Vorgezogene erste Sitzung des Gemeinderats nach der Sommerpause im Zeichen der Finanzkrise und eines neuen Miteinanders

Schwäbisch Gmünd

Rems-Zeitung

Mit einem Appell des neuen Oberbürgermeisters für ein neues, vor allem zielorientiertes Gmünder Miteinander begann gestern die erste Gemeinderatssitzung nach der Sommerpause. Sie war im ersten Teil geprägt von der kommunalen Aufarbeitung der Auswirkungen der Finanzkrise.

Donnerstag, 24. September 2009
Rems-Zeitung, Redaktion
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SCHWÄBISCH GMÜND (hs). OB Richard Arnold hatte die Stadträte vorzeitig aus der Sitzungspause geholt. Ursprünglich hätte das Bürgerparlament erst im Oktober zusammentreten sollen. Doch bei etlichen wichtigen Themen drängt die Zeit. Ebenso die Erwartungshaltung in der Bürgerschaft, die auf Antworten und Lösungen wartet; angefangen vom Tunnelfilter bis hin zur Landesgartenschauplanung. Für die neue Stadtspitze (OB Arnold, Baubürgermeister Mihm und Erster Beigeordneter Bläse) war die gestrige Sitzung zudem Premiere. Entsprechend stark das Zuhörerinteresse. Für die vielen Besucher mussten sogar im angrenzenden Lichthof Stühle aufgestellt werden, damit sie das Geschehen im überfüllten Sitzungssaal verfolgen konnten.
Vor Eintritt in die Tagesordnung richtete der OB eine kurze Grundsatzrede an die Fraktionen. Hierin rief er zu einem sachlichen und offenen Dialog auf. Mit Geduld möge man fortan die Überlegungen und Argumente anhören. Die besten Lösungen für anstehende Fragen dürften sich sodann nicht an Einzelinteressen orientieren, sondern „am Gemeinwohl unserer Heimatstadt Schwäbisch Gmünd“. Dieses Rathaus müsse offenstehen für alle Bürger, die Gespräche suchen und gute Ideen haben. Richard Arnold beschrieb Ideenreichtum und Individualität als Reichtum, ja als Markenzeichen von Schwäbisch Gmünd. Mit dieser Gmünder Individualität, gepaart mit Bauernschläue, sehe er die Kraft, um diese Stadt auch in Zeiten der Finanzkrise voranzubringen. In diesen Zusammenhang stellte Arnold auch die neue Strategiegruppe, der Vertreter des Gemeinderats, der freien Wirtschaft und auch Ortsvorsteher angehören, vor. Deren vorrangiges Ziel: Festsetzung von Prioritäten und Strategien, um die Finanzkrise zu überbrücken und die Stadt in eine optimale Startposition für die Jubiläums– und Gartenschaujahre 2012 und 2014 zu bringen. Fast zwei Stunden lang wurden dann „offen und schonungslos“ (OB Arnold) die Haushaltszahlen für 2009 und 2010 auf den Tisch gelegt. Besonders im nächsten Jahr wird es dramatisch, weil aktuelle Steuerschätzungen ein 16-​Millionen-​Euro großes Loch in der Stadtkasse aufzeigen. Die Strategie der Stadtverwaltung sieht vor, dass die fehlenden Einnahmen in diesem Jahr mit Kreditermächtigungen aufgefangen werden sollen. Dazu will der OB mittels Liberalisierung der strengen Gmünder Bauvorschriften auch den Bauplatzverkauf ankurbeln, weil da „zwölf Millionen Euro brachliegen“. 2010 werde dann auf die Rücklagen zurückgegriffen.
Dazu segnete der Gemeinderat gestern auch eine prozentuale Haushaltssperre ab, wobei insbesondere das Schul– und Bildungswesen mit einem blauen Auge davonkommt. Etliche für dieses Jahr geplante Investitionen werden aufgeschoben und/​oder müssen mit Kürzungen rechnen. CDU-​Fraktionsvorsitzender Alfred Baumhauer befürwortete die Sparvorschläge und bedauerte, dass die Haushaltsplanung für 2009 und 2010, wie sich nun gezeigt habe, von der seitherigen Verwaltung „auf viel zu optimistische Annahmen“ aufgebaut worden sei. „Die goldenen Zeiten sind vorbei“, sagte SPD-​Fraktionsvorsitzender Max Fuchs. Er betonte, dass die dramatische finanzpolitische Wende erst nach der Haushaltsplanung eingetreten sei. Dem neuen Oberbürgermeister warf Fuchs Wählertäuschung vor, weil der im OB-​Wahlkampf die jetzt so wertvollen Rücklagen verleugnet habe. Es sei ja gut, dass der OB diese Rücklagen „jetzt doch noch entdeckt hat“. Stadtrat Alexander Schenk (Bündnis90/​Die Grünen) knüpfte mit der Anmerkung an: „Wir werfen jetzt den Blick nach vorne und nicht mehr zurück!“ Und „es wird für uns alle gewiss nicht einfach, dem Bürger zu erklären, dass Dienstleistungen und Investitionen eingeschränkt werden müssen.“ Die Zeiten der „Hallihallo-​Kommunalpolitik“ seien vorbei. Prioritäten müssten gesetzt, das Schiff Schwäbisch Gmünd in stürmischen Zeiten in eine gestärkte Ausgangsposition bugsiert werden. Eine gute Strategie sei jetzt ganz wichtig, urteilten auch Stadträtin Karin Rauscher (FWF) und Stadtrat Peter Müller (Linke), stellten sich damit gleichfalls hinter die Linie von OB Richard Arnold.