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Musiktheaterreihe: Volles Haus im Stadtgarten bei der Csárdásfürstin des Operettentheaters Salzburg

Das Haus war voll. Selten hat der Peter Parler-​Saal des Stadtgartens so viele Besucher bei einer Operette erlebt. Die Antwort ist einfach: Menschen suchen gute Unterhaltung und Entspannung. Von Peter Skobowsky

Freitag, 15. Januar 2010
Rems-Zeitung, Redaktion
2 Minuten 24 Sekunden Lesedauer

OPERETTE. Sie wollen nach des Tages Last nicht noch einmal mit Problemen beladen werden. Und — sie kamen bei der Aufführung des Operettentheaters Salzburg mit Emmerich Kálmáns „Die Csárdásfürstin“ voll auf ihre Kosten. Da ist zuerst die geniale Komposition, welche ungarisches Temperament mit Wiener Schmäh symbiotisch gekonnt verbindet. Wikipedia erklärt treffend: „Der Wiener Schmäh ist der den Bewohnern Wiens zugesprochene Humor oder der damit verbundene Gemütszustand: oft etwas melancholisch, sarkastisch oder morbid, humoristisch-​verharmlosend, mitunter leicht arglistig und boshaft, oft grantelnd (misanthropisch), meist freundlich. Das Wort könnte mit dem jiddischen Wort schmeicheln (lächeln) verwandt sein.“
Entstehungszeit, k. u. k. Monarchie mit entsprechendem Lebensgefühl, deren schonungslos entlarvende Spiegelung — das alles erlebt das Publikum heute vielleicht nostalgisch nach. Die Klischees werden geschickt bedient, und was dabei herauskommt, ist ein Feuerwerk nahtlos aufeinander folgender Ohrwürmer, die zum Mitsummen animieren.
Die Neugründung des Operettentheaters Salzburg nimmt die Vorgaben authentisch auf. Da wird nicht entmythologisierend verfremdet — oft Zeichen einer Selbstverwirklichung der Inszenierung auf dem Rücken des Publikums.
Lediglich die (im Übrigen hervorragende) Dialogregie hilft mittels aktueller Würze der Gegenwart dezent deutlich, geschickt nach. Das ist komische Oper im besten Sinne des Wortes, keineswegs nur billige Unterhaltung. Man spürt, dass die Inszenierenden selbst ihre helle Freude an ihrem Projekt haben. Regie, Choreografie, Ausstattung (Bühne, Kostüme, Beleuchtung) — alles vom Feinsten. An nichts wurde gespart, um dem Publikum drei Stunden unbeschwerter Freude zu bereiten. Neben den gut besetzten Rollen tanzten sechs Mitglieder des Ballettensembles Illo Tempore aus Dortmund mit gewinnender Anmut, mal als Kompanie der Bühne der als Csárdásfürstin apostrophierten Sylva Varescu, mal als vom Fürsten zur Verlobungsfeier seines Sohnes bestellten Gala-​Einlage.
Katalin Doman als elektrisierende Dirigentin des Spektakels hatte das Ganze souverän in der Hand. Das kleine Orchester begleitete sensibel. Wenige Blechkiekser konnten das Fest der Sinne nicht beeinträchtigen. Der magyarische Schmelz der Soli, rhythmisches Temperament, Scherz und Melancholie hatten Pfeffer, ob im Orchestergraben oder auf der Bühne.
Für einen Moment konnte man verwirrt sein: „Boni“ und „Stasi“? Nichts von Abzocke durch unersättliche Bänker und schon gar nichts von politischer Spionage, wenn da nicht die Fürstin lange Ohren hinter der von ihr in die richtige Position geschobenen Zypresse (auf Rädern!) inkognito verbarg. Es ging ja nur um den Grafen Boni und jene Gräfin Anastasia, um deren Hand dieser gegen Ende der Handlung anhielt, nachdem sie den ihr zugedachten Fürsten Edwin freigab, sodass der endlich seine Angebetete, die Sängerin Sylva, heiraten durfte.
Übrigens, Buffo-​Rollen sind in diesem Metier die vom Publikum am meisten geliebten. So auch hier: Andreas Sauerzapf (nomen non est omen!) stahl als Star den anderen gehörig die Schau: ungarischer Sprachfärbung, ein heller Tenor und das natürliche Spiel beherrschten die Szene. Daniel Zihlmann als Edwin stand ihm kaum nach, wenngleich die Höhe zuweilen gefährlich forciert kam. Gefährlich war nur das Trauma erzeugende Schütteln der Beiden.
Der frauliche Charme der Judith Bellai (Sylva) und der Katrin Fuchs (Stasi) fand im zauberhaften Timbre seine überzeugende Entsprechung.
Auch die Nebenrollen waren gut besetzt und zeugten von Spürsinn für Ensemblefähigkeit. Die Stimmgewalt des Chores tat ein Übriges zur Stringenz der Aufführung. Die Liste der Mitwirkenden war groß. Die personelle Authentizität konnte nicht größer sein. Der Truppe haftete nicht bloß Routiniertes an. Da war alles frisch, spritzig. Kálmán hätte seine helle Freude gehabt — wie es das begeisterte Publikum hatte.

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