Heubach legt sich Polizeiverordnung nach Gmünder Art zu

Ostalb

Rems-Zeitung

Gut zwei Wochen vor dem Straßenfest erlässt die Stadt Heubach eine Polizeiverordnung nach dem Muster Gmünds. Der Zeitpunkt des Schnapserlasses stieß manchen Stadträten sauer aus. Doch noch bitterer schmeckte ihnen die sich rasch verschlechternde Finanzlage, hier schlägt die Finanz– und Wirtschaftskrise durch.

Mittwoch, 08. Juli 2009
Rems-Zeitung, Redaktion
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HEUBACH (rw). Der Anlass für den Schnapserlass hat mit dem Straßenfest eigentlich nichts zu tun, räumte Bürgermeister Klaus Maier ein, dem in der gestrigen Gemeinderatssitzung Unmut über die Kurzfristigkeit entgegenschlug. Doch die Stadt habe sich nach der jüngsten, inzwischen aufgeklärten Serie von Fassadenschmierereien veranlasst gesehen, einzugreifen. Die Sachbeschädigungen aus der Spraydose seien sämtlich unter Alkohol verübt worden. Beim Straßenfest soll laut Polizeiverordnung ein Verkaufs– und Verbringungsverbot eingeführt werden. Besucher dürfen keine alkoholischen Getränke mitbringen, auch keine Trinkgefäße. Die Standbetreiber müssen Pfand erheben, sie dürfen weder sogenannte Alkopops noch branntweinhaltige Getränke verkaufen. In Gaststätten ist der Verkauf nur erlaubt, wenn der Konsum im Gastraum erfolgt.
Im Hintergrund stehen jedoch die Zwischenfälle beim Straßenfest 2006: Damals kam es laut Polizeiposten-​Chef Joachim Roth zu „Körperverletzungen ohne Ende. Es zeigte sich ein erschreckendes Gewaltpotenzial“, vor allem von jungen Erwachsenen. Roth plädierte für die Eingriffsermächtigung, welche die Polizeiverordnung schaffe; primäre Ursache der Ausschreitungen sei der mitgebrachte Alkohol: „Leute, die unverschuldet in Schlägereien verwickelt werden, kommen nicht wieder zum Straßenfest.“ Sein Kollege Herbert Mayer schilderte die Erfahrungen, die man in Gmünd seit 2005 mit einer entsprechenden Polizeiverordnung gesammelt habe — das Stadtfest sei sicherer geworden, das Scherbenmeer am Unteren Marktplatz ist verschwunden. Vor allem werde an den Zugängen kontrolliert.
Im Prinzip sahen die weitaus meisten Räte den Sinn der Polizeiverordnung ein, „uns stört der Alkoholmissbrauch kolossal“, so Roland Hegele. Doch die Standbetreiber sollten einen Nachlass auf die Standgebühren und die Möglichkeit zum Ausstieg aus dem Straßenfest erhalten, wenn sie dies wünschten. Zwei Standbetreiber hatten zuvor Gelegenheit erhalten, ihre Positionen darzulegen, auch sie störten sich vor allem an der Kurzfristigkeit, „das hätte man vor der Wahl ansprechen können.“ Nach einer längeren Diskussion beschloss der Gemeinderat die Polizeiverordnung bei drei Enthaltungen. Vor allem Michael Heinzelmann (CDU) machte Front gegen die Reglementierung, „nie ist soviel gesoffen worden wie in Amerika während der Prohibition.“ Den Standbetreibern wird der Schnapserlass durch die Reduzierung der Standgebühr um 100 auf 300 Euro versüßt, sie erhalten zudem eine Rücktrittsmöglichkeit.
Ein düsteres Bild der Heubacher Finanzen zeichneten Bürgermeister Klaus Maier und Kämmerer Bernd Schweizer in ihrem Halbjahresbericht. Die Stadt braucht einen Nachtragshaushalt. Das Gewerbesteueraufkommen reduziert sich stark, in der Förderung der Sporthalle klafft eine 335000-​Euro-​Lücke, dem Verwaltungshaushalt fehlen 700 000 Euro. Die mittelfristige Finanzplanung ist Makulatur. Die Bürger müssen mit deutlich höheren Steuern und Gebühren rechnen, der Wasserzins könnte um 20 Cent steigen. Ansonsten blieb den Räten nur die Selbsteinschwörung auf Sparsamkeit. Manches Projekt wird zu überdenken sein.