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Nachrichten Schwäbisch Gmünd

Kinderbetreuung, Musikschulbeiträge sowie Grund– und Gewerbesteuer wichtige Themen bei Stellungnahmen zum Haushalt

Es fehlt Schwäbisch Gmünd zur Zeit an vielem, nicht aber an Worten. Über dreieinhalb Stunden lang gaben die Fraktionen des Gemeinderates gestern ihre Stellungnahmen zum städtischen Haushalt 2010 ab. Von Manfred Laduch

Donnerstag, 11. März 2010
Rems-Zeitung, Redaktion
7 Minuten Lesedauer

SCHWÄBISCH GMÜND. Als Erster ergriff der Fraktionsvorsitzende der CDU, Alfred Baumhauer das Wort. Er beklagte die von der Finanzkrise so heftig gebeutelten Voraussetzungen, unter denen der städtische Haushalt zustandekomme. Eigentlich müsse man dem Bund, der per Gesetz den Kommunen immer mehr Aufgaben übertrage deutlich sagen: „Wer die Musik bestellt, muss sie auch bezahlen.“
Dem Haushalt, so schlimm er auch aussehe, werde die CDU dennoch zustimmen. Denn man sehe, dass die neuen Maßnahmen in Gmünd schon Wirkung zeigten und dadurch Verbesserungen in Sicht seien. Die Einkaufsinitiative greife ebenso, wie die Lockerung der Bauzwänge, Bürgersinn werde verstärkt geweckt und Landesgartenschau sowie Tunnel würden eine substanzielle Erneuerung und Verbesserung der Innenstadt mit sich bringen.
„Ich bin überzeugt, dass Gmünd die Krise meistert“, erklärte Baumhauer. Die vorherige Abstimmung eines Haushalts mit dem Regierungspräsidiums müsse allerdings die Ausnahme sein. Für die Zukunft benötige man Einnahmensteigerungen und Ausgabendisziplin. Ausführlich beschäftigte sich Baumhauer mit den übergeordneten Zielen der Stadtentwicklung. Ein Blick ins Adressbuch gebe Aufschluss über bewohnte Quartiere und Leerstände. In innerstädtischen Wahllokalen habe man bei wichtigen Wahlen miserable Beteiligung verzeichnet. Eine Renaissance der Innenstadt sei dringend erforderlich. Neues Wohnen erreiche man dort aber nur, wenn auch das Auto genutzt werden könne. Noch wichtiger freilich sei die Kultur des Zusammenlebens. Die CDU trete für weitere Stadtteilzentren, Treffpunkte und Anlaufstellen ein. Die Begegnungsstätte Riedäcker nannte er als Vorzeigeprojekt.
Baumhauer regte an, für die Zeit nach Inbetriebnahme des Tunnels über Kreisverkehre an den Einmündungen von Pfitzerstraße und Fischergasse in die Remsstraße sowie an Stelle der Baldungkreuzung nachzudenken. Die Remsstraße könne beim Rückbau als weiteres „grünes Band“ gestaltet werden.
Achten müsse Gmünd auf den Erhalt der kulturellen Vielfalt. Andere Städte strengten sich hier sehr an. Die Notwendigkeit einer weiteren Ballspielhalle sei zwar nicht zu bestreiten. Angesichts der Finanzlage gebe es aber keine kurzfristige Abhilfe.
Insgesamt gelte, dass große Chancen für große Entwicklungen von allen größte Anstrengungen bei Ideen, Einsatz und Einigungswillen verlangten.
„Es ist sicher der schlechteste Haushalt der Nachkriegszeit“, erklärte der SPD-​Fraktionsvorsitzende Max Fuchs. Die Verschuldung der Stadt, Ende 2009 noch bei 81,2 Millionen Euro, werde Ende 2010 schon 103,8 Millionen Euro betragen und bei Eintreffen der schlechtesten Prognosen bis Ende 2013 auf 160 Millionen Euro steigen. Und es seien die denkbar schlechtesten Schulden, weil mit diesem Geld der laufende Betrieb finanziert werde. OB Arnold habe die unter seinem Vorgänger gemachten Schulden beklagt und werde jetzt selbst zum „Meister im Schuldenmachen“.
