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Nachrichten Ostalb

Heubach war die „Keimzelle“ für die vielbeachtete Vorbild-​Ausstellung des deutsch-​türkischen Netzwerks im Ostalbkreis

Gülden Ses aus Heubach hatte eine Vision: Als Gegengewicht zu negativen Schlagzeilen über Ausländerkriminalität sollte die Bevölkerung informiert werden, wie viele positive Beispiele es für gelungene Integration gibt. Die daraus resultierende Ausstellung hat schon andernorts Furore gemacht und ist nun in der „Keimzelle“ zu sehen. Von Gerold Bauer

Donnerstag, 24. September 2009
Rems-Zeitung, Redaktion
2 Minuten 39 Sekunden Lesedauer

HEUBACH. Schon die Eröffnung des gestrigen Abends in Heubach zeigte, dass es auf die richtige „Mischung“ ankommt. Mit einer Synthese aus Rap, Break-​Dance und Hip-​Hop sorgte eine türkische Kindertanzgruppe für einen temperamentvolle Auftakt. Bürgermeister Klaus Maier verhehlte nicht seinen Stolz, dass die Ideengeberin für die in größeren Städten schon viel beachtete Integrations-​Ausstellung des deutsch-​türkischen Netzwerks eine Heubacherin war. Dies ist eigentlich kein Wunder, denn in Heubach sind interkulturelle Probleme offensichtlich nicht sehr ausgeprägt. Die Wege zwischen dem Vorsitzenden der türkisch-​islamischen Gemeinde und dem Rathaus seien kurz und die Kontakte sehr intensiv, betonte das Heubacher Stadtoberhaupt. Maier schilderte auch, wie türkische und türkische-​stämmige Heubacher die Stadt unterm Rosenstein gerne als „die Stadt, in der sie zu Hause sind“ bezeichnen.
Begrüßen durfte der Heubacher Schultes neben einigen Stadträten gestern auch zwei Pfarrer sowie die Rektoren der Schillerschule und des Gymnasiums, Alfred Bader und Hans-​Joachim Jauernigk. An letzteren adressierte er den Wunsch, dass man sich bemühen müsse, noch mehr türkische Jungs und Mädchen auf’s Rosenstein-​Gymnasium zu bringen, „denn dann haben wird jede Menge Vorbilder“ für die Jugend.
Anlässlich der Ausstellungseröffnung wolle er gleich drei Botschaften überbringen. Die erste könne man schon am Veranstaltungsort erkennen. Die Wahl des Sitzungssaal des Gemeinderats als Ausstellungsraum sei als politisches Symbol zu verstehen um den türkischen Mitbürgen zu signalisieren, dass sie im Rathaus willkommen sind. Als weitere Botschaft war es dem Heubacher Bürgermeister wichtig, zu betonen, dass Integration Arbeit bedeutet. Arbeit für die Stadt (an dieser Stelle adressierte er ein dickes Lob an seine Stadtjugendpfleger Andreas Dionyssiotis und Melanie Oertel für deren gute Arbeit) und die Schulen, aber auch Arbeit für die Menschen mit Migrationshintergrund, die sich zum Beispiel bemühen müssen, die Sprache des Landes, in dem sie leben, auch zu verstehen und zu sprechen. Maiers dritte Botschaft war die erfreulichste: „Wir haben Erfolg bei unseren Integrationsbemühungen, dies kann man an den in der Ausstellung beschriebenen Biographien deutlich sehen“. Darunter sind gleich mehrere Heubacher, zum Beispiel die Lehrerin Elif Gönenc und die Diplom-​Pädagogin Söngül Dimirci„ die beide am Rosenstein-​Gymnasium Abitur gemacht hatten.
Gemeinsam erläuterten dann Gülden Ses und Andreas Dionyssiotis die Entstehungsgeschichte des deutsch-​türkischen Netzwerks. Die junge Türkin brachte dabei ihren Wunsch zum Ausdruck, dass „ihre Stadt“ bundesweit ein Beispiel dafür sein könnte, wie Menschen aus verschiedenen Kulturkreisen vernünftig und harmonisch miteinander leben können. Dionyssiotis ergänzte, dass die vielen in Heubacher Vereinen mitwirkenden Menschen türkischer Abstammung ein gutes Beispiel dafür seien. Wo es noch fehle, sei oft der schulische Erfolg bei jungen Türken. Hier könnten zum Beispiel ganz persönliche Patenschaften helfen, einzelne Kinder auf ihrem Weg zum Erfolg zu begleiten. In einer Interview-​Runde befragten Ebru Kiyici und Gerhard Kuhn die junge Lehrerin und die Diplom-​Pädadogen sowie den Gmünder Unternehmer und Stadtrat Bilal Dincel nach den Gründen, warum deren Integration so perfekt gelungen ist. Dincel plädierte für die politische Partizipation von Menschen mit Migrationshintergrund und betonte, dass die Vertrautheit mit eigenen kulturellen Wurzeln und der angestammten Religion nicht dem interkulturellen Verständnis im Wege stehe, sondern dieses sogar fördere. „Gerade weil ich weiß, wie wertvoll mir mein Koran und meine Moschee sind, habe ich Verständnis, dass den Christen ihre Bibel und ihre Kirche so wichtig sind“, so seine Erfahrung. Diplom-​Pädagogin Demirci plädierte für die Bereitschaft, sich einfach besser kennen zu lernen, dann wachse automatisch das Verständnis füreinander. Und dann sei es für die Integration auch nicht entscheidend, ob man einen eher türkischen oder mehr deutschen Freundeskreis habe. Lehrerin Gönenc weiß aus ihrer Erfahrung, dass gerade in Schulen mit hohem Migranten-​Anteil Lehrer mit eigenem Migrationshintergrund oft einen besseren Zugang zu den Schülern und Eltern finden.

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