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Nachrichten Schwäbisch Gmünd

Nur halb Gmünd ging zur Wahl

Der Tag nach dem Wahlerfolg von Richard Arnold: Zeit für Analysen. Vor allem treibt viele die Frage um: Wieso war die Wahlbeteiligung mit 49,3 Prozent bei der OB-​Wahl so katastrophal? Von Heino Schütte

Dienstag, 12. Mai 2009
Rems-Zeitung, Redaktion
2 Minuten 19 Sekunden Lesedauer

SCHWÄBISCH GMÜND. Bei der letzten OB-​Wahl vor acht Jahren waren es immerhin noch 52 Prozent der wahlberechtigten Bürgerinnen und Bürger, die von diesem wohl wichtigsten demokratischen Recht und Mittel Gebrauch machten. Oder eine andere Vergleichszahl: Bei der Bürgermeisterwahl in Waldstetten, bei der Michael Rembold ja als einziger Kandidat antrat, wurden sogar knapp 60 Prozent der wahlberechtigten Bevölkerung mobilisiert, was für eine starke kommunale Verbundenheit der Menschen spricht. Und in Gmünd, nach einem durchaus spannenden Wahl-​Zweikampf: Nicht mal die Hälfte der Bürgerschaft fand den Weg zur Wahlurne. Dazu fast 200 ungültige Stimmen! Bei genauer Betrachtung der Ergebnisse aus den einzelnen Wahlbezirken fällt sofort auf, dass in Wohngegenden mit einem hohen Migrantenanteil unter „Wahlbeteiligung“ ein deutliches Gefälle auftaucht. 22,17 Prozent betrug die Teilnahme bei der OB-​Wahl beispielsweise im Bezirk Werrenwiesenstraße/​äußere Buchstraße/​Benzholzstraße in der Oststadt. Ein ähnlich trauriges Bild auch in Oberbettringen, Bezirk Oderstraße: 26,37 Prozent. Absolutes Beteiligungstief mit knapp 19 Prozent: Teile der Hardtsiedlung. Auch in Innenstadtbezirken betrug die Wahlbeteiligung oft nur um die 30 Prozent. Deutlich stärker das Interesse in den Stadtteilen. In Degenfeld (61 Prozent) und Weiler (fast 67 Prozent) war die Mobilisierung der OB-​Wähler am stärksten. In den Stadtteilen fällt der Bezirk Großdeinbach Nord mit mageren 37 Prozent gleichfalls in ein auffälliges Loch des Desinteresses. In der Frage, warum Zuwanderer offensichtlich so ungern zur Wahl gehen, verwundert auch der Umstand sehr, dass ja viele von ihnen aus Staaten kommen, wo sich die Menschen ja lange Zeit – und teils noch bis heute – freie Wahlen wünschten. So betrachtet, müssten die Migranten ja geradezu sehnsüchtig zur Wahlurne streben, zumal das Verfahren bei der OB-​Wahl mit einem einzigen Kreuzchen denkbar einfach war. Die Vertreter aus allen Parteien zeigten sich am Wahlsonntag zutiefst betroffen angesichts dieses Trends. Schließlich stehen ja in diesem Jahr noch drei weitere Wahlen an. Ein Vorschlag, der am Sonntag von verschiedenen Seiten zu hören war: Verstärktes Angebot von Wahlseminaren bei der VHS oder in den sozialen Stadtteileinrichtungen. Vielleicht auch ein Infoblatt in türkischer und russischer Sprache, die den Wahlunterlagen beigelegt werden könnten.
Auch der zukünftige Oberbürgermeister, Richard Arnold, beschrieb in seiner ersten Analyse dieses als ein Ziel: Er möchte all jene Menschen erreichen, die am Sonntag, aus welchen Gründen auch immer, nicht zur Wahl gegangen seien. Bereits im Rahmen der Kandidatenvorstellung im Stadtgarten hatte Arnold das Migrantenproblem angesprochen: Er wolle weitere Kraftanstrengungen unternehmen, dass Kinder auch aus Zuwandererfamilien durch sozial– und bildungspolitische Programme Chancengleichheit bekommen. Sie sollen eines Tages als Erwachsene genauso stolz auf ihre Heimatstadt Schwäbisch Gmünd deuten wie Kinder aus bodenständigen Familien.
Richard Arnold eilte gestern von Interview zu Interview. Sein deutlicher Wahlerfolg hatte sich im ganzen Land herumgesprochen. Wie er darlegte, wolle er nun keinesfalls eine Arbeitspause bis zu seiner Amtseinsetzung Ende Juli einlegen. Er habe bei seinem Wahlkampf und schließlich am Sonntag einen solch positiven Schwung in der Bevölkerung wahrgenommen, den er unbedingt aufrecht erhalten wolle. Obwohl er noch Verpflichtungen in Brüssel und Stuttgart zu erfüllen habe, werde er sich in seine zukünftigen Aufgaben gemeinsam mit der Bürgerschaft sofort einarbeiten. In diesem Zusammenhang wolle er auch nicht auf die Landesgartenschau 2014 zuwarten, sondern dringende Entwicklungsmaßnahmen für die Stärkung des Einzelhandelsstandorts schnell auf den Weg bringen.

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