Direkt zum Inhalt springen

Nachrichten Ostalb

Glocken schwiegen für den Krieg — der Heimat– und Geschichtsverein Gschwend erinnert daran

Große Ereignisse im kirchlichen und weltlichen Bereich kündigten die Glocken üblich an. Sie läuteten zu Kaisers Geburtstag, zu großen Siegen und anderen bedeutenden Ereignissen. Aber mitten im 1. Weltkrieg verstummten viele von ihnen. Die Materialknappheit bei der Herstellung von Waffen und Munition sorgte dafür, dass sie in den Schmelzöfen der Rüstungsindustrie verschwanden. Das gleiche Schicksal traf die großen Zinnpfeifen der Orgeln.

Montag, 01. September 2014
Rems-Zeitung, Redaktion
1 Minute 28 Sekunden Lesedauer

GSCHWEND.
Deutschland war vor dem 1. Weltkrieg eine aufstrebende Handelsmacht, die im Gegenzug zu Maschinen, Werkzeugen und anderen Fertigprodukten, über den Weltmarkt Lebensmittel, Baumwolle und die verschiedensten Rohstoffe bezog. Bei Kriegseintritt versiegten diese Handelsströme, vor allem durch die englische Seeblockade. Dadurch verschlechterte sich die Versorgung bei Getreide und vielen Rohstoffen. Es kam zur Mangelwirtschaft und damit zur Kriegsbewirtschaftung in allen Lebensbereichen.
Die Führung versuchte durch Sparappelle den Verbrauch vor allem durch Hinweise auf die nationale Gesinnung und die Unterstützung der kämpfenden Truppen im Feld einzuschränken.
Das probate Mittel zur Verbesserung der schwierigen Versorgungslage, vor allem der Kriegsindustrie, waren Sammlungen, besser Zwangsabgaben von unterschiedlichsten Materialien, die unter Androhung drakonischer Strafen durchgeführt wurden. An erster Stelle stand der Bedarf an Metallen. Besonders Gegenstände aus Kupfer, Zinn, Zink, Blei, Nickel und Messing wurden für Kriegszwecke benötigt.
So sollten Haushalte Zinnsoldaten, Kupfermünzen, die Deckel von Zier– und Erinnerungskrügen und Haushaltsgegenstände wie Kupferkessel, Gugelhopf-​Formen und Zinngeschirr abgeben. Ein anderes Problem war der Fasernotstand. Stoffe waren fast ausschließlich aus der nun nicht mehr erhältlichen Baumwolle gefertigt worden. Deshalb sammelte man Woll– und Tuchreste, zerschlissene Wollsocken, Handschuhe und Flanellstoffe ein.
Ein fast untauglicher Versuch gegen den Fasernotstand war die Sammlung von Brennnesseln durch die Nesselfaser– und Verwertungsgesellschaft, an der sich alle Volksschichten beteiligen sollten.
In gleicher Weise wurden ölhaltige Samen gesammelt – von Apfelkernen bis Bucheckern. Damit sollte die „Heimatfront“ zum Sieg des deutschen Volkes beitragen.
Zur Veranschaulichung dieser Sammeltätigkeit wird das Team des Heimatmuseums eine kleine Ausstellung aufbauen und entsprechende Aufrufe und Strafandrohungen präsentieren.
Das Heimatmuseum in der Mitte des Gschwender Ortsteils Horlachen ist am Sonntag, 7. September, von 14 bis 17 Uhr geöffnet. Im Gegensatz zur Kriegskost mit Muckefuck, Kartoffelbrot und Kommißbrot im August bietet die Trachtengruppe wieder echten Bohnenkaffee und hervorragenden Kuchen und Torten an.

14 Tage kostenlos und unverbindlich testen?
Das RZ-Probeabo - digital oder klassisch mit Trägerzustellung

1682 Aufrufe
353 Wörter
3523 Tage 15 Stunden Online

Beitrag teilen

Hinweis: Dieser Artikel wurde vor 3523 Tagen veröffentlicht.


QR-Code
remszeitung.de/2014/9/1/glocken-schwiegen-fuer-den-krieg---der-heimat--und-geschichtsverein-gschwend-erinnert-daran/