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EKM: Unter dem Motto „Jung und Alt“ fand im Kloster der Franziskanerinnen die Veranstaltung „Das Kloster klingt“ statt

Schon immer hatten die Konzerte im Kloster der Franziskanerinnen der ewigen Anbetung einen besonderen Reiz: Kleinodien in kleiner Besetzung, aus alter und neuer Zeit. Unter dem Motto „Jung und Alt“ gab es – auch anlässlich des zehnjährigen Weihetages am 30. Mai dieses Jahres – ein überaus buntes Kaleidoskop zu erleben: „Das Kloster klingt“. Von Peter Skobowsky

Sonntag, 01. August 2010
Rems-Zeitung, Redaktion
2 Minuten 57 Sekunden Lesedauer

KONZERT. Schwester Regina, die Oberin des Klosters, war begeistert bis gerührt, dass dieser Abend zugleich die Finissage der Ausstellung „Gottes Zeit“ begleitete. Sie lud die vielen Gäste zu einem Umtrunk nach der Aufführung ein.
Bereits über eine Dreiviertelstunde vor Beginn waren so viele Gäste wie nie zuvor gekommen. Es musste nachbestuhlt werden; die Parkplätze reichten erstmals nicht. Und dann die Umsetzung einer prächtigen Idee: Die ersten 50 Minuten gehörten der Jugend: Man hatte junge Künstler(gruppen) eingeladen und bot den Gästen ein Wandelkonzert.
Der erste Blick auf das Programm ließ sofort erkennen, dass alle im Programmheft vorgesehenen Beiträge niemals in so kurzer Zeit nacheinander möglich waren. Schade nur, dass man nicht alles hören konnte: Wer die Wahl hat …
In der Kirche wartete mit dem erst 15-​jährigen Simon Jannik Holzwarth der Jüngste an der umfangreich disponierten Orgel auf: Bach, Pachelbel, Vierne, Alain und Duruflé – konzertant und in Choralbearbeitungen. Holzwarth registrierte eher zurückhaltend, spielte (fast) alles auswendig (in der Ruhe schenkenden Assistenz seiner umblätternden und registrierenden Mutter), spielte hinreißend anmutig, durchaus selbstbewusst, aber seiner Kunst dienend: Virtuosität nicht als Selbstzweck, fein strukturiert, glänzend bei Duruflé, versonnen, poetisch bei des blinden Jehan Alains „Le jardin suspendu“.
Im Kreuzgang rauschendes Harfenspiel der Juliane Horvath: Bach, Händel, Hindemith, Fauré und Watkins. Auch hier interessant, wie die Spätromantik zu Herzen geht, in der wunderbar tragenden Hall-​Akustik des Raumes. Da störte es nicht, dass Harfe und Orgel einander begegneten – eine respektable Facette des Wandelns. In der Bibliothek gab es einen Dialog Flöte/​Klavier mit Tabea Stadelmaier und ihrer ausgezeichneten Begleiterin Carolin Mattes, die „bloß“ ein Klavier zur Verfügung hatte, das angesichts der Raumqualität erstaunlich kräftig, aber immer rund zur Wirkung kam.
Der lebendig pulsierende Flötenton bei Poulenc und Widor (wiederum Franzosen) sowie die Verbeugung vor dem Großen Bach über dem fundierenden Klavier in seiner eigenständigen Melodieführung und Akkordik zeugten einen geradezu eindringlichen Dialog.
Schließlich führte der Weg über Grasmatten und Pflasterwege hinauf zum Pavillon (der Regen wartete respektvoll bis nach dem Konzert). Von dort hatte man einen überwältigend weiten und schönen Blick auf die Stadt — mit allen fünf Kirchen.
Und dann klang von oben herunter der unverwechselbare Sound eines Heubacher jungen Waldhorn-​Quartetts (Marlene Pschorr, Felix Baur, Benedikt Sachsenmaier & Julia Bihlmeier). Kein Wunder, dass neben Hans Leo Hassler (Intrade) und einem Shanty (Swing low) vor allem Romantisches auf dem Programm stand, auch Choradaptionen, die manchen (Männer-)Chor lehren konnten, wie man zu singen habe: große Bögen, fein phrasiert, bei allen Pointen homogen und – ins Tal hallend! Wem da nicht das Herz aufging, dem ist nicht zu helfen!
Das Spektrum gerann zu bestechender Einheit aus Gesang, Rezitation und Instrumenten
Die 50 Minuten waren viel zu schnell vorbei. Und dann kam das eigentliche Klosterkonzert — ganz dem Geist dieses Hauses und dem ehrfürchtigen Gebet verpflichtend zugeordnet: mit dem Stuttgarter Künstlerpaar Stephanie und Christoph Haas als Ensemble Cosmedin. Der farbige Bogen reichte von Mailand (um 550), über St. Gallen (nach 950), den hl. Hrabanus Maurus (780 – 856), die hl. Hildegard von Bingen (1098 – 1179), die Geschwister Franz und Klara von Assisi 1182 – 1226/​1193 – 1253) bis zur Neuzeit: Sofia Gubaidulina (*1931), Christoph Haas selbst (*1953) und Joanne Metcalf (*1958).
Das Spektrum gerann zu bestechender Einheit aus Gesang, (lateinischer, italienischer und deutscher) Rezitation und Instrumenten — einen gewaltigen, dennoch dezenten Horizont aufreißend, einen wahren Kosmos der Geschöpflichkeit vor Gott. Dies spürte man beiden Künstlern zutiefst ab. Von ihrer Kunst ergriffen, in deren Dienst wirkend, gab es demütige Ausstrahlung. Das Faszinosum ihres 60-​minütigen Auftritts führte zu ansteckend meditativer Stille des mitatmenden Aufnehmens (Details einer bloß additiven Beschreibung würden da nur ins Leere laufen). Wie „unendlich“ der Klang der Röhrenglocken, wie fein der zweifach gestrichene Psalter, die dezent geschlagenen Langhalslaute, Zimbel, Schellentamburin und Rahmentrommeln. Dazu das Eigene der Stimme in Rezitation und Gesang (nur der Vokal „i“ störte als zu vordergründig).
Text und Musik waren von spiritueller Tiefe, einer unerschöpflich geistlichen Kraft, die dem Festival einen markanten Glanzpunkt aufsetzten, mündend in die Zugabe: Lob der Dreieinigkeit der Hildegard von Bingen.

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