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Nachrichten Schwäbisch Gmünd

Reckweltmeister Eberhard Gienger in seiner Festrede über die Zukunft der Sportvereine

Dass wir von unseren Vorfahren aus der Steinzeit durchaus etwas lernen können, war vor der Festrede Eberhard Giengers anlässlich des 125-​jährigen Bestehens der SG Bettringen wahrscheinlich nur wenigen klar. Überhaupt spannte der ehemalige Kunstturner und jetzige Politiker einen großen Bogen. Von Matthias Bolsinger

Montag, 08. März 2010
Rems-Zeitung, Redaktion
2 Minuten 9 Sekunden Lesedauer

GMÜND-​BETTRINGEN. Die Sportvereine sind in der Gegenwart nicht zu beneiden, so viel ist klar. Die Gesellschaft wird immer älter, die Konkurrenz der kommerziellen Sportdienstleister immer größer und mächtiger. Kommende Generationen sind immer weniger von ehrenamtlichem Engagement zu überzeugen. Die Sportvereine sind trotz alledem kein Auslaufmodell, müssen sich aber in Zukunft einigen großen Herausforderungen stellen, um zu bestehen.
„In Zeiten von Globalisierung und ständiger Modernisierung sind die Sportvereine der Kitt der Gesellschaft“, unterstrich Gienger die Rolle der Vereine. Aber diese Gesellschaft wird immer dicker. 20 Prozent der Kinder sind übergewichtig, immer mehr sogar adipös — „während die Menschen in der Steinzeit täglich zwischen 30 und 50 Kilometer am Tag zurücklegten, sind es bei manchem heute gerade noch 1000 Meter“, erläuterte der 58-​Jährige. Erst in der Grundschule mit sportlicher Förderung des Nachwuchses zu beginnen, hält Gienger für zu spät. „Man muss diesem Trend entgegenwirken. Kinder sollten schon im Kindergarten zur Bewegung angeregt werden“, fordert er. Aus Gienger spricht dabei nicht nur der passionierte Sportler, sondern mindestens ebenso der Bundespolitiker — seit 2002 sitzt der Reckweltmeister von 1974 für die Christdemokraten im Bundestag. Mit sportlichen Kindern können die Gesundheitskosten im Rahmen gehalten werden. Dabei kommt den Sportvereinen eine immer wichtigere Rolle zu. Und ganz nebenbei fördert der Sport neben den sozialen Kompetenzen auch die schulischen Leistungen des Nachwuchses. Kinder werden dicker, die Gesellschaft älter. Frauen können heutzutage an die 100 Jahre alt werden. „Das Problem ist: Sie wollen fit altern.“ Die Angebotsstruktur der Vereine muss sich dem Wandel anpassen, andernfalls bleiben sie auf der Strecke.
50 Milliarden Euro, so schätzt man, erspart das Ehrenamt dem Staat. 36 Prozent der über 14-​Jährigen in Deutschland sind ehrenamtlich tätig. „Im Ausland beneidet man uns um diese Einrichtung“, weiß Gienger. „Ehrenamt macht Spaß“, äußerte Manfred Pawlita, Vorsitzender des Sportkreises Ostalb, in der darauf folgenden Talkrunde. Doch das Ehrenamt hat ein Imageproblem, die jungen Menschen lassen sich immer seltener für das wichtige unentgeltliche Engagement begeistern. Auch hier sehen sich die Sportvereine, die ohne Ehrenamt wohl schwerlich bestehen könnte. Ansätze für eine Besserung sieht Eberhard Gienger vorhanden. So etwa das Sportmentorenprogramm, in dem Jugendliche für andere zum Beispiel Wettkämpfe organisieren.
Zu guter Letzt kann aber auch jeder ganz einfach die Vereine unterstützen. Für eine Entscheidung für diesen oder jenen Sportwettenanbieter legte Eberhard Gienger den Zuhörern ein gewichtiges Argument dar: Geld in einem Umfang von bis zu 500 Millionen Euro für die Vereine kommt aus der staatlichen Lotterie. Die privaten Wettanbieter schmücken sich zwar mit ihrem Sponsoring, „doch das sieht man meist nur auf den Trikots von Profivereinen“.
„Sie sagen, sie hätten keine Zeit für Sport? Nehmen Sie sich Zeit für Sport“, appellierte Gienger an die Zuhörerschaft. Er selbst präsentierte bei seiner Reckshow am Ende der Matinee Spektakuläres, gestand aber, dass es eben doch eine Übung gebe, die noch schwieriger als alles andere sei: „Das Umziehen von Zivil– in Sportkleidung.“

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