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Premiere der „Geigenfee“-Inszenierung gestern Abend in Lautern

Die „Geigenfee“, ein biografisches Theaterspiel von Lisa Elser, wurde meisterhaft in Szene gesetzt von Johannes Dunkl, der von Co-​Regisseurin Marie-​Luise Zürn-​Frey unterstützt wurde. Das Stück erzählt die Geschichte eines hochbegabten Mädchens namens Anna Rohleder, die als Geigenvirtuosin gefeiert wurde. Von Karin Abele

Samstag, 24. Oktober 2009
Rems-Zeitung, Redaktion
5 Minuten Lesedauer

HEUBACH-​LAUTERN (en). Die ausverkaufte Premiere fand wieder in der festlich geschmückten Mehrzweckhalle statt und wurde, wie die authentischen Geschichten aus der Ortschronik („Der Nägelesschulmeister“, „Wir sind alle Lauterner“ und „Der Pfaffenberg zu Lautern“), veranstaltet vom Heimat– und Geschichtsverein. Das nun auf die Bühne gebrachte Stück spielt in den Jahren 1888 bis 1893. Johannes Rohleder war 32 Jahre Schultheiß und Fabrikant in Lautern. Er hat die Gemeinde Lautern mit seinem fortschrittlichen Denken bereichert und weiterentwickelt und prägte sie mit seiner starken Persönlichkeit. Rohleder war darüber hinaus sehr musikalisch, spielte in der württembergischen Militärkapelle und war ein begnadeter Meistergeiger. Er war Wiederbegründer und langjähriger Leiter des Rosensteinquartetts.
Diese Musikalität konnte er an seine Kinder weitergeben, ganz besonders an seine Tochter Anna. Ihre musikalische Begabung zeigte sich sehr bald, sie spielte im zarten Alter von sechs Jahren bereits Geige. Als der Vater der kleinen Anna nichts mehr beibringen konnte, schickte er sie zu dem damals berühmten Professor für Geigenspiel am Stuttgarter Konservatorium, Edmund Singer, einem aus Ungarn stammenden Geigenvirtuosen, wie im Heimatbuch „Köpfe und Käuze aus Lautern“ von Pfarrer Alois Dangelmaier nachzulesen ist.
Mit zwölf Jahren begann Anna’s Künstlerlaufbahn mit Konzerten in Schwäbisch Gmünd, Stuttgart, Aalen, Tübingen, Ulm, Ravensburg, Heilbronn und Rottweil. Ja sogar in Stuttgart im Schloss vor der württembergischen Königin Olga spielte sie. Dies waren glanzvolle Höhepunkte ihrer jungen Karriere. Mit ihrer kindlichen und bescheidenen Art eroberte die Violinkünstlerin die Herzen im Fluge. In der damaligen Presse wurde sie als virtuose „Geigenfee“ gefeiert und von ihren Kritikern sehr geschätzt.
Der Name Rohleder und Lautern waren für die Musikfreunde in ganz Württemberg zu einem Begriff geworden. 50 Jahre nach ihrem Tod war in der Aalener Nationalzeitung zu lesen „Wie ein Komet stieg das Künstlerleben der Anna Rohleder empor aus den Bergen der Alb, ihr Geigenspiel entzückte und begeisterte unzählige Menschen…“.
Der erste Teil des biographischen Theaterstücks beginnt in der Schule; die Schüler stürmen durch den Saal auf die Bühne. Pfarrer Böckeler (Hans Palzer) tritt herein und lernt mit ihnen das „Engelslied“. Emma (Monika Gröner), die Pfarrhaushälterin, bringt einen Brief von Josef (Andreas Haag), dem Theologiestudenten aus Lautern, mit einem Extragruß an Anna (Lisa Herbst). Zuhause bei Rohleders in der zweiten Szene zeigt Johannes Rohleder (Reinhard Müller) seine klare Vorstellungen und strenge Erziehung mit Meerrohr, die keinen Widerspruch duldet. Nicht einmal von seiner Frau Barbara (Simone Schmid), die versucht, Berta (Adina Brenner) zu verteidigen. Ihr antwortet er hart, Zucht und Ordnung kama net friah gnuag lerna. Den Willen von Alfons (Felix Kurzendörfer) will er mit dem Meerrohr brechen.
Die Mutter hat auch für den Landstreicher (Bernhard Deininger) ein offenes Ohr und gibt ihm einen Teller Suppe. Die Schläge des Vaters arbeiten in Alfons nicht nur zum Guten, sondern er will Rache üben und er nimmt aus Verzweiflung die goldene Taschenuhr von seinem Vater, die dieser nach seinem Mittagsschlaf sucht, bei der Befragung der Kinder wird sehr schnell der Landstreicher verdächtigt. Die Mutter Barbara Rohleder (Simone Schmid) ist müde und krank, ihre Schwester Marie (Erika Brenner) bringt einen Hefezopf und hilft beim Einkaufen.
Klar wird auch, dass Anna sehr unter der Strenge von ihrem Vater leidet. Alfons will sich seiner Mutter anvertrauen, wird jedoch durch die Rückkehr der Tante gestört. Die Mutter macht sich Sorgen, weil der Vater so streng zu den Kindern ist und Anna von einem Konzert zum anderen reist. Die Tante Marie ist fasziniert von dem Geigenspiel von Anna und wie stolz der Vater auf sie ist. Anna spielt das „Engelslied“.
