Hoffen auf den Herbst

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Rems-Zeitung

(mbo). Auch im vierten Wettkampf der Saison hatten die Wetzgauer Bundesligaturner vor 400 Zuschauern das Nachsehen – die Athleten des EnBW Turn-​Teams aus Stuttgart turnten in der Großsporthalle zeitweilig in ihrer eigenen Liga. Dem TVW dagegen bleibt nur das Hoffen auf den Herbst. Von Matthias Bolsinger

Montag, 18. Mai 2009
Rems-Zeitung, Redaktion
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Die Stimmung in der Sporthalle an der Katharinenstraße passte sich nicht nur den schwülwarmen Temperaturen außerhalb, sondern auch den Leistungen der TVW-​Athleten auf dem Parkett innerhalb der Mauern an. Nur wenige Turnfans konnten sich gegen Ende des Wettkampfs noch zum aufmunternden, rhythmischenKlatschen aufraffen – zu deutlich war die Stuttgarter Überlegenheit. Lediglich als Helge Liebrich erst beim dritten Anlauf am Reck sein neu einstudiertes Element ohne abzusteigen meisterte, schlug das Stimmungsbarometer noch einmal aus. Liebrich selbst wäre das in einem glänzenderen, erfolgreicheren Zusammenhang wohl eindeutig lieber gewesen.
„Um hier etwas holen zu können, hätte alles perfekt laufen müssen“, sagte TVW-​Coach Paul Schneider im Anschluss an den Wettkampf lächelnd, aber nicht ohne Sarkasmus, „aber dem war ja nicht so.“ Das durchweg stark besetzte Turn-​Team aus Stuttgart turnte meist souverän seine Übungen durch, während bei den Gastgebern manches drunter und drüber ging. Starturner Thomas Andergassen, nach einer Ellenbogen-​Operation im Aufbautraining, dominierte mit scheinbar angezogener Handbremse. „Wir wurden unter Wert geschlagen“, resümierte Liebrich.
Schon am Boden nahm die TVW-​Niederlage erste Konturen an und es wurde deutlich, woran es fehlt, um gegen vergleichbar starke Gegner einen Überraschungs-​Coup zu landen. Außer dem Wetzgauer Topscorer Helge Liebrich und den Rumänen Daniel Popescu und Razvan Selariu besteht momentan kein Turner den Bundesliga-​Härtetest gegen die gegnerischen Top-​Athleten. Selariu und Liebrich heimsten die ersten drei Punkte für den TV Wetzgau ein, Tobias Wolf und Philipp Schneider, in seinem letzten Wettkampf vor seinem Mexiko-​Aufenthalt, mussten sich jeweils geschlagen geben. Doch noch deutlicher wurde der Klassenunterschied am Pauschenpferd. „Da haben alle versagt“, wählte Paul Schneider drastische Worte – betont sachlich, aber bestimmt. Und tatsächlich vergaben die heimischen Turner schon am zweiten Gerät alle Chancen auf eine Überraschung gegen den Tabellenzweiten der Kunstturn-​Bundesliga. Zwar war für Nachwuchsturner Simon Kuntner gegen den Franzosen Cyril Tommasone, Mitglied der französischen Nationalmannschaft, erwartungsgemäß nichts zu erben, doch selbst Daniel Popescu musste sich an seinem Paradegerät dem 18-​jährigen Sebastian Krimmer geschlagen geben. Mit 0:17 ging das Pauschenpferd an die Stuttgarter, die somit eine Achillessehne der Wetzgauer offen gelegt hatten. Nachdem nur Selariu an den Ringen hatte punkten können, bescherten sich die Wetzgauer am Sprung mit dem einzigen Erfolgserlebnis des Nachmittags, einem Gerätesieg. Liebrich und Popescu gewannen ihre Duelle, während der an der Schulter lädierte Tobias Wolf zumindest ein Unentschieden erreichte. Barren und Reck gingen dann wieder an die überlegenen Stuttgarter, nur Popescu glänzte mit einer beeindruckenden Barrenübung auf Wetzgauer Seite noch einmal.
Während sich die Miene Otto Baurs mit zunehmender Wettkampfdauer immer mehr verfinsterte und so ganz offen dessen Unzufriedenheit zeigte, nahm der Trainer seine Athleten in Schutz: „Mit einigen Entscheidungen im Kampfgericht war ich nicht einverstanden. Kampfrichter sollen keine Scharfrichter sein.“ Dass aber dennoch einiges in der nun folgenden Pause zu tun ist, ehe im Herbst die über den Klassenerhalt entscheidenden Wettkämpfe stattfinden werden, ist auch nicht für Paul Schneider von der Hand zu weisen. In den kommenden Wochen wird im Training besonderes Augenmerk auf Pauschenpferd und Barren gelegt werden, um konkurrenzfähig zu sein. Alles konzentriert sich scheinbar schon das entscheidende Aufeinandertreffen mit Aufsteiger Heidelberg. Ein Fanbus für die TVW-​Schlachtenbummler ist schon geplant. Wie vor zwei Jahren in Monheim soll Wetzgau wieder einen Last-​Minute-​Klassenerhalt feiern können.