Natürlich wisse die SPD, dass weder der OB noch der Gemeinderat aus Lust und Tollerei in die Verschuldung gingen. Andere hätten gleiche Probleme, in Gmünd komme das Stemmen der Landesgartenschau noch hinzu. Deshalb werde die SPD auch dem Haushalt und mithin der „grandiosen Neuverschuldung“ zustimmen. Dabei müsse man allerdings kritisieren, dass einschneidende Ausgabenkürzungen im Vergleich zum Vorjahr nicht zu erkennen seien.
Und dies sei notwendig, weil die höheren Politikebenen die Stadt nicht retten würden. „Unsere Hausaufgaben müssen wir selbst machen, und zwar mutig“, forderte Fuchs. Kürzungen müssten aber gerecht, vor allem sozial gerecht sein.
Das Erzielen höherer Einnahmen sei zwar richtig. Im Interesse einer gerechten Lastenverteilung könne es aber nicht sein, dass die Grundsteuer, die erst 2006 erhöht worden sei, erneut um zehn Prozent angehoben werde, die seit 2002 unverändert bestehende Gewerbesteuer aber nicht. Hier fordere die SPD eine Steigerung von 360 auf 380 Punkte. Auch die Betriebe sollten die Lasten der Stadt mit tragen.
Fuchs kritisierte, dass die Ortschaftsräte in diesem Jahr nicht in die Haushaltsplanberatungen eingebunden worden seien. In Sachen Landesgartenschau müssten alle nun dringend auf weitere Sonderwege verzichten. Etwas zu still ist es der SPD um die Nachnutzung des Erhard-​Areals geworden. Wenn die Verwaltung hier das Wohnkonzept aufgeben und ganz neue Weichen stellen wolle, müsse der Gemeinderat von Anfang an einbezogen werden. Eine interessante Frage sei auch, was eigentlich mit dem Schlachthausareal passiere.
Man müsse sich klar machen, dass Bund und Land den Tunnelfilter nicht zahlen würden, sagte Fuchs. Die Stadt habe dafür erst recht kein Geld. Als Hoffnung bleibe nur noch ein Forschungsprojekt oder Spenden interessierter Betriebe. In Sachen Umweltbewusstsein legte Fuchs dem Oberbürgermeister ein Dienstfahrrad nahe.
Die vom OB in dessen Haushaltsrede erwähnten möglichen künftigen Baugebiete kritisierte Fuchs, lobte dagegen, dass die Verwaltung es abgelehnt habe, auch nur einen Hauptschulstandort in der Stadt preiszugeben. Dass bei der letzten Platzzuteilung für die Ganztagsbetreuung 32 Anmeldungen nur fünf Plätze gegenüberstanden, sei schlimm. Hier wolle die SPD eine Initiative ins Leben rufen.
In Sachen Hallenbad warte man auf Vorschläge, für das Bettringer Bad gelte: „Rühret nicht daran“. Damit Integration keine Einbahnstraße bleibe, schlug Fuchs vor, eine Partnerschaft mit einer Stadt in der Türkei anzustreben. Eine Erhöhung der Musikschulbeiträge lehne die SPD ab.
„Die geplante Beschneidung der Landesgartenschau im Süden kommt für uns nicht in Frage, da der Zeiselberg ein wichtiger Bestandteil der Planung ist“, lautete eine der Aussagen von Brigitte Abele, Fraktionsvorsitzende der Grünen. Die Erstellung des Haushalts mit dem Regierungspräsidium komme einer Entmündigung des Gemeinderats schon sehr nahe, kritisierte sie. Die Erhöhung der Grundsteuer wollen die Grünen auf 20 Punkte, also die Hälfte des Vorgeschlagenen beschränkt sehen. Auch komme für die Fraktion die Steigerung bei den Musikschulbeiträgen nicht in Frage.
