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Nachrichten Schwäbisch Gmünd

Noch nie Gedenkfeier miterlebt

Dass sich junge Leute für die Geschichte der Heimatvertriebenen interessieren ist an sich schon nicht selbstverständlich, dass ein Student deshalb aber eigens aus den USA anreist, ist für Gunter Lange, Vorsitzender des BdV-​Kreisverbands, etwas ganz Besonderes. Jeffrey Luppes schreibt eine Doktorarbeit über die Gedenksteine der Vertriebenen. Von Tanja Bullinger

Mittwoch, 13. Mai 2009
Rems-Zeitung, Redaktion
2 Minuten 6 Sekunden Lesedauer

SCHWÄBISCH GMÜND. Es regnet in Strömen, als Gunter Lange und sein Stellvertreter beim Bund der Vertriebenen Bruno Domes den jungen Studenten aus den Vereinigten Staaten auf dem Gmünder Dreifaltigkeitsfriedhof begrüßen. Hier, so erzählen sie dem jungen Mann, finden die zentralen Gedenkfeiern der Stadt, etwa zum Tag der Heimat statt. Neben dem Gedenkstein hier gebe es aber noch einige weitere im Stadtgebiet und im Altkreis Gmünd, etwa in Rechberg. Auch hierhin will Lange den jungen Gast noch führen.
Er händigt dem 32-​Jährigen die Broschüre „Dem Vergessen entrissen“ in die Hand, in der fast alle Gedenksteine im Land mit Foto zusammengestellt sind. Bad Cannstatt, Heubach, Jeffrey Luppes erkennt schon anhand der Fotos die einzelnen Städte und Gemeinden. Viele habe er schon besucht, erzählt er, in perfektem Deutsch, er sei nun bereits seit dem 21. April in Deutschland, habe in Stuttgart Quartier bezogen. Der Bund der Vertriebenen sei eine große Hilfe bei seinen Recherchen gewesen, er habe ihm überall Ansprechpartner vor Ort vermitteln können. Bislang, so erzählt er über seine Arbeit, gebe es zwar gute Auflistungen über die einzelnen von Vertriebenen errichteten Gedenksteine und deren Inschriften – „doch interpretiert und in einen geschichtlichen Zusammenhang gestellt hat diese eigentlich noch niemand“. Doch wie kommt ein junger Student aus den USA dazu , sich genau diesem Thema anzunehmen? Den Impuls gab, so erzählt Jeffrey Luppes, die Diskussion über die Gedenkstätte gegen Vertreibung in Berlin. Hier hat Jeffrey Luppes zwei Jahre lang studiert, was neben seiner deutschen Frau, wohl auch seine sehr guten Deutschkenntnisse erklärt. In den USA studiert er an der University of Michigan „German Studies“, was nicht nur die deutsche Sprache, sondern auch Geschichte und Kultur mit einbezieht.
Die Geschichte der nach 1945 aus dem Osten Vertriebenen wird in Luppes Doktorarbeit nur am Rande Thema sein. Vielmehr geht es um die Bedeutung dieser Gedenksteine. Die aus den 50er-​Jahren unterscheiden sich sehr von den neueren, weiß Luppes zu berichten. Den theoretischen Teil seiner Arbeit hat er bereits fertig, wie er erzählt, nun nimmt er Details vor Ort unter die Lupe, spricht mit Menschen wie Gunter Lange und Bruno Domes, die die Vertreibung und das Fußfassen in der neuen Heimat noch selbst miterlebt haben. Leider, so erzählt der junge Mann, habe er noch nie selbst an einer Gedenkfeier teilnehmen können. Wie solche ablaufen, dass früher noch einige Tausend, jetzt nur noch einige Hundert Menschen daran teilnehmen, das erklären die beiden Senioren. Auch, auf wessen Initiative die Gmünder Steine aufgestellt wurden. Tatsächlich, so räumen die beiden ein, weiß der Gast weit mehr über die Geschichte der Vertriebenen als so mancher Gmünder – oder gar die Kinder und Enkel der damals Vertriebenen. Beide sind gespannt auf die Doktorarbeit Luppes. Fertig wird diese aber erst in rund einem Jahr sein, wie Luppes erklärt.

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