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Nachrichten Schwäbisch Gmünd

Das Gmünder Schöffengericht präsentierte einem Rauschmittelabhängigen die Quittung

Wie ein Blitz aus heiterem Himmel kam es an einem späten Abend im Frühjahr des vorigen Jahres im Bereich Kalter Markt zu einer Bluttat: Ein 40 Jahre alter arbeitsloser Koch stach ohne ersichtlichen Grund auf zwei des Weges kommende Passanten mit einem Messer ein. Dafür musste er sich jetzt verantworten.

Freitag, 05. Juni 2009
Rems-Zeitung, Redaktion
2 Minuten 28 Sekunden Lesedauer

SCHWÄBISCH GMÜND (kos). Den einen verletzte der Täter durch einen Stich in die Leistengegend und den anderen stach er in den Bauch. Beide Verletzungen waren nicht unerheblich, und nur dadurch, dass die Betroffenen sich noch während des Stichs abwenden konnten, blieb es bei tiefen Schnitten. Das warf Staatsanwalt Humburger vor dem Schöffengericht dem Mann vor, der sich unwissend stellte: Er könne sich an nichts mehr erinnern.
Fakt: Er hatte gemeinsam mit anderen getrunken an diesem Tag, Whiskey und Ouzo, und dafür auch die Rechnung in Höhe von rund 200 Euro bezahlt (als Hartz IV-​Empfänger), zudem hat er Diazepam eingenommen und Hasch konsumiert. Als er später in der Buchstraße festgenommen wurde, wollte er noch „stiften gehen“, gestern aber gab er an: „Ich weiß gar nichts mehr“. Ihm wurde vorgehalten, von den drei Mittrinkern bei der Polizei nichts erzählt zu haben. Auch jetzt wollte er keine Namen wissen, worauf ihm Amtsgerichtsdirektor Mayerhöffer bescheinigte, seine Aussagen seien „gelinde ausgedrückt konfus“. Nun sollten Zeugen das Dunkel erhellen. Einer der Verletzten teilte mit, er sei nach seiner Geburtstagsfeier auf dem Nachhauseweg gewesen. Am Kalten Markt habe er gehört, dass jemand gerufen habe. „Ich stech dich ab.“ Er habe sich umgedreht, den anderen Geschädigten gesehen und den Täter gefragt: „Was willst du von uns?“ Der haben ihn gestochen, den anderen auch. Dann sei er „weggesprungen“.
Eine Polizeihauptmeisterin, die in die Fahndung nach ihm eingebunden war, sagte aus, in der Buchstraße habe man ihn ermittelt. Da habe er klare Antworten gegeben. In seiner Wohnung habe man mehrere Messer gefunden. Ein anderer Zeuge sagte aus, der Täter habe normal geredet, als er ihn an der „Tanke“ traf. Ein weiterer Polizist bestätigte die deutlichen Verletzungen der Betroffenen, von denen einer in der Klinik genäht werden musste.
Der Sachverständige, Dr. Nowak von der Uniklinik Ulm, stellte fest, dass bei Diazepam(Valium)-Konsum im Zusammenwirken mit Marihuana und großen Mengen Alkohol (zur Tatzeit sollen es 2,6 Promille gewesen sein) unkontrolliertes Verhalten möglich sei. Er bejahte die Schuldfähigkeit, sah aber eine eingeschränkte Steuerungsfähigkeit.
Staatsanwalt Humburger sah die Tat als erwiesen an. Die Erinnerungslücken seien unglaubhaft, die Aussagen des Geschädigten überzeugend. Der habe ihn sicher identifizieren können. Die Voraussetzungen für einen sicheren Tatnachweis seien gegeben. Zugunsten des Täters sah er den Genuss der Rauschmittel, als Nachteil jedoch einschlägige Vorstrafen. Auch hätten die erheblichen Verletzungen einen tödlichen Ausgang nehmen können. Er fand eine zu vollstreckende Freiheitsstrafe von zwei Jahren angebracht. Der Verteidiger, Rechtsanwalt Schaffrath, hielt Erinnerungslücken für möglich und stellte auch die Täterschaft in Frage. Bei einer Verurteilung jedoch plädierte er für eine Bewährungsstrafe.
Nicht leicht gemacht hat es sich dann das Schöffengericht. Er verhängte zwar eine Freiheitsstrafe in der vom Staatsanwalt geforderten Höhe, setzte diese aber drei Jahre zur Bewährung aus mit allerdings hohen Auflagen. So muss sich der Täter einer stationären Therapie unterziehen und nach ihrer Beendigung bis zum Ablauf der Bewährung einer weiteren ambulanten, die zu seiner Stabilisierung beitragen soll.
Im Verlauf des Verfahrens hatten sich die Verteidigung und der Vertreter eines Nebenklägers, Rechtsanwalt Gschwinder, auf ein Schmerzensgeldes an seinen Mandanten in Höhe von 3000 Euro geeinigt. Dem wurde stattgegeben. Zwar verfügt der Täter nicht über das nötige Geld, um sofort zu zahlen, jedoch wenn gegen ihn ein Titel erwirkt wird, so wird dieser für dreißig Jahre seine Gültigkeit behalten

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