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Skispringen, Nordische Ski-​WM: Interview mit Bundestrainer Andreas Bauer zur Doppel-​Weltmeisterschaft von Carina Vogt

Laut Andreas Bauer braucht Carina Vogt erst einmal ein paar Tage in ihrer vertrauten Umgebung in Waldstetten, um überhaupt zu verstehen, was sie bei der Nordischen Ski-​WM im schwedischen Falun am Freitag und Sonntag mit den beiden Goldmedaillen geschafft hat. Im RZ-​Interview spricht der Skisprung-​Bundestrainer der Damen über „seine“ Doppel-​Weltmeisterin.

Dienstag, 24. Februar 2015
Rems-Zeitung, Redaktion
3 Minuten Lesedauer

Herr Bauer, wie sind die Feierlichkeiten am Sonntag nach dem Sieg der deutschen Mannschaft im Mixed-​Wettbewerb ausgefallen?
Wir haben spontan mit dem Team der nordischen Kombinierer, das nach 28 Jahren endlich wieder Gold gewonnen hat, gefeiert. Bei so einem Großereignis ist man auf alles vorbereitet, aber nicht auf eine Feier. Es war klein, aber fein. Wir haben laut Musik gehört, sind uns herzlich in den Armen gelegen und haben auf die beiden Goldmedaillen angestoßen.
Ist die Annahme richtig, dass das vergangene Wochenende das bislang schönste in Ihrer Karriere als Damen-​Bundestrainer war?
Der Olympiasieg von Carina Vogt in Sotschi im letzten Jahr war natürlich auch ein absolutes Highlight. In erster Linie bin ich dankbar, dass ich als Trainer einen Anteil zu den Erfolgen beitragen konnte. Und habe vor allem die beiden Siegerehrungen am Freitag und Sonntag genossen. Das sind immer die schönsten Momente.
Wie kann man das überhaupt in Worte fassen, was Carina Vogt in Falun mit gleich zwei Goldmedaillen vollbracht hat?
Carina wird ein paar Tage in ihrer Heimat brauchen, um das überhaupt erst so richtig realisieren zu können. Das sind grandiose Erfolge, die ihr zusammen mit dem Olympiasieg in den letzten zwölf Monaten gelungen sind.
Sie haben also in der Vorbereitung alles richtig gemacht? Auch mit ihrer Knie-​OP?
Auf alle Fälle. Das mit der Operation war eine Entscheidung für die Zukunft, weil es sich um ein Wachstumsproblem gehandelt hat. Dadurch kann Carina schmerzfrei springen, was nicht so unrelevant ist, um erfolgreich zu sein. Ich bin aber auch Carina dankbar.
Warum?
Weil sie uns das Vertrauen geschenkt hat und trotz der kurzen Vorbereitungsphase nicht hektisch geworden ist. Obwohl wir nur sehr wenig Zeit hatten, ist sie ruhig geblieben. Wofür man sonst acht Monate Zeit hat, das haben wir in diesem Jahr in vier Monaten geschafft.
Das spricht für das Team um Bundestrainer Andreas Bauer.
Das spricht vor allem für die Erfahrung, die wir haben, um die richtigen Entscheidungen zu treffen. Man braucht auch ein gewisses Fingerspitzengefühl, um zu sagen, wir lassen den letzten Weltcup vor der WM bewusst aus und trainieren dafür intensiv, um dann bestens vorbereitet nach Falun fahren zu können.
Blicken wir noch einmal zurück auf den Einzelwettbewerb am Freitag: Haben Sie nach dem ersten Durchgang noch an einen Sieg von Carina Vogt geglaubt oder eher auf Silber spekuliert? Die Führende Daniela Iraschko-​Stolz hatte vier Punkte Vorsprung.
Unser Ziel war von vornherein, um die Medaillen mitzukämpfen. Deshalb wäre die Silbermedaille schon ein riesiger Erfolg gewesen. Wenn es so eng zugeht, ist neben dem nötigen Quäntchen Glück die Tagesform entscheidend. Am Freitag war aber etwas anderes ausschlaggebend.
Was denn bitte?
Carinas Coolness. Nach dem ersten Durchgang gab es eine kurze, knackige Analyse. Danach hat sie ihre Kopfhörer aufgesetzt, Musik gehört, alles andere um sich herum ausgeblendet und sich nur auf ihren zweiten Sprung konzentriert.
Wo kommt diese Coolness nur her? Ist es die bescheidene Art, die Carina Vogt ausmacht?
Ja, das liegt eindeutig an ihrem Naturell. Eine Daniela Iraschko-​Stolz ist da ganz anders. Die hat in solch entscheidenden Momenten dann vielleicht nicht die Selbstsicherheit, die man braucht. Carina ist keine, die die Öffentlichkeit sucht. Carina bleibt introvertiert, hat aber das Selbstvertrauen, um zu wissen, dass sie sich auf das verlassen kann, was sie kann.
Im Mixed-​Wettbewerb am Sonntag ist Carina Vogt noch einmal stabil gesprungen. Wieder war auf sie Verlass. Haben Sie sich Sorgen gemacht, dass das nicht der Fall sein könnte nach ihrem Erfolg im Einzelwettbewerb?
Nein, überhaupt nicht. Carinas Sprünge waren mehr als in Ordnung, aber nicht ganz auf dem obersten Level. Insgesamt war das eine einwandfreie Teamleistung. Unser Team hat die stabilsten Sprünge gezeigt. Wir hatten im Vergleich zu Österreich und Japan keinen Ausfall.
Wie sollen der Olympiasieg und die Doppel-​Weltmeisterschaft noch getoppt werden? Wie lauten die nächsten Ziele?
Diese Erfolge sind spätestens nächstes Jahr schon wieder Geschichte. Da es 2016 kein Großereignis geben wird, ist der Gesamt-​Weltcup natürlich ein Thema. Da wollen wir mit Carina dann schon ein Wörtchen um den Gesamtsieg mitreden.
Vogt wünscht sich mehr Wettbewerbe von der Großschanze und träumt vom Skifliegen.
Das spricht für sie, dass sie immer neue Kicks sucht. Ich hoffe auch, dass mehr Springen von der Großschanze ins Damen-​Programm aufgenommen werden und kann das nur befürworten.

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