Gegen den Willen der Grünen setze die Stadt beim Thema Mobilität verstärkt auf mehr Pkw-​Verkehr. Die Menschen müssten sich den öffentlichen Raum mit öffentlichen Verkehrsmitteln, zu Fuß und mit dem Fahrrad zurückerobern. Allenfalls komme ein CarSharing-​System in Frage. Gmünd solle sich am Aktionsprogramm für Mobilitäts-​Management „effizient mobil“ beteiligen. Die Fraktion werde außerdem weiter für den Einbau des Tunnelfilters kämpfen. Die Verkehrsbelastung auf der Nordschiene sei für die Anwohner inzwischen unerträglich. Man fordere Tempo 40 in den Ortsdurchfahrten und das Ersetzen der Fußgängerampeln in Wetzgau, Großdeinbach und Lindach durch Zebrastreifen.
Wenn sich die Stadt weiter zwei Freibäder leisten wolle, sei bürgerschaftliches Engagement gefordert, erklärte Abele. Beim Prediger setze die Stadt auf die Renovierung des Saales, statt das Kulturzentrum zunächst mit einem auch für auswärtige Besucher attraktiven Eingangsbereich zu versehen. Die gemeinsame Nutzung durch Gruppen aus der Bürgerschaft und das Museum führe zunehmend zu Irritationen.
In Zeiten sehr knapper Kassen müssten Prioritäten gesetzt werden, forderten die Grünen. Zum Beispiel für die Kleinkindbetreuung statt für freies Parken. Ihre Fraktion sei außerdem dafür, eine Kulturförderabgabe auf Hotelübernachtungen in Gmünd zu erheben, um die dortige Mehrwertsteuerreduzierung wenigstens teilweise wieder für Bildung und Kultur einsetzen zu können. Mit einer Zweitwohnungssteuer könnten Studenten dazu bewegt werden, ihren Erstwohnsitz nach Schwäbisch Gmünd zu verlegen, was mehr Finanzzuweisungen brächte. Außerdem solle die Vergnügungssteuer angehoben werden.
Auf die Forderungen des Regierungspräsidiums, die Stadt müsse alle Neuinvestitionen auf den Prüfstand stellen, Leistungsstandards überprüfen, Einnahmen konsequent ausschöpfen und Ausgabendisziplin halten, ging der Fraktionsvorsitzende der FW/​FDP, Ullrich Dombrowski, zu Beginn seiner Rede ein. Die Konsequenz der hohen Verschuldung sei Bürgern und sogar manchem Entscheidungsträger nicht ausreichend bewusst. Das aktuelle Szenario würde Gmünd bis 2013 zur höchst verschuldeten Kommune ihrer Größenordnung machen.
Ein weiterer Rückgang der Einwohnerzahlen müsse deshalb mit allen Kräften verhindert werden. Dies sei vor allem durch den Stadtumbau in Verbindung mit der Landesgartenschau 2014 möglich. Dieser werde die Attraktivität und Ausstrahlung der Stadt in hohem Maße steigern. Und die Besucher müssten dann die Botschaft hinaustragen, dass Gmünd eine interessante, lebens– und liebenswerte sowie anziehende Stadt sei.
So könne man sich etwa auch den Trend zum Urlaub im eigenen Land zunutze machen. Dafür müssten Wohnmobilisten bessere Bedingungen vorfinden – zum Beispiel auf dem Areal am Güterbahnhof. Nicht vergessen dürfe man den Ausbau des Radwegenetzes. Dieses werde in Zukunft von immer größerer Bedeutung werden. Die derzeitige Stadtplanung lasse auch Antworten auf den sich abzeichnenden Technologiewandel zur Elektromobilität vermissen – was gerade angesichts der starken Branchenausprägung auf den Automobilbau von Übel sei. Man solle versuchen, in entsprechende Pilotprojekte eingebunden zu werden.
