Direkt zum Inhalt springen

Nachrichten Schwäbisch Gmünd

Ein Gmünder Verein hat sich der Folkmusik verschrieben /​Bretonischer Tanznachmittag am 28. März

Sie alle sind höchst unterschiedliche Wege gegangen. Dass sie einander getroffen und als Gleichgesinnte und Gleichgestimmte erkannt haben, liegt an ihrer Liebe zu richtig guter Folkmusik. Daraus wurde ein Verein, der sich einiges vorgenommen hat: Gmünd Folk

Samstag, 20. März 2010
Rems-Zeitung, Redaktion
3 Minuten Lesedauer

SCHWÄBISCH GMÜND (bt). Klaus Bronder spielt für sein Leben gern. Diatonisches und chromatisches Akkordeon, Trommeln, Steeldrum und anderes mehr. Und weil’s viele gibt, die ihm für ihr Leben gern zuhören, setzt er sich manchmal ins Atelier des Gmünder Bildhauers Franz Huber und macht Musik. Eines Tages geschah es nun, dass sich die Tür auftat und Bernard Loffet eintrat. Wahnsinn. Wer Akkordeon spielt, kennt den Mann aus der Bretagne, der nicht nur als Akkordeonbauer eine Legende ist, sondern als virtuoser Spieler und mitreißender Sänger selbst der denkbar beste Botschafter seines Instrumentes. Mehr oder weniger wortlos reichte Bronder dem so unerwarteten Gast sein Akkordeon. Vermutlich war das der Beginn von Gmünd Folk.
Oder doch eher Buchhändlerin Ulrike Schmidt Moment der Erkenntnis? Als ausgewiesene Freundin des Jazz erlebte sie bei einem Konzert von Sonny Rollins – einer der einflussreichsten Jazz-​Saxophonisten überhaupt – wie dieser auf der Bühne Dudelsack und Akkordeon integrierte. Sie war fasziniert, und von diesem Tag an fühlte sie sich immer mehr hingezogen zu diesen Instrumenten. Übers Akkordeon im Jazz und arabische Dudelsackspieler kam sie schließlich auf Melodien, die den Traditionen der Völker entwachsen sind: „Diese Musik ist lebendiger und spannender als alles andere“. Gar nicht genug kriegen konnte sie und liebte alles – französische, irische, rumänische, polnische, russische Folkmusik, so unterschiedlich und so einzigartig und einander doch so ähnlich in der Faszination, die sie ausüben.
Sie begann, selbst Akkordeon zu spielen und gewann schließlich auch ihren Mann Franz Huber und mit ihm Freunde und Bekannte für diese Musik und die dazugehörigen Tänze – Walzer, Polka, Mazurka, der „Schottisch“ und wie sie alle heißen, von den Reihen– und Kettentänzen gar nicht zu reden. Mittlerweile gibt es einige Dutzend Musik– und Tanzbegeisterte, die einander bei Livemusik und guter Stimmung schöne Stunden schenken. Willkommen sind übrigens alle, die erfahrenen Folk-​Freunde ebenso wie blutige Anfänger, die dann eben von sehr geduldigen Tanzmeistern lernen, sich zu bewegen.
Bleibt die Frage, wie die große Folkmusik nach Gmünd kam. Wie es gelingt, Folkmusiker von Weltruf wie etwa Anne Niepold hierher zu holen, die traditionelle, volkstümliche Musik immer wieder neu arrangieren und mit Jazz kombinieren. Hier kommt Richard Buchner ins Spiel, und eigentlich ist er es, mit dem alles begonnen hat. Buchner hat irische Folkmusik im Hofcafé in Herdtlinsweiler gespielt, im Mostbesen in Obergröningen, im Haldenhof in Wißgoldingen, im Kloster Lorch, nur eben nie in Gmünd. „Da gab’s keine richtige Gelegenheit“. Nun ist Buchner ausgewiesener Experte in Sachen westeuropäische traditionelle Tanzmusik, zudem Vorsitzender des Stuttgarter Vereins „Balhaus“, der sich längst einen Namen gemacht hat in der Szene. Immer mal wieder beherbergte der Wahl-​Gmünder Musiker, die in Stuttgart auftraten, und so wurde eines Tages eben auch Bernard Loffet – anlässlich des 30-​jährigen Bestehens der Stuttgarter Folkgruppe „Die Hayner“ engagiert – über ein langes Wochenende nach Gmünd eingeladen. Am Freitag Abend spielte er im Eschacher Hofladen der Kopps, einfach weil Richard Buchner auch den Fans aus Ostwürttemberg die Gelegenheit geben wollte, den Meister zu erleben. Am Samstag dann stand ein Marktbummel auf dem Programm, und in diesem Rahmen auch jener Besuch bei Franz Huber. All diese so unterschiedlichen Menschen, ganz gleich, ob sie aus der Musik– oder aus der Tanzszene kamen, fanden schnell heraus, dass sie von den selben Veranstaltungen träumten.
Als sich mit der Theaterwerkstatt, später auch noch mit der Kulturtankstelle die perfekten Bühnen fanden, war „Gmünd Folk“ nicht mehr aufzuhalten. Es gab und gibt reine Konzerte, aber auch Tanztreffen. Buchner: „Wir tanzen Traditionelles aus ganz Westeuropa. Manche der Tänze und der dazu gespielten Musik sind keltischen Ursprungs, andere sind jüngeren Datums. Sie sind überliefert aus der Bretagne, Süd– und Zentralfrankreich, Schwaben, Franken und der Oberpfalz, aus dem Baskenland, England, Schweden, und so weiter. Es gibt Tänze, die jeder sofort mittanzen kann, auch wenn er vorher nie getanzt hat. Aber auch für Fortgeschrittene gibt es noch Neues zu lernen und an schwierigeren Tänzen einiges zu üben.“
Anfänge und weitere Pläne
von „Gmünd Folk“
Das Logo – natürlich mit dem Gmünder Einhorn – hat Franz Huber entworfen, Hubert Minsch die Flyer. Und dann ging’s auch schon los. Nach den ersten Treffen wurde die Gmünder Folkszene ein kleiner Selbstläufer. Beim ersten „BalFolk“ in der Kulturtankstelle tanzten Dutzende; die zweite Gmünder Folk&Weltmusiknacht mit dem Percussiontrio „Gwo-​Ka“, Erich Schmeckenbecher, Sabrina Palm & Andreas Kümmerle und der Gruppe „Caminomundo“ war restlos ausverkauft.

Die nächste große Veranstaltung ist am Sonntag, 28. März, von 16 Uhr bis 19.30 Uhr ein bretonischer Tanznachmittag „FestDeiz“ in der Kulturtankstelle. Vorkenntnisse nicht erforderlich, nur Freude an der Musik. Erwartet werden zwei der profiliertesten Musiker der bretonischen Folkszene, die zum ersten Mal gemeinsam auf Deutschland-​Tournee sind – der bereits erwähnte Meister Bernard Loffet sowie Yves Leblanc, ein brillanter Klarinettist, unter anderem.

14 Tage kostenlos und unverbindlich testen?
Das RZ-Probeabo - digital oder klassisch mit Trägerzustellung

5428 Aufrufe
817 Wörter
5122 Tage 20 Stunden Online

Beitrag teilen

Hinweis: Dieser Artikel wurde vor 5122 Tagen veröffentlicht.


QR-Code
remszeitung.de/2010/3/20/Ein-Gmunder-Verein-hat-sich-der-Folkmusik-verschrieben--Bretonischer-Tanznachmittag-am-28-Marz/