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Nachrichten Schwäbisch Gmünd

Vorbild und Forschungsprojekt: Die „Musterkonservierung“ der Felsenkapellen des Salvators

Für die Denkmalpflege in Baden-​Württemberg handelt es sich um ein „Top-​Objekt mit großer Bedeutung“, sagt Landeskonservator Prof. Dr. Michael Goer. Für die Universität Stuttgart ist es ein Forschungsprojekt. Und für die Gmünder ist es ein Kernstück des bürgerschaftlichen Engagements: die Erhaltung des Salvators.

Donnerstag, 27. Januar 2011
Rems-Zeitung, Redaktion
2 Minuten 36 Sekunden Lesedauer

SCHWÄBISCH GMÜND (rw). Die Deutsche Bundesstiftung Umwelt und die Denkmalpflege haben ein Projekt daraus gemacht mit dem Namen „Musterkonservierung der Felsenkapellen von St. Salvator“. Muster ist hier als Beispiel und Vorbild zu verstehen — was an dieser einzigartigen Wallfahrtsstätte in Schwäbisch Gmünd erprobt und ausgeführt wird, kann an anderen Orten in Deutschland ebenfalls eingesetzt werden, um von Durchfeuchtung bedrohte Denkmäler zu erhalten. Die Methoden dafür werden von Materialprüfungsanstalt (MPA) der Universität Stuttgart entwickelt.
Die Auftaktveranstaltung des Vorhabens fand gestern nachmittag im Franziskaner und in Form einer Besichtigung auf dem Salvator statt. Dr. Jürgen Frick (Universität Stuttgart) präsentierte das Vorhaben vor Vertretern des Landesamtes für Denkmalpflege, der Heiligkreuz-​Kirchengemeinde, dem Salvator-​Freundeskreis und Vertretern der Stadt. „Hier geht es um einzigartige Kunstwerke“, machte Baudezernent Julius Mihm in seinem Grußwort deutlich, in welchem er das Salvator-​Projekt in den Zusammenhang weiterer Bemühungen stellte, historische Baudenkmäler Gmünds zu erhalten. Die Kirchengemeinde unterstütze das Salvator-​Projekt nachdrücklich finanziell, versicherte Münsterpfarrer Robert Kloker. Schon in den vergangenen Jahren habe sie sich sehr um den Salvator bemüht, „sonst würde er heute noch ganz anders aussehen, auch wenn der Renovierungsbedarf groß ist.“ Er dankte den ehrenamtlichen wie den fachlichen Helfern.
Jürgen Frick und Michael Goer gingen zunächst auf Geschichtliches ein. Aus dem gegenreformatorischen Impuls sei eine einzigartige Verbindung von Naturphänomenen, sakraler Kunst und Architektur entstanden. Allerdings vergänglich: gerade in den vergangenen vier Jahrzehnten nahmen die Schäden am bearbeiteten Stubensandstein deutlich zu. Einen starken Ast des steinernen Ölbaums gibt es nicht mehr. Eine wesentliche Ursache ist die hohe Feuchtebelastung — auf Dauer durch Wasser aus dem Hang und Kondensfeuchte im Jahresverlauf. Hinzu kommen in der Folge Krustenbildung mit Gips und Salzen, der Kornbindungsverlust des Sandsteins, der die figürlichen Details als Sandgeriesel zum Verschwinden bringt, und der mikrobielle Befall.
Austrocknen zur Sanierung gefährde die Reliefs noch mehr. Zunächst sollen deshalb alle Schadenspotenziale erfasst werden, dann soll ein Feuchte tolerantes Festigungsmittel für die geschädigten Steine entwickelt werden. Grundlage sind Varianten von Silikatester, die zunächst an Bohrkern-​Stücken erprobt werden. Diese stammen aus einer Bohrung im Hang hinter der Kirche, die bis zur Unteren Felsenkapelle hinabreicht. Damit will man außerdem die wasserführenden Schichten bestimmen. Es folgt die restauratorische Konservierung. Dabei soll auch untersucht werden, ob die Ölbergszene einst farbig gefasst war — eigentlich üblich, wie Goer meint. Ein Klimakonzept und Empfehlungen für die künftige Nutzung kommen hinzu.
Laut Dr. Eberhard Wendler (Fachlabor für Konservierungsfragen in der Denkmalpflege, München) besteht die Kunst und das Besondere dieser Musterkonservierung darin, das Festigungsmittel, eine „Mikroemulsion“, gewissermaßen am Wasser vorbei zu bringen, damit es unmittelbar an den Steinkörnern Klebebrücken bildet. Gleichzeitig müssen die Reliefs vorsichtig und behutsam gereinigt werden. Sonst kann das Festigungsmittel durch die Gips– und sonstigen Schichten nicht eindringen. Die auf zwei Jahre veranschlagte Musterkonservierung der beiden Felsenkapellen beginnt im März. Die Messdaten des „Klimamonitorings“ mit Sendern wie in der Johanniskirche sollen auf der MPA-​Homepage abrufbar sein (www​.shm​.uni​-stuttgart​.de).
Die Kosten belaufen sich auf 360 000 Euro. 125 000 Euro steuert die DBU bei, 20 000 die MPA. 215 000 Euro trägt die Kirchengemeinde. Michael Goer ist optimistisch, dass die staatliche Förderung mit 130 000 Euro noch im März zugesichert wird. Die restlichen 85 000 Euro sind vom Eigentümer und durch Spenden aufzubringen. 10 000 Euro sind bislang vorhanden, sagt Werner K. Mayer vom Salvator-​Freundeskreis, der hervorhebt, dass die Bemühungen um den St. Salvator nicht nachlassen dürften.
Eine Rekonstruktion der fehlenden Teile wird es nicht geben. Die Denkmalpfleger streben nur die Konservierung und möglichst den Stillstand des Zerfalls an. Damit wäre schon sehr viel erreicht. „Und es sieht hinterher viel besser aus“, versichert Jürgen Frick.

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