Für den Zuzug von Neubürgern, so Dombrowski weiter, sei ausreichende Betreuungsmöglichkeit für Kleinkinder von großer Bedeutung. Deshalb beantrage die FW/​FDP zu deren nachhaltigem Ausbau 20 weitere Plätze im Kindergarten „Regenbogenland“ zu schaffen. Gebührenfreien Kindergartenbesuch könne man sich beim besten Willen nicht leisten. Man sehe aber der geplanten einkommensabhängigen Gebührengestaltung mit Interesse entgegen.
Dombrowski erneuerte den bekannten Vorschlag der Liberalen, die Stadt möge einen Teil der VGW privatisieren, um gebundenes Kapital freizusetzen.
„Ausgerechnet unser Jahrhundertprojekt Landesgartenschau eingebettet in die Finanzkrise“, klagte Karin Rauscher, Vorsitzende der FWF-​Fraktion. Kein Wunder, dass man bei der Haushaltsaufstellung vom Regierungspräsidium „mehr oder weniger sanft bei der Hand genommen“ worden sei. Kritisch sah Rauscher die hohe Steigerung bei der Grundsteuer, wo man doch schon seither zu den Spitzenreitern gehört habe. Sie sei nur zu rechtfertigen, wenn man sich auch ernsthaft um das Kürzen von Ausgaben bemühe. Deshalb müsse die geplante Stabsstelle für das Ehrenamt stellenneutral durch interne Umbesetzung eingerichtet werden.
„Unterschiedliche Meinungen über den Stellenwert der einzelnen Handlungsräume“ stellte Rauscher in Sachen Landesgartenschau fest. Eine gemeinsame Begehung mit dem Gemeinderat wäre hier wohl aufschlussreich. Außerdem müsse die Verwaltung das Gremium alle zwei Monate über den Stand der Maßnahmen, Bauzeitenplan und Kostenentwicklung unterrichten. Eine Weiterentwicklung sähe sie auch gern in den Bereichen Marktplatz 27, City-​Center, Woha-​Gelände und Erhard Areal.
Auch die FWF-​Fraktion betonte Handlungsbedarf bei der Betreuung von unter Dreijährigen. Gut heiße man auch die geplante einkommensabhängige Gestaltung der Kindergartenbeiträge. Und angesichts der Verschuldung sei jetzt nicht der richtige Zeitpunkt, um über ein neues Hallenbad oder dessen Sanierung nachzudenken.
Abschließend trat Peter Müller für die „im Aufbau befindliche Fraktion der Linken“ ans Mikrophon. Da die Kommunalfinanzen das schwächste Glied der öffentlichen Daseinsfürsorge seien, werde das Fundament der Gesellschaft nun gerade dort porös, wo es von den Menschen am dringlichsten gebraucht werde, beklagte er. So erhöhten sich die Aufwendungen in der Daseinsfürsorge in Schwäbisch Gmünd ständig. Dabei brauche man mehr Lebensqualität in den Städten und Gemeinden und mehr Geld für Soziales, Bildung und Ökologie gerade in den Kommunen.
Investitionen der Stadt seien zur Sicherung der Arbeitsplätze vor Ort dringend geboten. Auch brauche man die stärkere Beteiligung ertragsstärkerer Betriebe zur Realisierung der Aufgaben des Gemeinwohls, forderte Müller eine Anhebung der Gewerbesteuer und sprach sich gleich auch für eine Kulturförderabgabe im Beherbergungsgewerbe aus. Dafür lieferte er der Verwaltung gleich entsprechende Unterlagen, die er bei der Stadt Köln besorgt habe, wo es diese Abgabe ebenfalls gibt. Er rechne mit Einnahmen bis zu 360 000 Euro pro Jahr.
Verzicht auf die Erhöhung der Musikschulgebühren, die sofortige Aussetzung der Kindergarten-​Beitragssteigerung und ein Schulversuch „zehn Jahre gemeinsames Lernen“ waren weitere Forderungen.

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