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Erika Abele und Aglaia Stave aus Lorch leben ihre Freude am Gestalten in ihren Dirndln aus

Sie wollen Dirndl schaffen, die auf regionalen Trachten basieren, aber auch den Modestandards der Moderne genügen, die einzigartig sind und die einer Frau das Gefühl geben, attraktiv zu sein. Dafür lassen sich Erika Abele und Aglaia Stave einiges einfallen.

Freitag, 04. September 2009
Rems-Zeitung, Redaktion
2 Minuten 21 Sekunden Lesedauer

LORCH (bt). Beide haben das Talent und den Blick für schöne Kleider von ihrer Großmutter. Über ihre gleichaltrigen Baby-​Söhne haben sie sich kennengelernt. Die Dirndl, die sie als Kind tragen mussten, haben sie gehasst. Die größte Gemeinsamkeit: Erika Abele und Aglaia Stave sprudeln nur so vor Ideen, schwelgen in der Fülle schöner Stoffe, und ihre Lust an der eigenen Kreativität ist ansteckend. Da gibt es ein schwarzes, mit grünen Perlen besticktes Dirndl; der Schürze aus grünen Perlen verdankt dieses Modell den Namen Absinth. Ausgefallen sicher, doch unverkennbar ein Dirndl. Aber eine Tüllschürze mit Röschen? Ein Stoff gewordener Dschungelgarten? Ein Tutu, um Himmels willen? Ja klar, warum denn nicht. Die beiden Lorcherinnen tragen zum Pressetermin ihre eigenen Modelle: Erika Abele zeigt ein eher klassisches Mieder, das ihr Dekolletee betont, mit einem Rock, der einer Cancan-​Tänzerin gut zu Gesicht stünde, der bestickte cremefarbene Stoff ist exquisit, die schwarze Rüschen-​Spitze daran ein bewusster Stilbruch. Ihre Freundin und Kollegin hat ein uraltes Männerhemd umgearbeitet: Aus den Ärmeln wurden Höschen, und auch die Kapuze ist nicht eben klassisches Dirndl-​Zubehör, aber sie sieht darin aus wie ein ziemlich verführerischer Peter Pan. Jede Frau kann Dirndl tragen, sagen sie, und zwar so, dass es ihrem eigenen Stil entspricht.
Muss es sein, dass Menschen auf verschiedenen Erdteilen, sogar die Pronimenz in Hollywood und Paris austauschbare Kleider tragen? Dass andere auf dem Oktoberfest in München aussehen wie verkleidet? Ihre Dirndl setzen nicht an der Taille an, sondern an der Hüfte; die Figur, die erwünscht ist und die betont werden soll, ist schließlich nicht die der 50er Jahre: Entsprechend werden auch große Rockfalten vergeblich gesucht. Statt dessen gibt’s Festliches und Alltagstaugliches, Provokantes und Traditionelles — aber immer etwas, dass es noch nicht gibt und so nie wieder geben wird. Klar, dass sie ihre Unikate den Menschen am liebsten auf den Leib schneidern.
Erika Abele ist 30 Jahre alt und auf einem Bauernhof in Mutlangen aufgewachsen. Sie ließ sich zur Mediengestalterin ausbilden, sattelte „Online Publishing“, Fachrichtung Design, drauf. Sie hat Internetseiten gestaltet, sich in Marketing und Promotion versucht, ist viel gereist und stellte dann fest, dass sie „mit den Händen erschaffen“ wollte. Ausschließlich Computerarbeit, das war nichts für sie. Als Babysitterin hatte sie für eine Modedesignerin gearbeitet, die sie bewunderte. Vor allem aber machte sich jetzt der Einfluss ihrer Großmutter bemerkbar. Die Oma hat noch von Hand genäht; die Fotos von Prachtroben, die sie als Angestellte in einem ungarndeutschen Offiziershaushalt anfertigte, versetzten ihre Enkelin in schieres Entzücken; desgleichen das Brautkleid, das sie für die Kinder zu Prinzessinnenkleider umschneiderte, oder ihre eigenen Kleider, die stets etwas Besonderes waren, mit Satinbändern oder Spitze „aufgepeppt“, bestickt, oder einfach hier ein bisschen gekürzt, dort gerafft. Vergleichbare Erfahrungen machte Aglaia Stave, die in Lorch aufgewachsen ist und Ausbildungen zur Modedesignerin und Damenschneiderin absolviert hat. Ihre Großmutter hat als Damenschneiderin vor allem Dirndl genäht — ausgerechnet in Hamburg. Als die jungen Frauen sich kennen lernten, entdeckten sie, wie fürchterlich sie beide das weltweite Einerlei fanden, in dem Bräuche, Gesänge, Heilkunde und alles, was in so vielen Generationen gewachsen ist, „mehr und mehr verloren geht“. Auf der Grundlage regionaler Trachten etwa, so beschlossen sie, lasse sich durchaus etwas machen, das zu tragen sich lohnt.

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