Es wurde aufwändig auf feines Japanpapier aufgebracht, welches anschließend im Nasszustand wieder verlustfrei abgezogen werden konnte, was größtmögliche Erfahrung und Übung voraussetzte. Manchmal war auch der Einsatz des Lasers gefragt. Fugen und geschädigte Steinbereiche mussten besonders sorgfältig bearbeitet werden, um ein Ausfließen auf die Umgebung zu verhindern. Bei der anschließenden Diskussion ging es hauptsächlich um den Begriff des Konservierens im Gegensatz zum Renovieren. Fiedler betonte immer wieder, dass es in der modernen Denkmalpflege um den Erhalt des Bestands gehe und nicht um „Nachmalen und Ergänzen“. „Man soll sehen, dass die Malerei über 100 Jahre alt ist!“ Aus dem „Respekt vor dem Original“ verbieten sich Retuschen von selbst. Unumgängliche Ergänzungen müssten als solche erkennbar sein. Alle waren sich bewusst, dass diese, in verschiedenen Bauabschnitten durchgeführte einjährige Arbeit aber auch nicht ewig halten würde. Deshalb wurde, so Fiedler, auf neuere, verschließende Farbbinder verzichtet, damit man auch in Zukunft wieder an allen Schichten arbeiten könne. Außerdem kennzeichnete er die matte und samtige Leimmalerei als „Träger der Ästhetik“, auch wenn sie gerade für diese Kirche nicht die geeignete sei. Das größte Problem sah er nämlich in der extrem hohen Luftfeuchtigkeit im Innenraum, die ein ausgeklügeltes Lüftungssystem notwendig mache.
Anschaulich und mit reichlichem Bildmaterial belegt hatte Restaurator Karl Fiedler an diesem Abend seine einzelnen Arbeitsabschnitte für die Anwesenden sichtbar werden lassen und damit eine wichtige Dokumentation für spätere Zeiten geschaffen.

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