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Der Halbstaufer Ottokar und mächtigste Fürst in Böhmen

Man kann es einfach so sehen: Konradin, 1268 in Neapel hingerichtet, war zwar der allerletzte Staufer. Doch durch die Staufertöchter lebt die Dynastie fort bis heute. Von Hans-​Wolfgang Bächle

Donnerstag, 04. Juni 2009
Rems-Zeitung, Redaktion
2 Minuten 47 Sekunden Lesedauer

GESCHICHTE. Kunigunde von Schwaben (1202 – 48), eine Tochter König Philipps von Schwaben und der Irene von Byzanz, war mit Wenzel I. von Böhmen (1205 – 53) verheiratet. König Ottokar I. ließ für seinen Sohn eine kostbare Krone anfertigen, die unter Kaiser Karl IV. (1346 – 78) zu einem prächtigen Kleinod umgestaltet wurde. Die feierliche Krönung von Wenzel I. und Kunigunde vollzog in Prag 1228 Erzbischof Siegfried von Mainz. Nach dem Tode Ottokars I. 1230 folgten sie als böhmische Könige. König Wenzel genoss hohes Ansehen. Er wirkte während der Abwesenheit Kaiser Friedrichs II. zeitweilig als Reichsverweser.
Im Gefolge von Kunigunde kamen viele Frauen, auch Minnesänger an den Prager Hof, wo sich der deutsche Einfluss verstärkte. Schon unter ihrem Sohn Ottokar II. brachte Böhmen eigene Minnesänger und Epiker hervor. Ihr Enkel Wenzel II. sang sogar seine Liebeslieder in deutscher Sprache. Seine Tochter Elisabeth von Böhmen ist die Mutter Kaiser Karls IV., der Peter Parler nach Prag berief, um den prächtigen Chor des Veitsdoms, aber auch die Wenzelskapelle zu vollenden. Für sie schuf er die Statue des hl. Wenzel. Berühmt sind Parlers Büsten im Triforium des Veitsdoms, die Mitglieder der königlichen Familie zeigen. Sein Werk sind auch die Grabmale von Ottokar I. und Ottokar II, den man dank seiner Mutter als einen Halbstaufer bezeichnen kann, lebte von 1230 – 78. Er wurde früh Markgraf von Mähren, war strikt staufertreu, geriet in Gegensatz zur wankelmütigen Politik seines Vaters, den er 1247/​48 aus Prag vertrieb. Kunigunde hat noch den Kampf zwischen Vater und Sohn erlebt.
Während des Interregnums (1250 – 73/​78) war König Ottokar der mächtigste Fürst in Mitteleuropa. Durch seine Ehe mit Margarete von Österreich, der Witwe des deutschen Königs Heinrich VII. (von Friedrich II. 1235 abgesetzt und † 1242), erwarb er die Herzogtümer Österreich und Steiermark. Darauf bemächtigte er sich auch Kärntens und der Markgrafschaft Krain, so dass sein Herrschaftsgebiet bis zur Adria reichte. Es war dies die erste Verbindung der Alpen– mit den Sudetenländern, die sich unter Ottokar durchaus günstig entwickelten. Außerdem unterstützte er den Deutschen Ritterorden bei der Ostkolonisation. Durch den Bau von Befestigungen an den Küsten der Ostsee übte er Druck auf Polen und Litauen aus. Als Stützpunkt seiner Herrschaft gründete er die Stadt Königsberg. Sein Sohn Wenzel II. (1278 – 1305) erreichte die Wahl zum polnischen König.
Ottokars II. Streben nach der deutschen Königskrone und damit den Anspruch auf die Kaiser-​würde scheiterte an den Reichsfürsten und auch am Papst, die den allzu mächtig gewordenen Halbstaufer fürchteten. Die Wahl fiel auf den Grafen (!) Rudolf von Habsburg (1273 – 91), dem es mit Hilfe der Ungarn gelang, seinen Gegner Ottokar II. auf dem Marchfeld am 26. August 1278 zu besiegen. Die österreichischen Lande wurden Erbländer der Habsburger bis zum Ende des I. Weltkriegs 1918. Während der Regierungszeit von Sohn und Enkel der Kunigunde von Schwaben (Ottokar II. und Wenzel II.) war das Königreich Böhmen im 13. Jh./2. H. eine europäische Großmacht. Unter Kaiser Karl IV. war Prag die Hauptstadt des Heiligen Römischen Reiches. Noch zu Beginn des 13. Jh. gab es im Bereich der böhmisch-​mährischen Fürstensitze lediglich die Städte Prag, Brünn, Olmütz, Königgrätz und Znaim.
Doch im nun unter den Staufern erhobenen Königreich Böhmen begann der Aufschwung von Landwirtschaft, Viehzucht und Bergbau (Edel– und Buntmetalle, vor allem Silber und Zinn). Deutsche Kolonisten trugen zur Kultivierung des Landes bei. Sie besiedelten die Grenzgebirge, Kaufleute beherrschten den Handel. Sie stellten im aufkommenden Städtewesen das Patriziat. Zu den älteren Städten kamen im 13. Jahrhundert rund 50 neue größere Städte hinzu. Die Erschließung ergiebiger Silbergruben, z.B. in Iglau und Kuttenberg, lockte Scharen von Erzgräbern aus Deutschland nach Böhmen. Das Iglauer Bergrecht von 1249 wurde vorbildlich für ganz Mitteleuropa. Durch eine Münzreform um 1300 schuf man eine neue Geldeinheit, den böhmischen oder Prager Groschen, der wegen seiner Qualität auch im Ausland als Zahlungsmittel galt. Nicht nur die Könige profitierten von dieser Entwicklung. Böhmen und Mähren erlebten im 13. und 14. Jh. eine Zeit hoher Blüte.

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