„Kinderwelt ist Bewegungswelt“ — Vortrag von Dieter Breithecker im Ärzteforum Gesundheit
Übervorsichtigen Eltern wird allein bei den Dias übel, die Dieter Breithecker in seinem Plädoyer für Bewegungsförderung zeigte. Sein Appell: Kinder müssen Risiken einschätzen lernen. Und eingehen dürfen.
Freitag, 02. Oktober 2009
Rems-Zeitung, Redaktion
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Grundlage für die Entwicklung der Kinder ist Breithecker zufolge die Chance, eigene Wege zu gehen. „Neugiergesteuertes Verhalten“ bringe das wachsende Gehirn des Kindes immer wieder aus seiner Balance, wodurch es immer wieder gefordert sei, sich neu zu strukturieren. Voraussetzung dafür: „Kinder brauchen Gelegenheiten ihre Aktivitäten selbst zu planen und zu gestalten“. Sich nach eigenen Bedürfnissen bewegen zu können, habe zudem für ihre Selbstwahrnehmung und für ihre Selbstbewertung eine besondere Bedeutung. Der beste Beweis für diese These war eine Bilderfolge, die zeigte, wie glücklich ein Mädchen war, das sich erfolgreich an eine Balancierübung gewagt hatte. Der Gegenentwurf wurde mit Begriffen wie „verplante Kindheit“ und „gutgemeinte Überbehütung“ vorgestellt. Durch verunsicherte Erwachsene würden Kinder in ihrem spontanen Bewegungswillen und Spieltrieb eingeschränkt. Die Folgen seien mehr als Übergewicht, Rückenschmerzen und vielerlei Probleme: Sie äußerten sich in mangelnden Verschaltungen der Zentren im Gehirn, was die Entwicklung massiv beeinträchtige. Ein Zustand, indem nicht auch Unvorhergesehenes passieren könne, sei zudem Fantasieprodukt: „Wir dürfen Kinder nicht in ständiger Sicherheit wiegen. Die meisten Unfälle geschehen, weil keine Gefahrenquellen gesehen werden.“
Über allem stand gestern also ein unbedingtes Eintreten für mehr Bewegung. Seine Erinnerungen an die Kindheit früherer Generationen sorgte für einige Lacher, machte aber auch deutlich, was Breithecker meint, wenn er sagt, motorische Aktivität sei das Instrument um die Umwelt wahrzunehmen und zu erfahren, um lernen, wie man handelt, organisiert, überlegt. Anhand einer Vielzahl neuerer Studien erklärte der Leiter der „Bundesarbeitsgemeinschaft Haltung und Bewegung“, Bewegung unterstütze den Prozess des Lernens, fördere biologische Ausdifferenzierungsprozesse, sorge für eine positive emotionale Atmosphäre, bereichere soziale Erfahrungen und fördere die Lernmotivation. Um zu zeigen, wie körperliche Aktivitäten Lernerfahrungen ermöglichen, ließ der Referent sein Publikum gar hüpfend Rechenaufgaben lösen. Die versammelte Kompetenz im Saal, die sich später auf dem Podium und aus dem Publikum zu Wort meldete, war meistens, nicht aber immer mit Breitheckers Positionen einverstanden.
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