Nach dem Tod der Mutter sorgt die Tante für die Kinder, und im Gespräch mit der Pfarrhaushälterin Emma (Monika Gröner) wird klar, dass Marie ihren Schwager Rohleder auch gern heiraten würde. Josef (Andeas Haag) bittet Anna bei seiner Primiz mit ihrer Geige zu spielen und gibt ihr einen Kuss auf die Wange. Anna (Lisa Herbst) erzählt ihrer Freundin Rosa (Melanie Grundmann) von dem Kuss, die meint, in dem Fall sei das ein Verstoß gegen das sechste Gebot und Anna müsse beichten.
Als der Vater deshalb wieder so streng ist, geht Anna mit Alfons zum Grab der Mutter. Bei dem Sturm auf das Pfarrhaus wird klar, wie der Landstreicher ums Leben kam und es muss die Frage geklärt werden, wo der Landstreicher beerdigt wird. Jedoch der Pfarrer (Hans Palzer) spricht eindruckvoll, „Herr Bürgermeister Rohleder, Sie sind gewohnt, in allem Euren Willa durchzusetza, aber in dem Fall hab ich das Saga.“ Die Lauterner Bürger stellten sich hinter den Pfarrer.
Rosa will Anna zum Kirchweihtanz in den „Adler“ einladen, um auch einmal einen Kuss zu bekommen. Jedoch Anna fühlt sich wie so oft nicht wohl. Sie kommen auf ein Treffen von Anna und Josef in Tübingen zu sprechen. Rosa ist enttäuscht.
Die Frauen treffen Tante Marie auf dem Friedhof und erfahren, dass der Schultheiß mit Anna vor der Königin Olga Geige spielt. Aufgeregt warten sie auf die Rückkehr von Anna und ihrem Vater. Theres (Elisabeth Weidenbacher) will genau wissen, wie es kam, dass Anna im Schloss in Stuttgart spielt. Ignaz (Josef Knöpfle) macht klar, dass der Schultheis auch Neider hat. Afra (Andrea Bieg) unterstellt der Marie, dass sie eines Tages noch Frau Bürgermeister wird.
Als Vater und Tochter wieder zu Hause ankommen, muss Anna von ihrem Aufenthalt in Stuttgart berichten und wird von Fragen überhäuft. Der Vater schwärmt, dass sie die Romanze in F-​Dur von Beethoven und das G-​Moll-​Konzert von Bruch gespielt hat, von den Gästen und dem nicht endenwollenden Applaus. Doch dann hat selbst Tante Marie Angst um die Gesundheit von Anna und will zum Grab von ihrer Schwester und ihr die Leviten lesen, dass diese beim Herrgott für die Gesundheit von Anna bittet, was in einem der sehr gut dargestellten Dialoge mit Emma klar wird.
Josef ist wieder in Lautern und erklärt dem Pfarrer, „dass er es net verstanda ka“, dass ein Gott der Liebe ihn sich entscheiden lässt zwischen seiner Berufung zum Pfarrer und Anna.
Der Doktor (Horst Ortwein) diagnostiziert unterdessen bei Anna Tuberkulose. Rohleder wehrt sich immer noch gegen diese Wahrheit und meint, dass man da helfen können muss. Anna gesteht der Tante Marie, als sie merkt, es geht dem Ende zu, dass sie Briefe von Josef im Weißzeugschrank versteckt hat, die niemand finden soll. Er gesteht ihr seine Liebe, das „Engelslied“ erklingt und Anna stirbt. Rohleder knickt zusammen. Alfons kommt dazu, nimmt die Situation nicht wahr und gesteht dem Vater, dass er seine Taschenuhr genommen hat. Rohleder meint: „Des isch alles gar nemme wichtig.“
30 Darsteller und Darstellerinnen aus drei Generationen, die sehr gut miteinander harmonieren, haben Anna Rohleder für zwei Stunden auferstehen lassen. Der Grabstein der Familie Rohleder ist mit einem Muttergottesbild gekrönt und wurde vor den Theateraufführungen in mühevoller Handarbeit von Steinbildhauermeister Dietmar Barth aus Bargau wieder renoviert. Der Küfer Karl Enßle (Soilerskarl) hat für jeden Schüler einen maßgeschneiderten Stuhl geschreinert und mit seinem Namen in Sütterlinschrift versehen. Für das naturgetreue Bühnenbild der Kirche war Rudi Schips zuständig. Insgesamt für das Bühnenbild und den Kulissenbau arbeiteten Hans Palzer, Edmund Stäb, Karl Enßle und Johannes Dunkl. Für die Kostüme war Marlies Haag verantwortlich und für die Maske Alexandra Weber, Elke Schmid und Simone Schmid. Die Gesangsproben übernahm Ellen Müller. Gespielt wurde die Musik von Azadeh Maghsoodi von der Musikhochschule Lübeck.
Fazit der Premiere: Es war Volkstheater vom Feinsten, wie es am Freitag in der Mehrzweckhalle in Lautern in Szene gesetzt wurde, wird in unserer Region schwer zu finden sein.
Weitere Aufführungen von „Die Geigenfee aus Lautern – das Leben der Anna Rohleder – gibt es am Samstag, 24., und am Sonntag, 25. Oktober, und am Wochenende, 30.Oktober, bis 1. November, in der Mehrzweckhalle in Lautern. Saalöffnung ist jeweils um 19 Uhr und Beginn um 20 Uhr.

Kartenvorverkauf ist im Rathaus Lautern noch am Mittwoch, 28. 10., von 17.30 bis 19 Uhr. Keine telefonische Kartenreservierung möglich. Karten sind auch an der Abendkasse erhältlich.

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