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Nachrichten Schwäbisch Gmünd

Enthüllung einer Gedenktafel, die an die Hinrichtung von Täufern auf dem Remswasen in Schwäbisch Gmünd erinnern soll

Der Fund von mutmaßlichen sterblichen Überresten hingerichteter Täufer auf dem Remswasen erregte im Frühjahr 2008 große Aufmerksamkeit, nicht nur in Schwäbisch Gmünd, sondern auch in Amerika. Hier befinden sich noch heute viele mennonitische Täufergemeinden. Am 5. Dezember soll eine Gedenktafel enthüllt werden. Von Nicole Beuther

Sonntag, 29. November 2009
Rems-Zeitung, Redaktion
2 Minuten 29 Sekunden Lesedauer

SCHWÄBISCH GMÜND. In den ersten Stunden nach dem Fund Ende Mai 2008 war das Schlimmste befürchtet worden – ein Kriminalfall der neueren Geschichte. Schon am nächsten Tag lag eine konkrete Vermutung des Stadtarchivars Dr. Klaus-​Jürgen Herrmann vor. Demnach wurden am 7. Dezember 1529 am Remswasen, dort wo die nach derzeitigem Stand 20 Skelette gefunden wurden, sieben Wiedertäufer enthauptet und an Ort und Stelle verscharrt. Auch wenn das Ereignis viele Jahre zurückliegt – minder interessant ist der Fall deshalb noch lange nicht. Im Gegenteil. Von einem Kriminalfall habe sich der Fund schnell zu einem ganz wichtigen Fall für die Stadt Schwäbisch Gmünd entwickelt, erklärte Bürgermeister Dr. Joachim Bläse gestern im Rahmen eines Pressegespräches.
Gerade, weil das Thema solch eine immense Bedeutung hat, war es der Stadt ein Anliegen, eine Gedenktafel zu installieren. Als Ort wurde hierfür der Schmiedturm auserwählt. Die Gefangenen, so habe man herausgefunden, seien an dieser Stelle vorbei durch die Stadt und dann zum Remswasen geführt worden, erklärt Bläse, dessen Dank Dekan Immanuel J. A. Nau sowie weiteren Vertretern der Evangelischen und Katholischen Kirche gilt: „Es ist gut, dass sie gesagt haben, diesen Teil der Stadtgeschichte aufarbeiten zu wollen.“ Bläse wünscht sich eine nachträgliche Beendigung des Ereignisses. Der Skelettfund habe „was angestoßen, was Jahre nicht transparent war“. Wenn man heute von anderen Ländern Toleranz und Offenheit fordere, müsse man sich klar darüber werden, dass die Verhältnisse auch in Deutschland nicht immer so gewesen seien wie jetzt. Dekan Nau spricht von einem schwarzen Kapitel der Reformationsgeschichte, an dem auch die Evangelische Kirche beteiligt gewesen sei. „Bevor nicht ausgesprochen wird, dass es Unrecht war, kann es nicht zur Versöhnung kommen.“ Und so freuen sich beide Seiten über die gemeinsame Veranstaltung am 5. Dezember.
Bevor um 17.30 Uhr am Schmiedturm die Gedenktafel enthüllt wird, finden zwei Vorträge im Augustinus-​Gemeindehaus in der Gemeindehausstraße 7 statt: Um 15 Uhr findet der Vortrag „Winkelpredigt und Rottierung“ mit Prof. Dr. Hermann Ehmer (Kirchenoberarchivdirektor i. R.) statt. Dabei geht es um die täuferische Bewegung in Schwäbisch Gmünd 1529 und ihr Ende. Um 16 Uhr findet der Vortrag „Täufer – Mennoniten – Friedenskirche“ statt. Diether Götz Lichdi von der Mennonitengemeinde Stuttgart wird dabei über die Herausforderung täuferischer Geschichte und Gegenwart sprechen. Man wolle den Mennoniten bewusst dieses Forum bieten, so Dekan Nau. Auch zu dem gestrigen Pressegespräch wurde mit Wolfgang Krauß ein Vertreter der Mennonitengemeinden geladen. „Es ist schön, dass wir trotz dieser Unterschiede an einem Tisch sitzen“, sagte er, nachdem sich zuvor sowohl er als auch Nau klar zu ihrer Form der Taufe bekennt hatten. Krauß: „Es fällt uns theologisch schwer, Kindertaufen zu akzeptieren.“ Dekan Nau hingegen bezeichnete die Infragestellung der Taufe der Evangelischen und Katholischen Kirche als ein Problem, das es zu lösen gelte. Die Skelettfunde werden derzeit in Konstanz wissenschaftlich untersucht. Eine spätere Bestattung in Gmünd in Absprache mit dem Verband der deutschen Mennonitengemeinden ist angedacht. Die Ereignisse finden sich in Liedern wieder: „Willig tun sie verzeihen von Herzen jedermann. Den Armen sie gern leihen und erhoffen sich nichts davon. Für ihre Feinde sie bitten tun, das hab ich wohl gesehen in ihres Todes Stund. Kürzlich ist es geschehen, dass man sie bewähret hat. Ihren Glauben hat man gesehen zu Gmünd wohl in der Stadt. Obwohl der Feind (Teufel) sucht manche List, dass er sie möchte abführen, ihm nicht gelungen ist.“

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