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„Jongerle-​Team“ bezwang den höchsten Gipfel Deutschlands

Es ging nicht ohne Blasen und Sonnenbrand ab, als eine Gruppe Spraitbacher im vergangenen Jahr von der Haustür bis an den Bodensee wanderte. Abgeschreckt hat das die begeisterten Wanderer nicht. In diesem Jahr sollte es sogar noch weiter sein: Bis hinauf zur Zugspitze wollte man gehen.

Samstag, 18. Juli 2009
Rems-Zeitung, Redaktion
4 Minuten Lesedauer

SPRAITBACH (jt). So musste das Fahrrad ein weiteres Jahr in der Garage bleiben. Statt Wochenendradtouren standen nun eben Wanderungen an — auf so ein Projekt will ja auch gut trainiert sein. Mitte Juni startete die inzwischen „Jongerle-​Team“ getaufte Gruppe, bestehend aus Wolfgang Artmann (Wolle), Alfred Brech (Affe), Paule Waibel und Thomas Lang — bei Regenwetter. Also gleich Regenjacke und Schirm raus, doch es nützte alles nichts, bereits im Leintal schüttete es aus Kübeln und der Wind trieb den Regen bis unter den Schirm, so dass die Wanderer bis Mutlangen bereits nass bis auf die Haut waren. Glücklicherweise hatte der Regen in Gmünd dann bereits aufgehört. Weiter ging’s über Waldstetten, wo man nach drei Stunden die erste Mittagspause einlegte, bevor die Spraitbacher die ersten Steigungen zum Reiterleskapelle nehmen mussten. Der Weg führte an diesem Tag weiter durchs Christental nach Lauterstein und vorbei am Schloss Weißenstein nach Treffelhausen. Von dort ein Stück durchs Roggental und über die ehemalige Burg Ravenstein hinauf nach Steinenkirch bis zum dortigen Waldhausen, wo erstes Etappenziel war.
Am nächsten Tag ging es von Waldhausen über Schalkstetten nach Bräunisheim, dann ewig durch den Wald nach Weidenstetten, wo man zur Mittagszeit eine erste nette Bekanntschaft machte. Im Mini-​Supermarkt pries ein nettes Käs-​Weible ihre Käsespezialitäten an und ließ alle probieren. Auf dem Weiterweg Richtung Beimerstetten hupte ein Auto und hielt neben den Wanderern: Das Käs-​Weible ließ das Fenster herunter und reichte mit den Worten „I hab jetzt Feierobend“ ein zünftiges Stück Bergkäse herüber. Inzwischen hatte sich Paule daran erinnert, in Beimerstetten aus alten Zeiten einen Kumpel zu haben. Der freute sich tatsächlich über den unverhofften Besuch. Gemeinsam machte man sich dort über den geschenkten Käse her. Danach überquerte die Gruppe die A8 und anschließend die Donau. Ziel war an diesem Tag Steinheim bei Nersingen/​Ulm.
Am nächsten Tag erreichten die Spraitbacher über den „Schwäbisch-​Allgäuer-​Weitwanderweg“ Weissenhorn, wo sie im Ortsteil Grafertshofen einkehrten. Nun kamen auch die ersten Blasenpflaster zum Einsatz, welche in ausreichender Anzahl mitgeführt wurden. Man hatte schließlich aus der Vorjahres-​Tour gelernt. Der Schwäbisch-​Allgäuer-​Weitwanderweg führte dann weiter über Wiesen und durch lichte Wälder nach Rennertshofen, wo bei einer Einkehr der Wirt nach dem Woher und Wohin fragte. Das Woher wollte er noch glauben, beim Wohin meinte er zunächst, die Männer wollten ihn auf den Arm nehmen. Nachdem man ihn mit entsprechendem Kartenmaterial und Blasenschäden aber überzeugen konnte, kam auch hier zünftige Stimmung auf. Schluss war an diesem Tag nahe Kettershausen.
Am vierten Tag hatte sich ein „Jongerle“ aufgrund erheblicher Schäden an der Lauffläche entschieden, einen Tag auszusetzen. Also ging es zu Dritt weiter. Der Weg führte an diesem Tag in weiten Teilen an der Günz entlang und bald hatten die drei Wanderer erstmals Sicht auf die Alpen. Gegen 13:30 Uhr kamen sie in Lauben an, Halbzeit, was die Strecke Spraitbach-​Ehrwald betrifft. In Günz wurde in einem urig-​gemütlichen Antik-​Cafe (kein Tisch und kein Stuhl glich dem anderen) eine kurze Brotzeit eingenommen, bevor der restliche Weg dieses Tages vollends nach Ottobeuren führte, wo am Fuße der Basilika die Tagesetappe beendet wurde.
