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Franz Mohr erzählte von seinem bewegten Leben als Cheftechniker von Steinway in New York

Von einem bewegten und erlebnisreichen Leben erzählte Franz Mohr einem faszinierten Publikum bei seinem Vortrag bei Klavier Wagner in Eschach. 30 Jahre lang betreute er als Cheftechniker von Steinway & Sons in New York Spitzenpianisten wie Glenn Gould und Artur Rubinstein.

Sonntag, 09. Mai 2010
Rems-Zeitung, Redaktion
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ESCHACH (ner). Wladimir Horowitz und dessen Konzertflügel betreute er von 1962 bis zu dessen Tod im Jahre 1989. „Ich gehe nirgendwo hin, wenn Franz Mohr nicht mitkommt, um auch dort den Flügel für mich vorzubereiten“ äußerte dieser, woraus deutlich wird wie sehr die Arbeit des Technikers von Horowitz geschätzt wurde.
Sehr amüsiert war das Publikum als Franz Mohr erzählte, wie er als junger Klavierstimmer bei seiner ersten Konzertstimmung für Artur Rubinstein die Tasten reinigte und Rubinstein daraufhin das Konzert absagen wollte, weil die Tasten nun nicht mehr „griffig“ genug seien. Ein Bühnenmitarbeiter versuchte ihn zu beruhigen: „Ich habe ein Rezept“ und schickte Franz Mohr mit einer Dose Haarspray auf die Bühne. Dieser besprühte die Tasten mit Haarspray, das wartende Publikum applaudierte und Rubinstein war mit der „Griffigkeit“ der Tasten zufrieden.
Der nunmehr 82 jährige Franz Mohr erzählte auch von schweren Zeiten: Wie er Geige studierte und eines Tages die Hochschule in den letzten Kriegsjahren in Brand gebombt wurde und die Studenten versuchten zu retten was zu retten war. Oder wie er als 24-​Jähriger aufgrund von immer wiederkehrenden Problemen im linken Handgelenk vor der schweren Entscheidung stand, seine Laufbahn aufzugeben und nochmals eine Berufsausbildung zu beginnen. Aber, wie er sagte: „In allen schwierigen Situationen ist Gott hinter der Szene, wenn du ihm vertraust.“ Die Lehre als Klavierbauer öffnete ihm Türen zum Konzertbetrieb, und als er nach New York auswanderte fand er eine Anstellung bei Steinway & Sons und einen für ihn sehr erfüllenden Beruf.
Von seinen technischen Erfahrungen gab er am Nachmittag im Rahmen eines Technikerseminars für die Mitarbeiter von Klavier Wagner Tipps weiter, „aber mit Menschen umgehen zu können ist noch viel wichtiger“ meinte Mohr. Die Jähzornattacken von Wladimir Horowitz zu ertragen und ihnen die Luft zu nehmen, immer wieder auf Sonderwünsche einzugehen und im Zweifelsfalle trotzdem für das Misslingen eines Auftritts schuldig gemacht zu werden, das dürfte auch einem Franz Mohr nicht immer leicht gefallen sein. „Widersprich nie einem Künstler in seinem Gebiet“ war einer seiner Grundsätze.
Umrahmt wurde der Vortrag mit Musik am Steinway-​Flügel: Patryk Gawliczek spielte gekonnt und mit Ausdruck den Tanz in bulgarischen Rhythmen Nr. 2 von Béla Bartók und ein Präludium von J.S. Bach.
Eifrig in Anspruch genommen wurde die anschließende Gelegenheit zu Fragen. Hier wurde noch das Verhältnis der Spitzenpianisten untereinander erörtert und die Frage, ob er mit nunmehr 82 Jahren noch im Konzertbetrieb tätig sei, konnte er klar bejahen: „Ich bin mehr beschäftigt als je“. Mit seinen Vortragsreisen ist Mohr weltweit unterwegs, auf dieser Deutschlandtournee wurde er von seiner Frau Elisabeth begleitet. Rückblickend fasste Franz Mohr zusammen „Wir hatten ein reiches Leben“.

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