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Nachrichten Schwäbisch Gmünd

Freizeit– und Integrationsprojekt im alten US-​Offiziersclub im Unipark

„Wie bleib’ ich cool?“ Eine schlichte, jedoch zentrale Frage im Leben von vielen jungen Aussiedlern, die fast zwangsläufig in Kultur-​, Ausgrenzungs– und Sprachkonflikte geraten. Das Gmünder Projekt „Sportbox“ gibt Antwort und Kraft zum „cool“ bleiben. Von Heino Schütte

Freitag, 24. Juli 2009
Rems-Zeitung, Redaktion
2 Minuten 14 Sekunden Lesedauer

SCHWÄBISCH GMÜND. Sozialbürgermeister Dr. Joachim Bläse schlug am Mittwochabend kräftig zu und rief alle Beteiligten dieses bemerkenswerten Netzwerkes für Freizeitgestaltung und Integration zu einem Pressegespräch zusammen. Denn wie er sicher ist, sei mit der „Sportbox“ ein überzeugendes Pilotprojekt in Gang gekommen, das zur Nachahmung auffordert. „Sportbox“ profitiert von einigen Hinterlassenschaften der US-​Armee und der University of Maryland: Das ehemalige Offizierskasino und jede Menge Sportgeräte. Freund und Gönner des Projekts ist die Vereinigte Gmünder Wohnungsbaugesellschaft VGW. Wie deren Vertreter Thomas Riede erklärt, habe das Unternehmen in diesem Stadtbezirk rund 500 Wohnungen. Viele Aussiedlerfamilien hätten in der Oststadt ihre neue Heimat gefunden. Die VGW fühle sich in der sozialen Pflicht, die Integration zu unterstützen. Jürgen Werner und Tanja Rost von der Mobilen Jugendarbeit St. Canisius betreuen das Projekt. Othmar Kuhner ist Verbindungsmann zum Landesgymnasium für Hochbegabte mit dem die „Sportbox“ aktiv kooperiert, zuletzt mit einem gemeinsamen Team beim Stuttgart-​Lauf. Doch da gibt’s noch einen, auf den die Blicke der 50, 60 starken Jungs aus der Oststadt ganz besonders spürbar und mit erstaunlicher Disziplin fixiert sind: Nikolai Potapenja, ehemaliger Judonationaltrainer in Kasachstan. Er ist Leit– und Integrationsfigur. Dazu gehört u.a. auch, dass in der „Sportbox“ grundsätzlich deutsch gesprochen wird und Alkohol tabu ist. Suff ist ja eh nur was für Schwache; in der „Sportbox“ zählen Kraft, Ausdauer, Geschicklichkeit, Teamgeist und sportliche Erfolge. Das alles sorgt für Selbstbewusstsein, auch für Selbstdisziplin und –kontrolle. Bürgermeister Dr. Joachim Bläse erklärt, wie es zu der Idee „Sportbox“ kam. Da sei die Erfahrung gewesen, dass es vielen jungen Aussiedlern zunächst und verständlicherweise schwer falle, gleich den Weg einer Vereinsmitgliedschaft zu wählen, um sich sport– und gemeinschaftlich zu betätigen. „Sportbox“ sei nun ein Angebot im Sinne der offenen Jugendarbeit: Ohne Schwellenangst, doch durchaus mit der Hinführung in einen bodenständigen Verein. Trainer Nikolai Potapenja ist im TSB engagiert. Vorwiegend richtet sich das Projekt an Jugendliche (natürlich auch Mädchen) mit russlanddeutschem Migrationshintergrund. Doch ganz klar sind in der „Sportbox“ auch alle „Muttersprachen“ herzlich willkommen, was auch vereinzelt angenommen wird. Detlev Wiesinger, Jürgen Werner und Tanja Rost von St. Canisius legen das pädagogische Grundkonzept der „Sportbox“ dar: Kulturkonflikte (Ausgrenzung), Sorgen in der schulischen und beruflichen Ausbildung, oft allein schon Sprachprobleme sind nicht nur bei jungen Aussiedlern, sondern bei allen Jugendlichen aus Migrationsfamilien der Zündstoff entweder für Aggression oder auch für Frustration. Am Ende dieser Entwicklung – wird nicht dagegen gesteuert – drohen Suchtkrankheiten und/​oder Gewaltkriminalität.
In der „Sportbox“ werden grundlegende Schutzfaktoren geschaffen, angefangen vom sprachlichen Training über Erfolgserlebnisse bis hin zur sozialen Unterstützung, sowohl untereinander unter den Freunden als auch, sollte es notwendig sein, durch die Hilfe der Jugendsozialarbeiter. Die „Sportbox“, so wird betont, arbeitet nicht abgekapselt. Überhaupt sind viele Kräfte ja auf gutem Weg, den ehemaligen Ghettocharakter des alten „Kasernenviertels“ vollends zu überwinden. Regelmäßig werden den jungen Kraft– und Ausdauersportlern zusätzliche Freizeitaktivitäten angeboten. Gemeinsam mit Schülerinnen und Schülern aus dem Unipark-​Gymnasium wurde eine erfolgreiche Laufgruppe ins Leben gerufen. Mit dem TSB gibt es eine feste Partnerschaft. Die „Sportbox“ ist Teil des Programms „Integration durch Sport“ des Landessportbunds.

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