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Nachrichten Schwäbisch Gmünd

Nilgün Tasman las aus ihrem Buch „Ich träume deutsch“ und erzählte aus ihrem Leben

Nilgün Tasman ist eine wunderbare Erzählerin. Davon überzeugte die türkische Autorin bei ihrer Lesung aus dem viel beachteten Buch: „Ich träume deutsch“ ihre Zuhörer.

Donnerstag, 08. Oktober 2009
Rems-Zeitung, Redaktion
1 Minute 42 Sekunden Lesedauer

SCHWÄBISCH GMÜND (vhs). Sie las mehrere Abschnitte, aber sehr schnell erzählte sie frei aus dem Buch und ergänzte die Geschichten aus ihrer heutigen Perspektive. Nilgün Tasman ist nach einem abwechslungsreichen beruflichen Weg mit einem Stuttgarter verheiratet, hat eine eigene Familie, in der die Kulturen und auch die Religionen sich zusammenfügen. Das bereits in dritter Auflage vorliegende autobiografische Buch (im renommierten Herder Verlag erschienen) erzählt die Kindheitsgeschichte eines Mädchens, dessen Eltern aus Istanbul nach Göppingen zogen, um — wie es heißt — für zwei Jahre in Deutschland zu bleiben. Die schnelle Rückkehr in die Türkei stand hinter allem, was die Familie Tasman in Deutschland tat. „Wenn die Eltern heimatlos sind, sind auch die Kinder ziellos.“ Nilgün Tasman gelang es mit einer erlebnisreichen, aber auch dramatischen Kindheit und Jugend diesem Schicksal zu entkommen. Davon berichtet ihr Buch. Es endet im Kindheitsalter und ist aus der Kinderperspektive geschrieben. Aber genau darin liegt auch der Reiz für die Leser, denn wir erfahren wie die Kinderseele auf die Konflikte der Eltern und auf den ständigen Wechsel von Abstoßung und Anziehung durch die nicht-​türkische Umwelt reagiert. Die kurze Zeit bei der türkischen Großmutter in einem kleinen Ort in der Türkei sind der zweite emotionale Mittelpunkt des Buches, denn Nilgün und ihre ältere Schwester erleben, wo ihre Eltern herkommen und sie erleben gleichzeitig die Trennung von den Eltern, die in Deutschland bleiben, um möglichst schnell soviel Geld zu verdienen, dass die ganze Familie nach Istanbul zurückkehren kann. Daraus wird jedoch nichts, denn die Mutter holt ihre Töchter wieder zurück nach Deutschland. Da unter den Zuhörern im Saal viele Türkinnen waren, stellte sich bald die Frage, ob Nilgün Tasman ihr Buch speziell für deutsche Leser geschrieben habe, oder ob sie auch an ihre „Landsleute“ denke. Sie könne das Buch in wenigen Tagen ins Türkische übersetzen sagt die Autorin. Doch für einen Verlag sei völlig unsicher, wie stark das dann auch nachgefragt würde. Deshalb arbeitet Nilgün Tasman gerade an einer Theaterproduktion ihres zweiten Buches. Das Theaterstück heißt: Die Kehrwoche am Bosporus, und wird am 16. Januar 2010, im Theater Rampe in Stuttgart uraufgeführt Die Lesung überzeugte durch ihre Lebendigkeit und auch durch die überzeugende Persönlichkeit der Autorin, die die Konflikte und Krisen nie verschwieg, aber Auswege zeigte — ob man das dann „Integration“ nennt oder nicht, denn dieses Wort ist der türkisch-​stämmigen Schriftstellerin doch zu einseitig und bürokratisch.

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