Erste Gmünder Eisblockwette

Schwäbisch Gmünd

Rems-Zeitung

Es war ein „öffentlicher Feldversuch“, wie Architekt Karl Miller sagte, der in den letzten sechs Wochen auf dem Kornhausplatz stattfand. Dort stand ein Holzhäuschen. In diesem ruhten, gut isoliert, 330 Kilogramm Eis. Am Samstag waren davon noch 109 Kilo übrig. Von Reinhard Wagenblast

Montag, 08. Juni 2009
Rems-Zeitung, Redaktion
131 Sekunden Lesedauer

SCHWÄBISCH GMÜND. Frank Wendel vom Agenda-​Arbeitskreis Runder Tisch Energie hatte in den zehn Tagen zuvor immer wieder mal am Holzboden nachgefühlt und war erleichtert: „Es war Widerstand zu spüren.“ Dies bedeutete, dass vom ursprünglichen Eisblock noch einiges vorhanden und nicht alles als Schmelzwasser an den vier Säulen des Häuschens herabgelaufen war — das wäre in der Tat peinlich gewesen. Immerhin wollten die Initiatoren ja den Wert einer guten Dämmung mit der „ersten Gmünder Eisblockwette“ belegen.
Dafür packten sie Eisblöcke mit einem Gesamtgewicht von 330 Kilogramm — ein Drittel Kubikmeter Eis — in das von Holzkünstler Reiner Schmid entworfene „Urhaus“ ein. Es stand sechs Wochen lang auf dem Kornhausplatz, die ersten drei davon war’s ziemlich warm, dann drückten die Eisheiligen und die Schafskälte das Quecksilber wieder nach unten — natürliche Helfer. Mehr als 120 Interessierte nahmen an der Eisblockwette teil, im Laufe der nächsten Woche, wenn die letzten Teilnehmerkarten aus den Bezirksämtern eingetrudelt sind, findet die Verlosung der Preise statt. Gewettet wurde auf die verbleibende Menge Eis. Die meisten Einsender waren optimistisch: Ihre Schätzungen schwanken zwischen 40 bis 80 Prozent der ursprünglichen Masse. Im Prinzip lagen sie damit nicht daneben, wie die Agenda-​Mitglieder Miller, Wendel und Gerhard Weingart unterstrichen. Denn wo bislang solche Versuche stattfanden, wurde zum einen mehr Eis verwendet (ein Kubikmeter), zum anderen ein günstigeres Volumen gewählt. Wie gesagt, ein Feldversuch, nicht mit Laborbedingungen vergleichbar und nicht unmittelbar auf ähnliche Versuche in anderen Städten übertragbar. Und mit der Wirklichkeit des Häuslebesitzers hat er auch nur bedingt zu tun: Schließlich hängt der Energieverbrauch eines Hauses zum großen Teil vom Verhalten seiner Bewohner ab.
Auf dem Kornhausplatz war das Eis als ein Meter langer, 70 Zentimeter breiter und 30 Zentimeter hoher Block zwischen Mineralwolle und Polystyrolplatten gepackt, die der Dämmfähigkeit eines so genannten KfW-​40-​Hauses entsprachen. Die neue, schärfere Energie-​Verordnung legt für Neubauten den Wert eines KfW-​60-​Hauses zugrunde, welcher wiederum noch einiges vom echten Passivhaus entfernt ist, das als Optimum der Wärmedämmung gilt. Dennoch erreichen heute noch nicht einmal alle Neubauten den KfW-​40-​Standard. Von der schlechten Wärmedämmung vieler Altbauten ganz zu schweigen — bei diesen sieht Karl Miller das größte Potenzial, durch nachträgliche Maßnahmen tatsächlich etwas für den Klimaschutz zu erreichen. Mit der Einschränkung allerdings, dass dies auch merkliche Folgen für das Erscheinungsbild des Gebäudes haben kann. Bei Neubauten verhält es sich anders: „Man muss es der Architektur nicht ansehen, dass es sich um ein Energiesparhaus handelt.“
Gespannt waren die Initiatoren und einige neugierige Passanten doch, als Frank Wendel das Dach des Holzhäuschens aufschraubte. Den ersten optimistischen Eindruck („noch mehr als die Hälfte da“) bestätigte das Wiegen der Eisbrocken nicht, nachdem Alexander Schaupp die nach sechs Wochen fest verbundenen Klötze auseinander gehackt hatte: 109 Kilogramm brachten die Teile auf die Waage, mithin ein Drittel des ursprünglichen Wertes. Das macht den Kreis der potenziellen Gewinner kleiner. Diese werden nächste Woche ermittelt. Als Preise winken ein Energiespar-​Check fürs Häusle, Eisgutscheine fürs Venezia und ein Stadtwerke-​Energiesparset.