Am fünften Tag — alle vier nun wieder mehr oder weniger erholt vereint — ging es von Ottobeuren ins Allgäu, wo die Gruppe bis Betzigau eine lange Durststrecke überwinden musste. Entweder gab es keine Einkehrmöglichkeiten oder sie hatten Betriebsferien. Nach einem relativ unspektakulären Tag kam man in Bodelsberg an. Am sechsten Tag regnete es dann wie aus Kübeln. Ab jetzt führte der Weg in hügeligeres Gelände in schöner Landschaft — doch aufgrund des Regens und der Wolken hatten die Wanderer leider nicht viel davon. In Haslach am Grüntensee wurde eingekehrt und versucht, die nassen Klamotten wenigstens ein bisschen zu trocknen. Auch das Kartenmaterial hatte Feuchtigkeit abbekommen und musste vor der Auflösung bewahrt werden. Aber auch an diesem Tag hörte der Regen irgendwann mal auf und in Pfronten konnten alle bereits wieder in einem sonnigen Biergarten sitzen. Am Abend überschritten die Wanderer bei Schönbichl die Grenze zu Österreich und erreichten das Ende der Etappe, Musau.
Ehrwald rückte in greifbare Nähe. Der siebte Tag versprach von der Landschaft und der Strecke her der schönste zu werden. Schade nur, dass diesmal gleich zwei „Jongerla“ aussetzen mussten, denen der Kappeler Höhenweg vom Vortag doch gehörig zugesetzt hatte. Also machten sich Paule und Thomas allein auf die letzten Kilometer zum Fuße des eigentlichen Ziels, der Zugspitze. Von Musau ging’s, teilweise entlang des Lechs, nach Reutte in Tirol. Von hier stieg der Weg anstrengend über das Mäuerle an, was jedoch mit einem herrlichen Blick auf einen türkis leuchtenden Heiterwanger See belohnt wurde. Dort wurde dann auch den Füßen eine Pause gegönnt, bevor die letzten Meter über den Zugspitz-​Panoramaweg nach Ehrwald zurückgelegt wurden. Ein langer aber schöner Marsch, welcher den beiden am Abend einen ersten Blick auf das Wettersteingebirge gewährte. In Ehrwald angekommen war an der Talstation der Almbahn für diesen Tag Schluss.
Wieder zu viert ging es dann am achten Tag zum Gipfel. Ziel war es, an diesem Tag die Knorrhütte zu erreichen, um dort zu übernachten und am letzten Tag ausgeruht die letzten Meter zum Gipfel hinter sich zu bringen. Nach einem anstrengenden Anstieg, belohnt durch einen zunehmenden Ausblick in die alpine Bergwelt, Sicht auf eine Vielzahl von Gämsen und Anblick einer faszinierenden Pflanzenwelt, erreichten die Wanderer in einer Höhe von 2024 Metern um die Mittagszeit das „Gatterl“, wo sie die Grenze von Österreich nach Deutschland überschritten. Vom „Gatterl“ führte der Weg zur Knorrhütte, die man bereits eine Stunde später erreicht hatte. Der Gipfel war in greifbarer Nähe, und so wurde der Plan geändert, weiter ging es in Richtung Zugspitze. Schließlich erreichten die Wanderer das Münchner Haus wo sie sich stolz und froh in den Armen lagen.
Einziger Wermutstropfen: der Weg zum Gipfelkreuz blieb wegen Schnee und Eis versperrt. Die „Jongerla“ hatten es geschafft; von Spraitbach auf die Zugspitze in acht Tagen. Rund 250 Kilometer. Und jetzt konnten sie einen Ausblick genießen, der sich nicht beschreiben lässt: Der Blick auf unzählige Alpengipfel — selbst der Hüttenwirt kennt deren genaue Zahl nicht -, den Eibsee, hinunter nach Ehrwald und in die Ferne, wo die Sonne langsam unter ging.
Am letzten Tag ging es mit der Seilbahn hinab ins Tal und mit dem Auto nach Hause. Die Tour fand schließlich über einen Abstecher ins Bistro-​Pub Mäxle ihren Ausklang im Lamm, wo Paule schon wieder die Frage in den Raum warf: „Jetzt hen’ mer da gröschta See und da höchsta Berg und was kommt nächst’ Johr dran?“ — „ Paule, bis do na ischs no lang“, so seine Mitwanderer einstimmig.

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