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Die Renninger Krippenausstellung im Kloster Lorch führt in diesem Jahr zurück ins Bethlehem der Zeitenwende

Zwischen alter und neuer Welt, Zukunft und Vergangenheit, zeigen die Renninger Krippenbauer im Kloster Lorch, wie ihrer Meinung nach Bethlehem zur Zeit Christi Geburt ausgesehen hat. Die Ausstellung lebt wie immer von Hildegard Buchhalters Figuren.

Donnerstag, 12. November 2009
Rems-Zeitung, Redaktion
2 Minuten 46 Sekunden Lesedauer

LORCH /​RENNINGEN (bt). Ein Schulbub war Franz Pitzal, als er sich selbst den größtem Wunsch erfüllte: Er schenkte sich eine Krippe. Ein ums andere Mal sah man den Jungen in den 40er-​Jahren mit Milchkannen durch Leinzell gehen – der Gang zum Milchhäusle brachte so manchen „Kreuzer“, selbstverdientes Geld, das er nicht in Zuckerstangen investierte oder in Cowboygeschichten, sondern zum längst verstorbenen Karl Lang trug, der ihm dafür Krippenfiguren schnitzte. Den Stall hat er damals selbst gebaut, unter anderem mit Hilfe großer, aus der Lein gefischter Wurzeln. Diese Wurzeln sind verloren gegangen, was Pfarrer Pitzal sehr bedauert: „Ich werde nie wieder zur Lein hinabsteigen und nach Wurzeln suchen können“; die restliche Krippe aber, mittlerweile 60 Jahre alt, ist im Renninger Krippenmuseum zu bewundern. Und Franz Langs Figuren dienten vor nunmehr 30 Jahren als Vorlage für den Grundstock der Renninger Krippe, die alle Jahre wieder rund 50 000 Besucher zählt, darunter jede Menge Prominenz. Ohne die 50 Zentimeter hohen Figuren von Hildegard Buchhalter ist die Krippenlandschaft in der St.-Martinus-Kirche im Renninger Stadtteil Malmsheim nicht denkbar. Die im November 2002 im Alter von 91 Jahren gestorbene Künstlerin hat vor allem lebensfrohe Figuren geschaffen, jeden Alters, vieler Berufe. Menschen aus unterschiedlichsten Erdteilen, historische Persönlichkeiten ebenso wie Heilige. Franz Pitzal, der zunächst bei der Gmünder Firma Bidlingmaier zum Uhrmacher ausgebildet wurde, kam als Spätberufener zum Priestertum. Seine Freude an Krippen und seinen Wunsch, diese Freude zu teilen, hat er nie verloren. Bereits im dritten Jahr stellen die Renninger heuer einige ihrer Figuren und Ensembles für eine sehr viel kleinere Ausstellung im Kloster Lorch zur Verfügung, wo sie der historischen, als Grablege der Staufer erbauten Klosterkirche mit ihren farbenfrohen biblischen Geschichten zusätzlich Attraktivität verleihen. Motto der „Leihgabe“ in diesem Jahr: „Bethlehem wie es früher war“; das heißt, der gesamte Hauptteil ist im Stil einer alten orientalischen Stadt aufgebaut, mit Bögen und Türmchen und Mauern in den unterschiedlichsten Weiß-​Tönen, wie aus Marmor gebaut, oder mit feinstem Alabaster überzogen. Von der Verkündigung wird so ebenso erzählt wie von der Herbergsuche; die Magier haben ihren Auftritt, die Hirten und all die Menschen, die sich das ehrenamtliche Renninger Krippenteam für ein fremdes Land in der Zeit um Jesu Geburt vorstellen kann. Ein Soldat im Hintergrund lässt die Volkszählung anklingen, denn schließlich steht geschrieben: „Es begab sich aber zu der Zeit, dass ein Gebot von dem Kaiser Augustus ausging, dass alle Welt geschätzt würde“. Ganz nah fühlen sich die Besucher da plötzlich der Weihnachtsgeschichte.
Eingerahmt ist diese Darstellung von der guten alten Zeit – mit Schiller-​Geburtshaus und Szenen, die an Spitzweg erinnern – sowie von der Moderne, unter anderem am Chrysler-​Gebäude zu erkennen, in der es zwar auch Liebe gibt, im Großen und Ganzen aber Hektik das Szenario bestimmt. Und all diese so liebevoll ausgestatteten Menschlein bewegen sich auf Bethlehem zu. Es sind die Details, die das Betrachten der Renninger Figuren lohnenswert macht: das bestickte Seidentäschen und die mit winzigsten Geschenken gefüllten Satteltaschen der Kamele, die Baskenmütze und die kleine Blume am Strohhut, all die Bärte, Zöpfe, Brillen.
Für die Seitenschiffe hat Pfarrer Pitzal Krippen aus vielen Teilen der Welt zur Verfügung gestellt, die allesamt in den kommenden Tagen aufgebaut werden. Durch seine Kinderhilfsprojekte hat der in Leinzell geborene Pitzal Kontakte zu über 70 Ländern, die ihm immer neue Krippen schenken und damit seinen Jugendtraum immer wieder aufs Neue wahr werden lassen. In diesem Jahr kommen sämtliche Opfer und Spenden den Kindern Angolas zu Gute, einem der ärmsten Länder der Welt. Das Elend in der Hauptstadt, so Pfarrer Pitzal, „ist unvergleichlich schlimmer als in vielen anderen Städten der Welt“.

Die Krippen im Kloster Lorch können seit dem 30. Oktober bis zum 7. Februar täglich von 10 bis 17 Uhr besichtigt werden,
offiziell eröffnet werden sie erst am 27. November um 18 Uhr von Pfarrer Pitzal persönlich.

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