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Fußball: Die beiden besten Kicker und der ehemalige Vorsitzende sprechen über schöne Fußballzeiten beim SV Rehnenhof

Rainer Potschak, Alfred Stallecker, Hans Hägele und Walter Wentenschuh verbindet eine große Sache – der Fußball beim SV Rehnenhof. 1981 ging alles zu Ende. „Es war im Nachhinein der größte Fehler meines Lebens, dass wir der Fusion zum TSB Gmünd so schnell zugestimmt haben“, sagt der ehemalige SVR-​Vorsitzende Hans Hägele heute. Hochklassiger Jugendfußball prägten den „Gladiator vom Rehnenhof“ (Stallecker) und den „Fußballer mit dem größten Spielwitz“ (Potschak) in den Jahren 1961 bis 1969 in der erfolgreichsten Gmünder Jugendfußballmannschaft. Von Jörg Hinderberger

Sonntag, 17. Oktober 2010
Rems-Zeitung, Redaktion
4 Minuten Lesedauer

In Schwäbisch Gmünd gab es keine bessere Jugendmannschaft als den SV Rehnenhof. „Es hätte jeder Gegner kommen können, wir hätten ihn geschlagen“, sagt Rainer Potschak heute. Der 60-​Jährige erzählt unter anderem über einen 9:0-Sieg bei Concordia Hamburg. „Wir haben zuhause gegen Hamburg auf dem roten Hartplatz im Rehnenhof mit 8:0 gewonnen. Die Hamburger meinten, dass der ungewohnte Platz und die vielen Spieler aus der B II Schuld an der Niederlage waren“, berichtet Rainer Potschak, der von Hans Hägele heute noch als der „Fußballer mit dem größten Spielwitz“ bezeichnet wird. Im Rückspiel in Hamburg schoss der SV Rehnenhof die Hamburger mit 9:0 ab. Auch Alfred Stallecker, der als knallharter Abwehrspieler seine Karrierre begann und später zu einem echten Abwehrstrategen heranreifte, erinnert sich noch gerne an die erfolgreiche Zeit beim SV Rehnenhof. „Wir hatten zum Beispiel die württembergische Meisterschaft im Fußballdreikampf gewonnen. Zweiter wurde der SSV Ulm und als auf der Siegerehrung der Name Rehnenhof auf Platz eins bekannt wurde, wusste kein Mensch, wo dieser Ort lag.“ Fußballdreikampf bestand aus den Disziplinen Sprint, Slalomdribbling und Einwurf.
„Ich schäme mich noch heute für diese Unsportlichkeit“
Auch an ein Spiel gegen die SG Bettringen können sich Potschak und Stallecker noch zurückerinnern. „Rainer hatte alle Spieler umkurvt, als er auch den Torwart stehen ließ und mit dem Ball nur noch ins Tor hätte laufen müssen“, verrät Stallecker. Doch Potschak lief nicht ins gegnerische Tor, sondern zur Seitenlinie ins Aus. „Ich bekam für diese Aktion die gelbe Karte vom Schiedsrichter. Ich schäme mich noch heute für diese Unsportlichkeit“, meint Potschak.
Völlig überraschend stieg der SV Rehnenhof im Jahr 1968 dann in die 2. Amateurliga auf, obwohl die Mannschaft zeitweise mit zehn Punkten Rückstand auf den Tabellenführer zurücklag. Bereits in der ersten Saison der 2. Amateurliga konnte ein beachtlicher vierter Platz erreicht werden, und 1969/​70 kam es zum ersten Ligaspiel gegen den Lokalrivalen und späteren Ligameister FC Normannia Gmünd. Mit Spielertrainer Günter Seibold folgte der SV Rehnenhof 1971 den Normannen in die 1. Amateurliga nach, nachdem aufgrund der besseren Tordifferenz der Aufstieg gesichert wurde. Ein Freundschaftsspiel vor 6 000 Zuschauer gegen den FC Bayern München bildete den sportlichen Höhepunkt des Jahres. Gegen Beckenbauer, Müller und Co. ging der SV Rehnenhof durch einen Treffer von Arthur Kwatsch sogar mit 1:0 in Führung. „Der FC Bayern München kam zum Freundschaftsspiel auf den Rehnenhof für 12 000 Deutsche Mark“, verrät Hans Hägele.
