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Nachrichten Ostalb

Entkernt — und damit die Seele geraubt?

Die siebten Architekturgespräche im Landratsamt in Aalen waren ein starkes Plädoyer für das Wohnen im Innern von Städten und Dörfern.

Donnerstag, 30. April 2009
Rems-Zeitung, Redaktion
1 Minute 34 Sekunden Lesedauer

OSTALBKREIS (ug). Der Abend lieferte den Beweis, dass Wohnen und Arbeiten in älteren oder sogar sehr alten Gebäuden sehr attraktiv sein kann. Die von der Kammergruppe Ostalbkreis in der Architektenkammer Baden-​Württemberg organisierte Veranstaltung war außerordentlich gut besucht. Der große Sitzungssaal des Landratsamts war nahezu voll besetzt.
Klar, dass das Fachpublikum überwog. Aber von Jahr zu Jahr mischen sich immer mehr Bauherrn – die Häuslesbauer – oder einfach an Baukultur Interessierte unter die Zuhörer. Und wie alle Jahre standen vier Gebäude zur Diskussion, die die Podiumsteilnehmer auf einer Rundfahrt durch den Ostalbkreis besucht hatten. An der vom Mediendirektor des Schwäbischen Verlags, Joachim Umbach, moderierten Runde nahmen teil: der Präsident der Architektenkammer Baden-​Württemberg, Wolfgang Riehle, die Ulmer Architektin Anja Stemshorn, der Landeskonservator Prof. Dr. Michael Goer und der im Schloss Laubach wohnende Schauspieler Ulrich Popp.
Letzterer echauffierte sich besonders an einer seiner Meinung nach in vielen Kommunen misslungenen Stadtplanung. Und er zeigte sich entsetzt über ein altes Gebäude, das dessen neue Eigentümer total entkernt und im Innern vollkommen neu errichtet haben. Nach Popps Vorstellung nahmen die Bewohner dem Haus damit die Seele. Das neu gestaltete Innere dieses Wohn– und Ateliergebäudes in Schwäbisch Gmünd gefiel wohl den Architekten, doch Riehle und Stemshorn mussten ebenfalls einräumen, dass diesem Haus eine neue Lebensform aufgezwungen wurde. Der Denkmalschutz war daher ein zentrales Thema. Bei diesem Gmünder Gebäude war dieser aufgehoben worden, was diesen tiefgreifenden Eingriff erst ermöglichte. Dass trotz Denkmalschutzes selbst eine umfangreiche energetische Sanierung gelingen kann, diskutierte die Runde am Beispiel eines früheren Forsthauses in Ellwangen. Von einem Riesenglücksfall sprach Riehle in Zusammenhang mit einem anderen Ellwanger Gebäude. Einem Kohlestadel, der unter Ensembleschutz steht und zum Wohnhaus umgebaut erhalten werden konnte. Die Renovierung bezeichnete Goer als Gewinn. Von diesen teils weit über 100 Jahre alten Gebäuden wich das zum Bürohaus umgebaute Fotoatelier in der Stuttgarter Straße in Aalen sowohl aufgrund seines Alters als auch seiner Gestaltung ab. Es stammt aus den 70er-​Jahren. Stemshorn mahnte mit Sorgfalt an eine Sanierung zu gehen. Es lohne sich, sich mit historischer Bausubstanz auseinanderzusetzen, zog Goer als Fazit, Riehle gab zu bedenken, dass Bauen im Bestand wichtiger wird. Er warnte davor, eine Immobilie mit Gewalt zu verbiegen.

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