Planspiel zur europäischen Politik mit Studierenden der PH Schwäbisch Gmünd

Schwäbisch Gmünd

Rems-Zeitung

Europa wählt. Bei der Frage aber, welche Befugnisse das Europäische Parlament und die anderen EU-​Institutionen haben, kommen viele Bürgerinnen und Bürger ins Grübeln.

Freitag, 05. Juni 2009
Rems-Zeitung, Redaktion
133 Sekunden Lesedauer

SCHWÄBISCH GMÜND (ph). Wer eigentlich ist im Ministerrat und der Europäischen Kommission vertreten und was wird dort entschieden? Antworten auf solche Fragen haben Studierende der Pädagogischen Hochschule Schwäbisch Gmünd in einem mehrtägigen Planspiel gesucht.
Privatdozent Dr. Helmar Schöne, Politikwissenschaftler an der PH, erläutert das Konzept dieser besonderen Veranstaltung: „Die Europäische Union ist ein kompliziertes Gebilde und nirgendwo in der Welt findet sich ein vergleichbares politisches System. Außerdem haben sich die europäischen Entscheidungsabläufe nach der Gründung der EG in den 1960er Jahren immer wieder verändert. Wir haben einen Weg gesucht, politische Entscheidungsprozesse in der EU anschaulich darzustellen. Dafür eignet sich ein Planspiel hervorragend, in dem die Teilnehmenden selbst eine Richtlinie, wie ein Gesetz in der Sprache der EU heißt, verabschieden müssen.“
Für die Simulation der Gesetzgebungsarbeit sind Dr. Schöne und sein Kollege Thomas Stegmaier mit ihren Studierenden eigens aus der PH ausgezogen und nach Bad Urach gereist. Dort befindet sich das „Haus auf Alb“, die Tagungsstätte der Landeszentrale für politische Bildung, die das Planspiel unterstützt hat. Bei Vollverpflegung haben die Studierenden zwei Tage lang über die Neufassung der Emissionshandelsrichtlinie beraten, verhandelt und abgestimmt.
Die Richtlinie dient dazu, den Ausstoß von Kohlendioxid (CO2) europaweit zu reduzieren. Die CO2-​Emissionen sind eine wichtige Ursache für die Erderwärmung und den Klimawandel mit ihren Nebenwirkungen, etwa den zunehmenden Unwettern und dem Anstieg des Meeresspiegels, wie der Bildungsreferent Christian Roth, der das Planspiel leitete, eingangs ausführte.
Im Planspiel schlüpften die Teilnehmenden in die Rolle der Europäischen Kommission, des Europäischen Parlaments und verschiedener Länder der EU im Ministerrat. Diese Institutionen sind an der europäischen Gesetzgebung beteiligt. Nun hieß es, sich in den Fraktionen und Länderdelegationen eine Position zum Richtlinienentwurf zu erarbeiten und diese in simulierten Sitzungen des Parlaments und des Ministerrats durchzusetzen. So sehr waren die Studierenden bei der Sache, dass selbst in den Essenspausen und in der abendlichen Freizeit informell an Koalitionen geschmiedet wurde und Taktiken ersonnen wurden, wie die eigenen Positionen am besten zu verwirklichen seien.
Nahezu einhellig fielen die Urteile der Studierenden in der Nachbereitung aus. „Ich habe erfahren, wie schwer es ist, Koalitionen zu bilden, um Interessen durchzusetzen“, fasste etwa Michael K. zusammen, der aus Berlin zum Studium an die PH in Gmünd gekommen ist. Und Melanie F., eine Kommilitonin aus Aalen ergänzt: „Im Planspiel lassen sich Entscheidungsprozesse viel besser nachvollziehen als über Schaubilder, mit denen oft gearbeitet wird.“ Simon S. hob hervor, ein wie „komplexer Vorgang es ist, Gesetze zu erarbeiten und dabei unterschiedliche Standpunkte anzunähern.“ Dr. Helmar Schöne freute sich, dass das Resümee der Studierenden über den engen Bereich der europäischen Politik hinausreicht: „Das Planspiel hat nicht nur zu einem besseren Verständnis der Europäischen Union beigetragen, sondern auch allgemeine demokratische Handlungskompetenzen vertieft, nämlich die Fähigkeit Standpunkte anderer zu erörtern, denen eigene Positionen entgegenzusetzen und Konfliktlösungsstrategien zu entwickeln.“
Thomas Stegmaier ergänzt, an die zukünftigen Lehrer gewandt: „Der große Pädagoge Hartmut von Hentig hat das Motto ‚Aus der Schule gehen — etwas in die Schule mitbringen’ geprägt. Bringen Sie Ihre Erfahrungen mit dem Planspiel in die Hochschule und in Ihre spätere Lehrtätigkeit ein. Begeistern Sie andere für Europa!“