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Nachrichten Schwäbisch Gmünd

Exkursion der Spitalmühle zu vorgeschichtlichen Frauenspuren im Lonetal

Interessierte Frauen und Männer aus Schwäbisch Gmünd und Tübingen konnten die Leiterin der Spitalmühle Gertrud Kolbe-​Lipp und Gmünds Frauenbeauftragte Elke Heer zur Wanderexkursion ins Lonetal begrüßen.

Samstag, 15. August 2009
Rems-Zeitung, Redaktion
2 Minuten 17 Sekunden Lesedauer

SCHWÄBISCH GMÜND (sv). Angekündigt war ein Tag voll mit Informationen und Bewegung — 12 Kilometer zu Fuß wurden zurückgelegt und viel Wissen hatten die Leiterinnen parat. Unter der fachkundigen Leitung von Nicola Poppe und Regina Golke erwanderten die Teilnehmerinnen und Teilnehmer bei schönstem Sommerwetter das Lonetal und erfuhren bei den klug eingelegten Pausen Wissenswertes über diese Landschaft, die einst ein Meer war und deren Höhlen sich durch Risse im Karst ergeben haben. Im heutigen Lonetal ist die Renaturierung voll im Gange, und die Lone wird in ihrem breiten Tal durch künstliche Hindernisse wieder zum Mäandern angeregt. Die erste Höhlenhalle, die die Gruppe besichtigen konnte, die Backsteinhöhle, ist die größte Fundstelle in Süddeutschland, in der unzählige Faustkeile aus Jura-​Hartstein gefunden wurden und so Auskunft über das Leben der Menschen in der Zeit von vor 20 000 — 40 000 Jahren geben konnten. Besonderes Augenmerk legten die Leiterinnen auf das Leben von Frauen in der Vorgeschichte. Archäologische Funde sind die einzigen Zeugnisse auf die Lebensweisen der Vorfahrinnen. Spannend war es zu erfahren, wie sich die Forschungsergebnisse über die Jahre geändert haben und es wurde klar, dass die Interpretation der Grabungsfunde in Bezug auf die Lebensrealitäten von Frauen in direkter Abhängigkeit zu den Lebensrealitäten von Frauen heute zu sehen sind. Gerastet wurde auf der Anhöhe über der Backsteinhöhle, inmitten von wilden weißen Lilien, duftendem Majoran mit einem herrlichen Ausblick über die beschauliche Landschaft. Den Hohensteinstadel als zweite Höhle erlebte die Gruppe zunächst in aller Stille. In der kühlen großen Höhlenhalle konnten die Teilnehmerinnen und Teilnehmer spüren, wie sich die Menschen früher gefühlt haben mochten. Eine Erzählung, die in der dämmrigen Höhle verlesen wurde, trug zur besseren Vorstellung der spirituellen Welt der Ahninnen und Ahnen bei. Die Ausgrabungsgeschichte des Hohensteinstadels ist voller Brüche: Im Sommer 1939 war die Grabung am Hohenstein beendet, aber wegen des zweiten Weltkrieges wurden die Ausgrabungen nicht weiter untersucht, sondern nur abgelegt. Erst 1969 wurde fast zufällig das Grabungsmaterial wieder entdeckt und es wurde aus über 200 Bruchstücken der 30 cm große „Löwenmensch“ geboren, dessen Geschlecht bis heute noch nicht geklärt ist, so dass auch von der Löwenfrau gesprochen werden kann. Eine der bekanntesten Höhlen ist die Vogelherdhöhle bei Niederstotzingen, die in einer einzigartigen Stein– und Blumenwiese zu finden ist. Dort wurden viele Kunstfunde gemacht, u.a. kleine Mammut– und Löwen-​Statuetten und auch das wohl bekannteste Artefakt: das wilde Pferd. Diese kulturellen Zeugnisse aus der Steinzeit belegen eindrucksvoll, dass das Leben damals schon ein kulturelles Niveau hatte. Von primitiven Steinzeitmenschen zu sprechen, entbehrt daher von heutigem Kenntnisstand jeder Grundlage. Fast zum Abschluss luden die Leiterinnen zu einem spirituellen Tanz ein. Ein längerer Wanderungsteil endete am Kloster Lindenau. Dort hatte die Exkursion einen geruhsamen Ausklang mit schwäbischem Essen und Trinken im schönen Ambiente des Biergartens. Einig waren sich alle aus der Gruppe, dass es ein intensiver und informativer Tag im Lonetal war, der mit seinen unterschiedlichen Teilen, wie Wanderung, Vortrag, Lied und Tanz auch viele neue Aspekte von Landschaft und Geschichte des Lonetals vermitteln konnte.
Für an der Vor– und Frühgeschichte interessierte Menschen bietet die Spitalmühle im vierten Quartal des Jahres eine Fahrt nach Stuttgart an, wo im Kunstgebäude die Ausstellung „Eiszeit — Kunst und Kultur“ präsentiert wird.

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