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Nachrichten Schwäbisch Gmünd

Oberbürgermeister Richard Arnold besuchte das Lager des Gmünder Schulmuseums-​Vereins

Kürzlich kam Oberbürgermeister Richard Arnold zu einem Kurzbesuch ins „Zapp“, einem der vier Lager des Förderverein Schwäbisch Gmünder Schulmuseum. Mehrere Mitglieder des Fördervereins zeigten jeweils in verschiedenen Räumen zwei bis drei besonders für Gmünd wertvolle und wichtige alte Schulutensilien. Von Gerda Fetzer

Mittwoch, 02. September 2009
Rems-Zeitung, Redaktion
3 Minuten Lesedauer

SCHWÄBISCH GMÜND. Richard Arnold war überrascht über die Fülle und die Vielfalt der Artikel in den gestapelten Kartons und geordneten Regalen. Er entdeckte dabei seine frühere Fibel aus der ersten Klasse, bestaunte ein gesticktes Gmünder Übungsdeckchen von 1845 und interessierte sich für die gerade gespendeten alten Schulhefte, Bücher und sonstigen Schulutensilien, an der die Mitglieder des Fördervereins seit Stunden arbeiteten. Zufällig sah er Bilder von Schülern und Schülerinnen mit ihrer Lehrerin vor dem alten Schulhaus in Großdeinbach und kam so auf, die Idee, dem Förderverein auch sein Einschulungsbild zur Verfügung zu stellen.
Bis 1967 fand die Einschulung und der Beginn des neuen Schuljahrs direkt nach Ostern statt. Damals wurden die Schultüten oft mit Osterhasen und Ostereiern verziert und hießen auch manchmal Ostertüten. Sie waren mit gekochten Ostereiern, roten Zuckerosterhasen oder Karamelllämmchen gefüllt und ganz oben thronte ein Osterhase aus Schokolade. Auch Palmkätzchen und Frühlingsblumen auf den Tüten wiesen auf das frühe Einschulungsdatum hin.
Mit Hilfe von so genannten Kurzschuljahren 1966/​1967 gelang die Umstellung auf den Sommertermin, der heute allgemein geläufig ist.
Der Name „Schultüte“ kommt aus dem mittelalterlichen Wort „tuten“, was frei übersetzt „überrascht sein“ heißt. Daher kommt der Name Tüte, welcher in Teilen Kölns noch als „Geschenk“ übersetzt wird. Die Lehrer an verschiedenen Schulen Deutschlands setzten noch das Nomen „Schule“ oben drauf. Also könnte Schultüte auch mit „Schul-​Überraschung“ oder „Überraschungs-​Schule“ übersetzt werden.
Die Geschichte der Schultüte in Deutschland geht bis ins Jahr 1810 zurück. Damals wurde besonders den Schulanfängern in Sachsen und Thüringen der Weg in die Schule versüßt. Erste gesicherte Nachrichten kommen aus Jena (1817), Dresden (1820) und Leipzig (1836).
Dort erzählte man den Kindern früher, dass in dem Haus des Lehrers ein Schultütenbaum wüchse, und wenn die Schultüten groß genug wären, dann wäre es auch höchste Zeit für den Schulbesuch.
In dem „Zuckertütenbuch für alle Kinder, die zum ersten Mal in die Schule gehen“ von 1852 wurde die Vorstellung verbreitet, dass es im Keller der Schule einen Zuckertütenbaum gebe, von dem der Lehrer den braven Schülern eine Tüte abpflücke.
Die süß gefüllten Geschenktüten waren zunächst nur in den größeren Städten bekannt. Erst nach und nach setzte sich der Brauch auch auf dem Land durch. Mit Einführung der allgemeinen Schulpflicht wuchs auch der Bedarf an Zuckertüten. Um 1910 begannen die ersten Fabriken zum Beispiel in Sachsen, sie herzustellen. Wie heute wechselten auch früher die Motive auf den Tüten, je nachdem, was gerade modern und beliebt war.
So gab es spezielle Zuckertüten zum Geburtstag des deutschen Kaisers und in der DDR zu Ehren des Sozialismus oder mit den Kinder-​Lieblingen Pittiplatsch und Schnatterinchen. Früher waren es oft die Paten, die den Kindern ihre Tüte überreichten. Aber auch die Großeltern und andere Verwandte kauften meist noch eine Extra-​Tüte.
Heute zieren Comic-​Figuren, Fußball-​Stars oder Tiere die bunten Tüten. Neuester Trend: Blinkende LED-​Leuchten. Übrigens: Schultüten gibt es in Deutschland, Österreich und der Schweiz, in anderen Kulturen ist dieser Brauch kaum bekannt.
Bemerkenswert sind die Unterschiede zwischen Ost– und Westdeutschland, wenn es um die Zuckertüte geht. Während die Schultüten in den alten Bundesländern rund sind und meist einen Verschluss aus Filz haben, sind die Tüten in den neuen Bundesländern sechseckig und schließen mit Borte und Tüll ab.
In der Regel werden die Schultüten heute am Ende des Kindergartenjahrs von Eltern und Kindern gemeinsam in den Kitas gebastelt. Weil die Geschwister oft neidisch sind, bekommen sie eine Geschwistertüte zur Begleitung des Erstklässlers in der Schule.

„Ich leg dir in die Schultüte …“ ist eine erklärende Aufzählung überschrieben, die dem Verein Schulmuseum vorliegt. Danach gehören in die Schultüte:

  • einige Süßigkeiten, weil das Leben auch mal bittere Stunden kennt.
  • Malfarben, weil du die bunte Fülle der Welt erfahren sollst.
  • einen kleinen Teddy, weil du gute Freunde finden wirst.
  • eine Lupe, damit du die kleinen Dinge des Lebens sehen und achten lernst.
  • einen Radiergummi, denk daran, du kannst immer wieder neu anfangen.
  • eine Flöte, weil du den Schatz eines Liedes entdecken sollst.
  • einen kleinen Stein vom Urlaub, weil du dich an alles Schöne gerne erinnern sollst
  • ein Kindergebetbuch, weil du immer zu Gott kommen darfst, der dich behüten möge auf all deinen Wegen.

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