Der Aufstieg in die dritthöchste Spielklasse brachte so namhafte und attraktive Gegner wie die Traditionsvereine Union Böckingen, SV Göppingen, den SSV Ulm 1846 sowie die Amateure des VfB Stuttgart ins Laichle. Höhepunkte waren natürlich die Derbys gegen den FC Normannia Gmünd. Mit 0:5 im Laichle und 0:6 im Schwerzer zeigte die Normannia dem Aufsteiger nicht nur seine Grenzen auf, diese Spiele waren auch ein Spiegelbild für den Saisonverlauf, in dem der SV Rehnenhof nur zweimal seinen eigenen Platz als Sieger verlassen konnte. Mit dem Schluss der Saison 1971/​72 endete das Abenteuer 1. Amateurliga nach nur einem Jahr. Tragischerweise stieg der SVR aufgrund der um acht Tore schlechteren Tordifferenz gegenüber Schwäbisch Hall ab. Nach dem Abstieg in die 2. Amateurliga, in die der FC Normannia kurze Zeit später nachfolgte, wurde es ruhiger um den SV Rehnenhof. 1977/​78, dem letzten Spieljahr der Amateurliga, konnten zwar mit Normannia Gmünd und dem Nachbar TSV Großdeinbach gleich zwei Derbys im Laichle verfolgt werden, jedoch konnte sich der Verein nicht für die neue Landesliga qualifizieren. Durch den 13. Platz in der Abschlusstabelle stürzte die Mannschaft von der vierten in die sechste Liga ab. Der SV Rehnenhof musste in der Bezirksliga Kocher-​Rems einen Neubeginn starten. Im Fußball spielte der Verein zwar keine große Rolle mehr, seine soziale Bedeutung für den Stadtteil blieb aber erhalten. 1980, beim 25-​jährigen Gründungsjubiläum, zählte der Verein 700 Mitglieder.
„Wir haben keine Hausaufgaben gemacht, sondern nur gekickt“
Der SVR-​Vorsitzende Hans Hägele war ein Befürworter der Fusion, während Vereinsgründer und Ehrenvorsitzender Gotthilf Siegel vehement für die Existenz „seines“ SV Rehnenhof eintrat. Bei der Mitgliederversammlung am 7. Mai 1981 stimmten am Ende 63 Mitglieder für die Fusion, 18 dagegen und 19 enthielten sich. „Es war im Nachhinein der größte Fehler meines Lebens, dass wir der Fusion zum TSB Gmünd so schnell zugestimmt haben“, gibt Habs Hägele heute zu. Doch Hägele weiß auch, dass das Ende des SV Rehnenhof dann eben Jahre später gekommen wäre. „Wenn ich heute sehe, wer auf dem Rehnenhof lebt und beim TSB Gmünd Fußball spielt, dann ist mir klar, dass es den SV Rehnenhof mit dieser einmaligen Jugendarbeit nie mehr gibt.“ Es war eine andere Zeit, die aber noch gar nicht so lange her ist. „Der Fußball war das Höchste. Wir haben keine Hausaufgaben gemacht, sondern sind nach der Schule direkt zum Kicken gegangen und abends ins Training“, erzählt Rainer Potschak.
Nachdem der SV Rehnenhof gegenüber der TSG Gmünd seine Bücher offenlegte, stimmten auch deren Mitglieder am 15. Mai für eine Fusion. Hans Hägele und Heinz Maschke unterzeichneten im Prediger im Beisein von Oberbürgermeister Norbert Schoch den Fusionsvertrag. Am 7. Juni 1981 hörte der SV Rehnenhof auf zu bestehen. Rechtsnachfolger wurde der TSB Gmünd, bei dem bis heute noch Jugend– und Herrenfußball angeboten wird. Lange Zeit konnte mit dem Aufstieg in die Verbandsliga Württemberg und dem Erreichen des Halbfinales im WFV-​Pokal 1985 an die Erfolge der Vergangenheit angeknüpft werden. Zeitweise wurde der FC Normannia Gmünd auf die Rolle der Nummer zwei zurückgedrängt. „Wenn ich aber heute sehe, wie in den unteren Klassen Fußball gespielt wird, dann muss ich sagen, dass das Niveau schlechter wurde“, meint Hägele. Ein Grund: „Es war eben eine andere Zeit.“

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